Вопросы телезрителей. Александр Снегирёв
Straßenhunde in ihren Abfällen. Sie werden vertrieben, sie werden vergiftet, sie werden gequält, denn sie passen nicht in das Bild dieser wunderbaren Insel. Die Straßenhunde Sardiniens polarisieren. Sie stellen zwei Welten gegenüber, die so gar nicht zusammenpassen wollen. Also besser weg damit.
Gioia war eine von ihnen. Sie gehörte zu den „glücklichen“ Hunden, die es durch tierliebe Menschen bis ins Rifugio Olbia, in das Hundeheim in der Nähe des Flughafen (www.lidaolbia.it), geschafft haben. Der Preis für eine einigermaßen sichere Umgebung und tägliches Futter war das Eingesperrtsein sein. Tagtäglich landeten die Augen, sobald sie nach einer unruhigen Nacht geöffnet wurden, auf dem Maschendrahtzaun, der die 5 x 5 Meter Lebensraum begrenzte. Fressen, spielen, sich lösen, schlafen, urinieren und immer wieder durch den Zaun starren, alles auf 5 x 5 Metern. Tagein, tagaus.
Nun ist Gioia in Berlin. Der Weg vom Trauma zum Traum war kürzer als befürchtet. Gioia stand im Internet unter „Zuhause gesucht“. Wie so viele andere Hunde auch. Man kommt sich vor, als ob man sich im Internetversandhaus eine Jeans bestellt. „Nö, der ist zu groß. Rüde sollte es ja eh nicht sein. Doch lieber was Kleines? Oder die hier? Ach ne, die ist ja noch nicht kastriert! Ach, die ist süß… oh, erst 5 Monate alt. Das macht doch viel zu viel Arbeit mit einem Welpen. Also kurzhaarig sollte sie sein, kastriert und maximal 1 – 2 Jahre alt.“ Man ekelt sich vor sich selber. Das ist Tierschutz? Indem man nach Aussehen geht? Nach Alter? Nach Geschlecht? Also noch mal geschaut. Angelica. Die ist so unscheinbar. Die nimmt bestimmt keiner. Die fällt ja gar nicht auf. Also… dann die! Angelica.
Neues Leben, neuer Name. Das italienische „Gioia“ bedeutet „Freude“ und Angelica gehört der Vergangenheit an.
Gioia hat keine spektakuläre Vergangenheit, wie so viele andere Hunde. Sie wurde offensichtlich nicht gequält, hat keine schlechten Erfahrungen mit Männern gemacht, behandelt große, kleine, dicke, dünne, helle oder dunkle Menschen alle gleich. Gioia war nicht unheilbar krank, wurde nicht angeschossen, verbrannt oder angefahren. Sie lebte nicht in den Fängen skrupelloser Menschen unter unwürdigen Bedingungen. Gioia ist einfach nur ein unscheinbarer Straßenhund, der im Tierheim landete. Punkt.
Aber für mich ist Gioia das Glück auf vier Pfoten.
Gioia fällt auf der Hundewiese nicht unbedingt auf. Es sei denn, man macht sich die Mühe, den Hunden nicht nur zuzuschauen, sondern sie zu beobachten. Dann sieht man das ausgeglichene Wesen im Spiel dieser wunderbaren Hündin. Dann fällt auf, dass sie eine mehr als ausgeprägte soziale Ader zeigt und im Umgang mit allen anderen Hunden umsetzt. Dann sieht man die Schlichterin, die dazwischen geht, wenn es zwischen anderen Hunden „kracht“.
Gioia vereint so viele Eigenschaften, die ich mir für mich wünschen würde. Wo ich längst schon über Hund oder Herrchen gerichtet habe, geht Gioia offen auf die Menschen zu oder uninteressiert an ihnen vorüber. Wenn ich das doch auch so könnte. Gioia geht auch schlechter Laune aus dem Weg. Auch meiner!
Gioia hat gelernt, das Beste aus einem Tag zu machen. Wenn sich keiner um sie kümmert, dann tut sie es eben selber. Und wenn man sich um sie kümmert, dann genießt sie das genauso.
Gioia ist transparent, Gioia ist ehrlich, Gioia ist, wie sie ist und versucht nicht, etwas anderes zu sein.
Was ich mir für mich auch oft wünsche. Wenigstens manchmal… hin und wieder. Einfach nur sein und in mir ruhen. Selbstzufrieden, unkritisch. Die Dinge nehmen, wie sie sind und das Beste daraus machen.
