Turandot, Prinzessin von China. Friedrich von Schiller

Turandot, Prinzessin von China - Friedrich von Schiller


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Keicobad, sein ganzer Stamm vertilgt;

      Adelma selbst mit sieben andern Töchtern

      Des Königs ward ertränkt in einem Strome.

      – Wir aber flohen in ein andres Land;

      So kamen wir nach langem Irren endlich

      Zu Berlas an – Was bleibt mir noch zu sagen?

      Vier Jahre lang schafft' ich den Eltern Brod,

      Daß ich um dürft'ges Taglohn Lasten trug.

      Barak. Nicht weiter, Prinz. Vergessen wir das Elend,

      Da ich Euch jetzt in kriegerischem Schmuck

      Und Heldenstaat erblicke. Sagt. wie endlich

      Das Glück Euch günstig ward?

      Kalaf. Mir günstig! Höre!

      Dem Khan von Berlas war ein edler Sperber

      Entwischt, den er in hohem Werthe hielt.

      Ich fand den Sperber, überbracht' ihn selbst

      Dem König – Dieser fragt nach meinem Namen;

      Ich gebe mich für einen Elenden,

      Der seine Eltern nährt mit Lastentragen.

      Drauf ließ der Khan den Vater und die Mutter

      Im Hospital versorgen. (Er hält inne.) Barak! Dort,

      Im Aufenthalt des allerhöchsten Elends,

      Dort ist dein König – deine Königin.

      Auch dort nicht sicher, dort noch in Gefahr,

      Erkannt zu werden und getödtet!

      Barak. Gott!

      Kalaf. Mir ließ der Kaiser diese Börse reichen,

      Ein schönes Pferd und dieses Ritterkleid.

      Den greisen Eltern sag' ich Lebewohl;

      Ich gehe, rief ich, mein Geschick zu ändern,

      Wo nicht, dies traur'ge Leben zu verlieren!

      Was thaten sie nicht, mich zurückzuhalten

      Und, da ich standhaft blieb, mich zu begleiten!

      Verhüt' es Gott, daß sie, von Angst gequält,

      Nicht wirklich meinen Spuren nachgefolgt!

      Hier bin ich nun, zu Peckin, unerkannt,

      Viel hundert Meilen weit von meiner Heimath.

      Entschlossen komm' ich her, dem großen Khan

      Vom Lande China als Soldat zu dienen,

      Ob mir vielleicht die Sterne günstig sind,

      Durch tapfre That mein Schicksal zu verbessern.

      – Ich weiß nicht, welche Festlichkeit die Stadt

      Mit Fremden füllt, daß kein Karvanserai

      Mich aufnahm – Dort in jener schlechten Hütte

      Gab eine Frau aus gutem Herzen mir

      Herberge.

      Barak. Prinz, das ist mein Weib.

      Kalaf. Dein Weib?

      Preise dein Glück, daß es ein fühlend Herz

      Zur Gattin dir gegeben! (Er reicht ihm die Hand.)

      Jetzt leb' wohl.

      Ich geh' zur Stadt. Mich treibt's, die Festlichkeit

      Zu sehn, die so viel Menschen dort versammelt.

      Dann zeig' ich mich dem großen Khan und bitt'

      Ihn um die Gunst, in seinem Heer zu dienen.

      (Er will fort. Barak hält ihn zurück.)

      Barak. Bleibt, Prinz! Wo wollt Ihr hin? Mögt Ihr das Aug'

      An einem grausenvollen Schauspiel weiden?

      O, wisset, edler Prinz – Ihr kamt hieher

      Auf einen Schauplatz unerhörter Thaten.

      Kalaf. Wie so? Was meinst du?

      Barak. Wie? Ihr wißt es nicht,

      Daß Turandot, des Kaisers einz'ge Tochter,

      Das ganze Reich in Leid versenkt und Thränen?

      Kalaf. Ja, schon vorlängst im Karazanenland

      Hört' ich dergleichen – und die Rede ging,

      Es sei der Prinz des Königs Keicobad

      Auf eine seltsam jammervolle Art

      Zu Peckin umgekommen – Eben dies

      Hab' jenes Kriegesfeuer angeflammt,

      Das mit dem Falle seines Reichs geendigt.

      Doch Manches glaubt und schwatzt ein dummer Pöbel,

      Worüber der Verständ'ge lacht – Darum

      Sag' an, wie sich's verhält mit dieser Sache?

      Barak. Des Großkhans einz'ge Tochter, Turandot,

      Durch ihren Geist berühmt und ihre Schönheit,

      Die keines Malers Pinsel noch erreicht,

      Wie viele Bildnisse von ihr auch in der Welt

      Herumgehn, hegt so übermüth'gen Sinn,

      So großen Abscheu vor der Ehe Banden,

      Daß sich die größten Könige umsonst

      Um ihre Hand bemüht —

      Kalaf. Das alte Märchen

      Vernahm ich schon am Hofe Keicobads

      Und lachte drob – Doch fahre weiter fort

      Barak. Es ist kein Märchen. Oft schon wollte sie

      Der Khan, als einz'ge Erbin seines Reichs,

      Mit Söhnen großer Könige vermählen.

      Stets widersetzte sich die stolze Tochter,

      Und, ach! zu blind ist seine Vaterliebe,

      Als daß er Zwang zu brauchen sich erkühnte.

      Viel schwere Kriege schon erregte sie

      Dem Vater, und obgleich noch immer Sieger

      In jedem Kampf, so ist er doch ein Greis

      Und unbeerbt wankt er dem Grabe zu.

      Drum sprach er einsmals ernst und wohlbedächtlich

      Zu ihr die strengen Worte: Störrig Kind!

      Entschließe dich einmal, dich zu vermählen,

      Wo nicht, so sinn' ein ander Mittel aus,

      Dem Reich die ew'gen Kriege zu ersparen;

      Denn ich bin alt; zu viele Kön'ge schon

      Hab' ich zu Feinden, die dein Stolz verschmähte.

      Drum nenne mir ein Mittel, wie ich mich

      Der wiederholten Werbungen erwehre,

      Und leb' hernach und stirb, wie dir's gefällt —

      Erschüttert ward von diesem ernsten Wort

      Die Stolze, rang umsonst, sich loszuwinden;

      Die Kunst der Thränen und der Bitten Macht

      Erschöpfte sie, den Vater zu bewegen;

      Doch unerbittlich blieb der Khan – Zuletzt

      Verlangt sie von dem unglücksel'gen Vater,

      Verlangt – Hört, was die Furie verlangte!

      Kalaf. Ich hab's gehört. Das abgeschmackte Märchen

      Hab' ich schon oft belacht – Hör', ob ich's weiß!

      Sie fordert' ein Edict von ihrem Vater,

      Daß jedem Prinzen königlichen Stamms

      Vergönnt


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