Briefe an Ludwig Tieck 3. Various

Briefe an Ludwig Tieck 3 - Various


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Brief vom 2. Jun., den ich Anfangs Jul. durch meinen Freund Rosenvinge empfing, hat mir eine wahre Freude gegeben, und mir Ihre Erinnerung, mein theurer und hochverehrter Freund! auf die lebhafteste und angenehmste Weise vergegenwärtiget. – Wie oft denke ich an Sie und an Ihre liebenswürdige Familie, an Ihre freundliche Güte, womit Sie den Fremdling für immer fesselten, an Ihre geistvollen Unterhaltungen, die Jeden bezauberten! – Durch Sie allein würde mir das schöne einnehmende Dresden ewig unvergeßlich. Es lebt auch beständig der Wunsch und die Sehnsucht bey mir, Sie und die freundliche Elbstadt noch einmal zu besuchen. Möge das Schicksal mir doch nicht ganz die Aussicht auf diese Freude berauben!

      Ich bin so frei diesen wenigen Zeilen, die ich in größter Eile schreiben muß, da der Professor Froriep aus Weimar, der sie mitnimmt, Morgen ganz frühe mit dem Dampfschiffe abreist, weit mehr gedruckte, nemlich den 1sten Theil meiner Reise, beizulegen. Wie wird es mich freuen, wenn Sie dies Buch, wenn auch nicht lesen, doch als ein kleines Andenken eines Sie hoch schätzenden und innig liebenden Freundes, aufheben wollen. Die folgenden Theile, wovon der 2te noch am Ende des Jahres erscheinen sollte, werde ich Ihnen auch zukommen lassen; wenn so viele dänische Bücher Sie nicht belästigen.

      Mit großem Vergnügen habe ich eben gestern den 1sten Theil Ihrer gesammelten Gedichte in einer hübschen Ausgabe für meine Lese-Einrichtung erhalten. Aber wie wird es mit der sehnlich erwarteten Fortsetzung des Franz Sternbald?

      Sie werden bemerkt haben, daß man ehestens eine deutsche Uebersetzung von Holbergs Komedien durch Oehlenschläger erwarten kann. Es ist dies jetzt seine wichtigste Arbeit. Ich bin in gespannter Erwartung, wie sie ausfallen wird, und besonders wie sie Ihnen gefallen wird. – Das letzte Trauerspiel von Oehlenschl. Erich und Abel, aus der dänischen Geschichte des 13. Jahrhunderts, hat auf dem Theater Glück gemacht. Ich liebe es eben nicht. Es ist hin und wieder zu modern sentimental, öfters manierirt; die Geschichte und geschichtliche Charaktere sind stark und willkührlich verändert; und eben deswegen manches Ueberflüssige hereingebracht, was dem Drama und der Charakterschilderung mehr hindert, als nutzt. – In unserer Litteratur ist es überhaupt im jetzigen Zeitpunkt ziemlich stille und öde. Der Geldmangel drückt die Bücher, die Verfasser und die Leser. Gute Bücher nehmen ab, oder können wegen der Menge elender und nutzloser Tageblätter nicht aufkommen. (!)

      Meine Frau, die Sie durch Ihre Grüsse nicht wenig erfreut haben, läßt sich mit ihrem 9 Wochen alten Sohne, Ihrer freundlichen Erinnerung empfehlen. Ich war eben, am Schlusse des Julius, auf einer kleinen Reise in Holstein abwesend, als der eilig-ungeduldige Knabe ein Paar Wochen wenigstens früher, als man ihn erwartete, ganz plötzlich sich einfand. Er ist recht gesund und einigermaßen freundlich und guter Laune, wenn er immer vollauf zu trinken und zu essen hat. Meine Frau hat wieder dann und wann etwas gelitten; ist aber doch jetzt ziemlich wohl.

      Nehmen Sie, mit Ihrer mir gewogenen Familie und die Gräfin v. Finkenstein meinen herzlichsten und aufrichtigsten Gruß, und bleiben Sie ferner freundlich gewogen

Ihremdankbaren und ergebensten FreundeC. Molbech.

      Ich wünschte gar sehr zu wissen, ob man nicht Ihr Bildniß bald in einem guten Kupferstiche erwarten kann? In einem Kalender glaube ich, wird es erscheinen. Dies aber genügt nicht.

      III

(Ohne Datum.)Theurer, hochgeschätzter Freund!

      Ein Däne und Freund von mir, der Canzleyrath Thomsen, Secretair der hiesigen Königl. antiquarischen Commission, ein trefflicher und gelehrter Kunstkenner, eifriger Sammler von Gemälden und Kupferstichen und Besitzer eines der schönsten Münz-Cabinette in Dänemark, wird Ihnen diese Zeilen, nebst einem innigsten Gruß, und beifolgenden 3ten und letzten Theil meiner Reise überbringen. Zürnen Sie nicht, daß ich dort auch mit wenigen Worten, und oft schon bereuete ich es, alzu kurz, gesagt habe, wie theuer und unvergeßlich Dresden mir durch Ihre Freundschaft ward. Mich hat die Menge des Stoffes in diesem Buche alzu sehr gedrängt; und öfters bin ich sehr kurz gewesen, oder habe ganz geschwiegen, da wo meine liebsten Erinnerungen weilen. Und wo sind sie lieber und schöner, als in dem lieblichen, geistvollen Kreise, den Ihre Güte mir so freundlich öffnete?