Ich könnte jetzt erzählen, wie spannend es war, die ersten Fortschritte in der Erziehung zu machen. Wie Gioia zum ersten Mal über eine grüne Wiese peste und sich im Gras wälzte. Wie sie gelernt hat, immer besser zu gehorchen und Männchen machen konnte oder Sitz und Platz. Ja, alles schön.
Aber das Schönste, was Gioia für mich macht, ist das, was sie aus mir macht. Runterkommen ist wohl das passendste Wort dafür.
Sie zeigt mir sehr deutlich, wenn eine Kommunikation mit mir nicht lohnt, weil ich genervt oder angespannt bin. Wenn man besser einen Bogen um meine Stimmung machen sollte, dann tut sie das ganz einfach. Sie holt mich wieder runter und „belohnt“ mich mit ihrer Freundschaft und ihrem Gehorsam, wenn ich es mir verdient habe. Wenn ich für sie einen respektablen Rudelführer abgebe, dann ist sie auch mehr als bereit, mir zu folgen.
Als Dank darf sie nicht bei mir im Bett schlafen, hat keinen Platz neben mir auf dem Sofa oder bekommt ihr Futter auch nicht vom Tisch, wenn ich esse. Als Dank dafür schaffe ich für sie klare Regeln und versuche, so gut ich es kann, auch für sie transparent zu sein, damit sie sich bei mir wohl fühlt.
Gioia hat ihre Aufgaben in unserem kleinen Rudel, die ihrem Wesen entsprechen.
Da sie nicht gerne mit Bällen spielt, quäle ich sie auch nicht mit Apportierspielen oder Dummy-Übungen, nur weil ich das vielleicht schön fände.
Gioia hat eine ausgesprochen gute Schnüffelnase. Daher darf sie sich bei Schnüffel- und Fährtensuchspiele auspowern, auch wenn das für mich einen gewissen Aufwand bedeutet.
Gioia geht es gut, wenn sie ausgelastet ist. Daher darf sie mich zum Joggen begleiten, auch wenn ich dann immer wieder stoppen muss, weil sie mit einem anderen Vierbeiner spricht.
Gioia liebt Leckerli und löst dafür gerne Aufgaben. Daher darf sie als Therapiehund mit ins Seniorenheim und für Frolic & Co. die alten Menschen erfreuen.
Gioia liebt Wiesen und Maisfelder. Daher finden unsere Spaziergänge oft außerhalb der Stadt statt, auch wenn ich dafür hin- und hergurken muss. Gioia geht gerne jagen. Darüber reden wir in einer anderen Geschichte.
Gioia ist eine kontaktfreudige Hündin und wir versuchen, in Freilaufgebieten diesen Kontakt zu anderen Hunden zu fördern.
Das ist das Mindeste was ich für Gioia tun kann.
Das ist das Mindeste, was ich für mich tun kann.
Leckerli
„Lassen Sie ihre Hunde ruhig los.“
„Nein. Das tue ich lieber nicht. Die sind im Erstkontakt etwas schwierig.“
„Das macht nichts. Meiner kann dann endlich mal sehen, wie das ist.“
„Aha. Die Lektion müsste ich Ihnen aber berechnen.“
„…?“
Schafft Deutschland sich wirklich ab oder war Winnetou doch kein Indianer?
Ein fröhlicher Frühlings-Sonnen-Sonntag lockt mich und meine Hündin raus in die weite Welt der Pankower Grünanlagen. Heute lassen wir das Auto mal stehen und genießen die nähere Umgebung. Es ist noch früh am Morgen und wir hegen die Hoffnung, wenige Familien mit kleinen Kindern und Präventiv-Alle-Hunde-Sind-Kampfhunde-Trauma zu treffen.
Stattdessen treffen wir unterwegs Doreen mit ihrem Vierbeiner, einem dicken Kumpel meiner Hündin. Gemeinsam setzen wir den Weg Richtung Bürgerpark fort, gut gelaunt und fröhlich schnatternd, wie es sich für anständige Hundebesitzerinnen an einem sonnigen Sonntag gehört. Im Bürgerpark angekommen, toben unsere Fellpfoten erst einmal ordentlich über das satte Grün der Wiese. Eigentlich wollen wir noch weiterziehen in die Schönholzer Heide, aber lassen wir die Beiden doch erst einmal toben und schauen mit einem verzückten Lächeln dabei zu.
Nach