Wallensteins Lager. Friedrich von Schiller

Wallensteins Lager - Friedrich von Schiller


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Dieser Teil wurde zuerst am 30. Januar 1799, zum Geburtstage der Herzogin Luise, in Weimar vorgestellt. Das andre Stück, Wallensteins Tod, die eigentliche Tragödie, erschien, nachdem die Piccolomini am 17. April wiederholt waren, am 20. April 1799 zuerst auf der weimarischen Bühne und am 17. Mai auf der Berliner. Im Juni des folgenden Jahres erschien Wallenstein bei Cotta im Druck, und die 3500 Exemplare der Auflage waren im September bereits vergriffen.

K. Goedeke.

      Personen

      Prolog

      Gesprochen bei Wiedereröffnung der Schaubühne in Weimar im Oktober 1798.

      Der scherzenden, der ernsten Maske Spiel,

      Dem ihr so oft ein willig Ohr und Auge

      Geliehn, die weiche Seele hingegeben,

      Vereinigt uns aufs neu in diesem Saal –

      Und sieh! er hat sich neu verjüngt, ihn hat

      Die Kunst zum heitern Tempel ausgeschmückt,

      Und ein harmonisch hoher Geist spricht uns

      Aus dieser edeln Säulenordnung an

      Und regt den Sinn zu festlichen Gefühlen.

      Und doch ist dies der alte Schauplatz noch,

      Die Wiege mancher jugendlichen Kräfte,

      Die Laufbahn manches wachsenden Talents.

      Wir sind die Alten noch, die sich vor euch

      Mit warmem Trieb und Eifer ausgebildet.

      Ein edler Meister stand auf diesem Platz,

      Euch in die heitern Höhen seiner Kunst

      Durch seinen Schöpfergenius entzückend.

      O! möge dieses Raumes neue Würde

      Die Würdigsten in unsre Mitte ziehn

      Und eine Hoffnung, die wir lang gehegt,

      Sich uns in glänzender Erfüllung zeigen.

      Ein großes Muster weckt Nacheiferung

      Und gibt dem Urteil höhere Gesetze.

      So stehe dieser Kreis, die neue Bühne

      Als Zeugen des vollendeten Talents.

      Wo möcht' es auch die Kräfte lieber prüfen,

      Den alten Ruhm erfrischen und verjüngen,

      Als hier vor einem auserlesnen Kreis,

      Der, rührbar jedem Zauberschlag der Kunst,

      Mit leis beweglichem Gefühl den Geist

      In seiner flüchtigsten Erscheinung hascht?

      Denn schnell und spurlos geht des Mimen Kunst,

      Die wunderbare, an dem Sinn vorüber,

      Wenn das Gebild des Meißels, der Gesang

      Des Dichters nach Jahrtausenden noch leben.

      Hier stirbt der Zauber mit dem Künstler ab,

      Und wie der Klang verhallet in dem Ohr,

      Verrauscht des Augenblicks geschwinde Schöpfung,

      Und ihren Ruhm bewahrt kein dauernd Werk.

      Schwer ist die Kunst, vergänglich ist ihr Preis,

      Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze;

      Drum muß er geizen mit der Gegenwart,

      Den Augenblick, der sein ist, ganz erfüllen,

      Muß seiner Mitwelt mächtig sich versichern

      Und im Gefühl der Würdigsten und Besten

      Ein lebend Denkmal sich erbaun – So nimmt er

      Sich seines Namens Ewigkeit voraus.

      Denn wer den Besten seiner Zeit genug

      Getan, der hat gelebt für alle Zeiten.

      Die neue Ära, die der Kunst Thaliens

      Auf dieser Bühne heut beginnt, macht auch

      Den Dichter kühn, die alte Bahn verlassend,

      Euch aus des Bürgerlebens engem Kreis

      Auf einen höhern Schauplatz zu versetzen,

      Nicht unwert des erhabenen Moments

      Der Zeit, in dem wir strebend uns bewegen.

      Denn nur der große Gegenstand vermag

      Den tiefen Grund der Menschheit aufzuregen;

      Im engen Kreis verengert sich der Sinn,

      Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken.

      Und jetzt an des Jahrhunderts ernstem Ende,

      Wo selbst die Wirklichkeit zur Dichtung wird,

      Wo wir den Kampf gewaltiger Naturen

      Um ein bedeutend Ziel vor Augen sehn

      Und um der Menschheit große Gegenstände,

      Um Herrschaft und um Freiheit wird gerungen,

      Jetzt darf die Kunst auf ihrer Schattenbühne

      Auch höhern Flug versuchen, ja sie muß,

      Soll nicht des Lebens Bühne sie beschämen.

      Zerfallen sehen wir in diesen Tagen

      Die alte feste Form, die einst vor hundert

      Und fünfzig Jahren ein willkommner Friede

      Europens Reichen gab, die teure Frucht

      Von dreißig jammervollen Kriegesjahren.

      Noch einmal laßt des Dichters Phantasie

      Die düstre Zeit an euch vorüberführen,

      Und blicket froher in die Gegenwart

      Und in der Zukunft hoffnungsreiche Ferne.

      In jenes Krieges Mitte stellt euch jetzt

      Der Dichter. Sechzehn Jahre der Verwüstung,

      Des Raubs, des Elends sind dahingeflohn,

      In trüben Massen gäret noch die Welt,

      Und keine Friedenshoffnung strahlt von fern.

      Ein Tummelplatz von Waffen ist das Reich,

      Verödet sind die Städte, Magdeburg

      Ist Schutt, Gewerb und Kunstfleiß liegen nieder,

      Der Bürger gilt nichts mehr, der Krieger alles,

      Straflose Frechheit spricht den Sitten Hohn,

      Und rohe Horden lagern sich, verwildert

      Im langen Krieg, auf dem verheerten Boden.

      Auf diesem finstern Zeitgrund malet sich

      Ein Unternehmen kühnen Übermuts

      Und ein verwegener Charakter ab.

      Ihr kennet ihn – den Schöpfer kühner Heere,

      Des Lagers Abgott und der Länder Geißel,

      Die Stütze und den Schrecken seines Kaisers,

      Des Glückes abenteuerlichen Sohn,

      Der, von der Zeiten Gunst emporgetragen,

      Der Ehre höchste Staffeln rasch erstieg

      Und, ungesättigt immer weiter strebend,

      Der unbezähmten Ehrsucht Opfer fiel.

      Von der Parteien Gunst und Haß verwirrt

      Schwankt sein Charakterbild in der Geschichte;

      Doch euren Augen soll ihn jetzt die Kunst,

      Auch eurem Herzen menschlich näher bringen.

      Denn jedes Äußerste führt sie, die alles

      Begrenzt


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