Der Aufstand Der Tapferen. Морган Райс

Der Aufstand Der Tapferen - Морган Райс


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Zeichen von Duncans Sieg gen Himmel. Ihr Überraschungsangriff hatte sich als erfolgreich erwiesen.

      Seine Männer begannen zu jubeln und als Duncan sich umdrehte, sah er ihre vom Ruß geschwärzten Gesichter, in denen die Erschöpfung zu sehen war, nachdem sie die ganzen Nacht geritten und nun auch noch diese Schlacht geschlagen hatten – doch alle waren trunken vom Sieg. Es waren Schreie der Erleichterung, Schreie der Freiheit. Schreie, die ihnen Jahrelang auf den Lippen gelegen hatten.

      Doch kaum waren ihre Schreie verklungen – erfüllte ein weiterer Schrei die Nacht – ein viel unheilvollerer, gefolgt von einem Geräusch, bei dem sich Duncans Nackenhaare aufstellten. Er drehte sich um und erschrak, als er sah, wie sich die Tore zu den steinernen Baracken langsam öffneten. Als sie aufschwangen, begrüßte ihn ein erschreckender Anblick: Tausende von pandesischen Krieger in voller Rüstung, in perfekten Reihen, eine professionelle Armee, die seinen Männern zehn zu eins überlegen war. Als sich die Tore öffnete, stießen sie einen Schrei au und stürmten auf sie zu.

      Sie hatten das Biest geweckt. Jetzt begann der wahre Krieg.

      Kapitel Sechs

      Kyra galoppierte an Andros Mähne geklammert durch die Nacht. Mit Deirdre an ihrer Seite, Leo zu ihren Füßen jagten sie wie Diebe in der Nacht über die verschneite Ebene westlich von Argos. Mit jeder Stunde, die sie ritten, das Donnern der Hufe in den Ohren verlor sich Kyra mehr in ihrer eigenen Welt. Sie stellte sich vor, was sie im Turm von Ur erwarten würde, wer ihr Onkel war und was er ihr über sie und ihre Mutter zu sagen hatte, und konnte ihre Aufregung kaum beherrschen. Doch sie musste auch zugeben, dass sie Angst hatte. Es war eine lange Reise quer durch Escalon hindurch, eine wie sie sie noch nie zuvor gemacht hatte. Vor ihnen kam der Wald der Dornen in Sicht. Die offene Eben endete und bald würden sie in den bedrückenden Wald hineinreiten, der voller wilder Kreaturen war. Sie wusste, dass es keine Regeln mehr gab, wenn sie erst einmal die Baumgrenze überschritten hatten.

      Der Schnee schlug ihnen ins Gesicht und der Wind heulte über die weite Ebene. Kyra, die erst jetzt bemerkt hatte, dass ihre Fackel schon lange verloschen war, warf sie in den Schnee. Sie ritt durch die Dunkelheit, in Gedanken versunken. Das einzige Geräusch war das Donnern der Hufe der Pferde und Andors gelegentliches Knurren. Sie konnte seine Wut spüren, seine ungezähmte Natur; er war anders als jedes andere Tier, auf dem sie je  geritten war. Es war, als hätte Andor nicht nur keine Angst vor dem, was sie erwartete, nein, er schien auf eine Konfrontation zu hoffen.

      In ihre Felle gehüllt, spürte Kyra eine neue Welle von Hunger und als sie Leo winseln hörte, wusste sie, dass sie den Hunger nicht mehr länger ignorieren konnte. Sie waren schon seit Stunden geritten und bemerkte erst jetzt – viel zu spät – dass sie nicht genug Vorräte mitgenommen hatten. In dieser finsteren Nacht kam kein Wild aus seinem Versteck und das war kein gutes Zeichen. Sie würden bald anhalten müssen, um etwas essbares zu finden.

      Sie ritten langsamer, als sie sich dem Waldrand näherten und Leo knurrte in Richtung der dunklen Waldgrenze. Kyra warf einen Blick zurück über ihre Schulter auf die sanfte Ebene und den Himmel. Es war das letzte Mal für eine ganze Weile, dass sie offenen Himmel sehen sollten. Sie wandte sich wieder dem Wald zu und ein Teil von ihr hasste den Gedanken, weiterzugehen. Sie kannte die Geschichten über den Wald der Dornen, und dies, das wusste sie, war der Punkt ohne Wiederkehr.

      „Bist du bereit?“, fragte sie Deirdre.

      Deirdre kam ihr jetzt wie ein anderes Mädchen vor als das, das sie im Kerker kennengelernt hatte. Sie war stärker, entschlossener. Sie hatte in die Tiefen der Hölle geblickt und war bereit, sich allem zu stellen.

      „Ich habe bereits das Schlimmste erlebt, was einem zustoßen kann“, sagte Deirdre. Ihre Stimme war kalt und hart wie der Wald vor ihnen und wirkte viel älter als sie eigentlich war.