      Sagen Sie mir doch nur mit zwei Worten wie Sie leben, und wie Ihre theure Familie, deren Andenken ich mich durch Ihre Fürsprache empfehle. Ich sehne mich herzlich nach einer Nachricht, sey es auch bloß eine mündliche, von Ihnen. Sagen Sie mir doch auch, wie Ihnen Oehlenschlägers Holberg gefällt? Darnach bin ich etwas neugierig. Ich gestehe, die Uebersetzung kann vielleicht trefflich seyn. Mir aber, und vielleicht den unbefangenen Dänen überhaupt gefällt sie nicht eben alzusehr; und die Vorrede im 4ten Theile hat hier noch weniger Glück gemacht.

      Ihre beiden Novellen, der Geheimnißvolle und die Verlobten, sind schon im Dänischen übersetzt; und besonders die letzte gefällt hier besonders. So auch mir in hohem Grade. Ich bewundere Sie hier, wie immer; denn in jeglichem Tone sind Sie der unnachahmliche Darsteller der innern Menschheit, weil Sie den Menschen so kennen und durchschauen, wie wenige Dichter; und wie das Jugendlich-Lustige, so wird das Verständig-Ernste in Ihrer Dichtung ein Spiegel des hellsten Leben.

      Verzeihen Sie die wenige Sorgfalt, das vielleicht gänzliche Mißlingen meines Ausdrucks in diesen Zeilen. Kaum 24 Stunden sind verflossen, seit eine äußerst traurige Familien-Nachricht meine Stimmung ganz getrübt und abgespannt hat. – Ich werde daher auch schließen mit dem Wunsche aus meinem Herzen: Leben Sie glücklich, gesund und zufrieden!

      Ihr treuer und dankbarer Freund

C. Molbech.

      IV

Kopenhagen, 7. April 1826.

      Indem ich heute an meinen Freund den Hrn. Bibliothekar Ebert in Dresden schreibe, fühle ich das Bedürfniß, auch Ihnen, mein hochverehrter Freund! durch einige Zeilen die Erinnerung eines Ihrer treuesten Verehrer und ausländischen Freunde hervorzurufen. Leider bin ich noch weniger, als sonst, geschickt, meinem Briefe an sich einiges Interesse mitzutheilen. Eine Krankheit oder Schwäche des rechten Kniegelenkes (dem die Aerzte den beliebten Namen der Gicht zulegen) fesselt mich, den sonst so rüstigen Fußgänger und Treppenläufer, seit 5 Wochen, und wer weiß wie lange noch, auf meinem Zimmer im 4ten Stocke – sonst meine Freude; denn ich habe immer gern hoch gewohnt, und so auch hier, dem freien Raume des umlaubten Todtenackers gegenüber; jetzt eine Fessel mehr für den geschwächten Gefangenen. Daß ich in dieser totalen Verwandelung meiner ganzen Lebensweise nicht wie sonst existire, denke und fühle (nur ein Mal in meinem Leben habe ich in 3 Wochen das Zimmer gehütet) können Sie sich leicht vorstellen. Wie vieles erscheint mir jetzt in einem andern und trüberen Lichte! Wie tief fühle ich die Entbehrung meiner in mehr als 20 Jahren getriebener Bibliotheksgeschäfte! – scheint es mir doch, ich hätte die theuerste Geliebte verlassen müssen, um sie der Pflege anderer, vielleicht weniger sorgfältiger und liebender Hände zu überlassen!

      Indem aber, daß eben jetzt meine Seele mehr und öfters, als sonst, den Blick dem Innern des Lebens zuwendet, wird mir auch manche schöne Blume und edle Frucht meines Daseyns recht lebhaft gegenwärtig. So auch die kurzen, aber unvergeßlichen Stunden, die ich mit Ihnen zu verleben das Glück hatte. Jahre sind schon seitdem verronnen, und mehr und mehr gestaltet sich die liebliche Erinnerung wie ein schöner Traum – aber doch immer ein lebhafter, ein tief in der Seele ruhender Traum, besser und kräftiger als Vieles, was uns einen Schein der Wirklichkeit besitzt, weil wir es gegenwärtig nennen. Sey es denn auch, daß dieser Traum nie wieder ins Leben zurückkehrte – daß mir nie wieder der überglückliche Genuß zu Theil würde, den Lieblingsdichter meiner Jugend, den Gegenstand meiner steigenden Verehrung und Bewunderung im reiferen Alter, und einer unvergleichlichen Neigung meines Herzens, seit jenen Tagen in Dresden, persönlich wiederzusehen: so fühle ich es doch in meiner Seele: daß jenes Bild Ihres Wesens, was dort mir aufging, nie aufhören kann mein Eigenthum zu sein. Wie oft habe ich mich an diesem Bild erquickt! Wie oft, wenn ich seitdem eines Ihrer Werke laß, wenn ich mit einem Freund darüber sprach, habe ich gesagt: ich weiß es nicht bloß, wie er dichtet und schreibt – ich weiß auch, wie er ist und lebt, wie warm und gemüthlich sein Herz, wie überströmend reich und gediegen seine Rede!

      Auch durch die Gaben Ihres Geistes haben Sie mich seitdem vielfach erfreut. Es ist wohl unnöthig Ihnen zu sagen, daß Ihre späteren Novellen und Erzählungen


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