      Kyra nickte. Sie verstand sie –und gemeinsam ritten sie in den Wald hinein.

      Sofort spürte Kyra einen kalten Schauer, selbst in der Kälte dieser Nacht. Es war dunkler hier, bedrückender, ein Wald voller alter schwarzer Bäume mit knorrigen Ästen, die Dornen ähnelten, und fleischigen, schwarzen Blättern. Anders als andere Wälder strahlte dieser hier keinen Frieden aus; man konnte das Böse spüren.

      Sie ritten so schnell sie konnten zwischen den Bäumen hindurch und Schnee und Eis knirschte unter ihren Tieren. Langsam begannen sie, die Schreie der Kreaturen des Waldes zu hören, die sich in den Ästen versteckten. Kyra drehte sich um und betrachtete die Bäume auf der Suche nach der Quelle der Schreie, konnte sie jedoch nicht finden. Sie hatte das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie ritten immer tiefer in den Wald hinein, wobei Kyra versuchte, sich in nordwestlicher Richtung zu orientieren, wie ihr Vater ihr gesagt hatte, bis sie das Meer erreichten. Sie war aufgeregt wegen ihrer Mission, doch sie sehnte sich danach, bei ihren Leuten zu sein, an ihrer Seite in dem Krieg zu kämpfen, den sie begonnen hatte. Schon jetzt spürte sie den Drang, zurückzukehren.

      Stunde um Stunde verging und Kyra spähte in den Wald und fragte sich, wie weit es noch bis zum Meer war. Sie wusste, es war gefährlich in der Dunkelheit zu reiten- doch sie wusste auch, dass es gefährlicher war, hier draußen ein Lager aufzuschlagen, besonders, als sie ein weiteres Geräusch hörte.

      „Wo ist das Meer?“, fragte Kyra schließlich Deirdre, hauptsächlich, um das Schweigen zu brechen.

      An Deirdres Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, dass sie sie aus ihren Gedanken gerissen hatte; sie konnte nur ahnen, in welchen Albträumen sie verloren war.

      Deirdre schüttelte den Kopf.

      „Ich wünschte, ich wüsste es“, antwortete sie mit trockener Stimme.

      Kyra war verwirrt.

      „Bist du nicht auf diesem Weg gekommen, als sie dich verschleppt haben?“, fragte sie.

      Deirdre zuckte mit den Schultern.

      „Ich war in einem Käfig auf einem Karren eingesperrt“, antwortete sie. „Die meiste Zeit über war ich bewusstlos. Darum weiß ich nicht, welchen Weg wir genommen haben. Ich kenne diesen Wald nicht.“

      Sie seufzte und spähte in die Dunkelheit.

      „Doch wenn wir Whitewood erreichen, sollte ich die Gegend besser kennen.“

      Sie ritten in behaglichem Schweigen weiter, und Kyra dachte über Deirdre und ihre Vergangenheit nach. Sie konnte ihre Stärke spüren, doch auch ihre tiefe Traurigkeit. Kyra bemerkte, wie dunkle Gedanken über ihre weitere Reise sich bemerkbar machten, über ihren Mangel an Essen, die beißende Kälte und die wilden Kreaturen, die sie erwarteten. Um sich abzulenken wandte sie sich Deirdre zu.

      „Erzähl mir vom Turm von Ur“, sagte Kyra. „Wie ist er?“

      Deirdre sah sie aus tiefliegenden Augen an und zuckte mit den Schultern.

      „Ich bin nie am Turm gewesen“, antwortete sie. „Ich bin aus der Stadt Ur und die liegt fast einen Tagesritt südlich vom Turm.“

      „Dann erzähl mir von deiner Stadt“, sagte Kyra. Sie wollte an alles denken, nur nicht diesen Wald hier.

      Deirdres Augen begannen zu leuchten.

      „Ur ist ein schöner Ort“, sagte sie mit Sehnsucht in der Stimme. „Eine Stadt am Meer.“

      „Wir haben eine Stadt südlich von uns, die auch am Meer liegt“, sagte Kyra. „Esephus. Sie liegt einen Tagesritt von Volis entfernt. Mein Vater hat mich als Kind immer dorthin mitgenommen.

      Deirdre schüttelte den Kopf.

      „Das ist kein Meer“, antwortete sie.

      Kyra war verwirrt.

      „Was meinst du?“

      „Das ist das Meer der Tränen“, antwortete Deirdre. „Ur liegt am Meer der Sorgen. Unser Meer ist viel größer. An eurer Ostküste sind die Gezeiten schwach; an der Westküste hat das Meer der Sorgen Wellen, die sieben Meter hoch sind, wenn sie sich an der Küste brechen und bei Vollmond können die Gezeiten ein Schiff in einem einzigen Augenblick aufs Meer ziehen, von Männern ganz zu schweigen. Unsere Stadt ist die einzige Stadt in Escalon, wo sich die Klippen weit genug absenken, damit die Schiffe ans Ufer können. Wir haben den einzigen Strand in ganz


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