Die Taube. Александр Дюма

Die Taube - Александр Дюма


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der Hoffnung gefreut, an dem äußersten Ende meines Horizontes eine unbekannte, aber schwesterliche Seele wiedergefunden zu haben, eine Schwester für das Leiden, denn bei dem ersten Klagen hatte ich gesehen, daß es der Mund des Herzens war, der sich beklagt. Warum, arme leidende Seele, willst Du nicht Deinen Antheil an meinem Kummer nehmen, wie ich meinen Antheil an Deinem Schmerze nehmen werde? Es ist das Gesetz, daß die getheilten Lasten weniger schwer sind, und daß die Last welche zwei einzelne Kräfte erdrückt, zuweilen zwei vereinigten leicht erscheint.

      Da läutete es zum Gebete; Du rufst mich, mein Gott! und ich gehe zu Dir! ich gehe zu Dir in dem Vertrauen auf meine Reinheit, mit offenem Herzen, damit Du in ihm lesen kannst, und wenn ich Dich durch irgend eine That oder irgend eine Unterlassung erzürnt hätte, o mein Gott! so laß es mich durch ein Zeichen, durch eine Eingebung, durch irgend eine Offenbarung wissen, und ich werde mit der Stirn im Staube, mit ausgestreckten Händen vor Deinem Altare auf den Knieen bleiben, bis daß Du mir verziehen hast.

      Du, liebe Taube, sei die treue Bewahrerin dieser Gedanken meines schwachen Herzens, dieser Regung meiner armen Seele! bedecke mit Deinem Flügeln dieses Papier, das ich zusammenfalte um es den Blicken Aller zu entziehen, und das mich erwarten wird wie die halb gefüllte Schale den Rest des bitteren Trankes erwartet, der ihm verheißen ist.

      Sechster Brief

11. Mai, Mittags.

      In der Tat, Sie haben richtig errathen, arme geängstigte Seele; ich hatte beschlossen, Ihnen nicht mehr zu schreiben, denn wozu nützt es, wenn man im Grabe liegt, darauf zu beharren, die Hände herauszuschrecken, wenn es nicht geschieht, um sie zu Gott zu erheben? Aber eine Art von Wunder hat meinen Entschluß geändert. Diesen Brief, den Sie für sich allein geschrieben hatten, diesen Brief, den Sie für sich allein geschrieben hatten, diesen Brief, in welchem Sie Ihre Stelle zu den Füßen des Herrn ausschütten, diesen Brief, den Vertrauen Ihrer Gedanken, den halb mit Bitterkeit gefüllten Becher, der bei Ihrer Rückkehr unter Ihrem Thränen übertreten sollte,diesen Brief hat die dies Mal ungetreue Taube mir gebracht, nicht mehr von Ihnen unter ihre Flügel gebunden, sondern von selbst, in ihrem Schnabel, wie die Taube der Arche den grünen Zweig trug,welcher andeutet, daß die Gewässer auf der Oberfläche des Erdballes abzulaufen begönnen, wie endlich die Thränen auf dem Gesichte eines Sünders versiegen,dem verziehen ist.

      Wohlan! Es sei, ich nehme es an, einen Theil Ihres Schmerzes zu tragen; denn auch ich gehöre mir selbst nicht mehr an, und aus den Kräften, die Gott mir gelassen hat, muß ich einen Hebel machen, um das Unglück Anderer aufzuheben. Von diesem Augenblicke an ist meine Seele leer von meinem eigenen Mißgeschicke; schütten Sie das Ihrige darin aus, Bach, der Sie einen Fluß suchen, um sich mit ihm zu vereinigen, Meteor, das einen Stern sucht, in dem es erlösche.

      Sie fragen weshalb Sie leiden, da Sie nichts gethan haben. Nehmen Sie sich in Acht! Sie fragen Gott, und von der Frage zu der Lästerung ist die Entfernung nicht weit, der Fall rasch.

      Unser Stolz ist unser größter Feind hienieden. Man sagt, daß es in diesem Augenblicke einen Philosophen gibt, der die ganzes Natur in Wirbel eingetheilt hat. Nach der Rechnung dieses Philosophen wäre jeder Fixstern eine Sonne, – der Mittelpunkt einer Welt wie die unsrige, – und alle diese Welten, den Gesetzen des Gleichgewichtes unterworfen, kreiseten und drehten sich in dem Raume, jetzt um ihren Mittelpunkt herum, ohne sich zu stoßen, noch sich zu verwirren.

      Nicht wahr, das ist ein System, das Gott sehr vergrößern, aber den Menschen auch sehr verkleinern würde?

      Demnach also kann sich unsere arme Welt wieder in Millionen von Welten eintheilen. Unser Stolz läßt Jeden von uns glauben, daß wir eine Sonne, der Mittelpunkt eines Wirbels sind, während wir höchstens einer der Atome, einer der Sandkörner sind, welche der Hauch des Herrn zu Millionen sich um jene mehr oder minder glänzenden Sterne kreisen und drehen läßt, die man die Könige, die Kaiser, die Fürsten, die Helden, kurz die Mächtigen dieser Welt nennt, denen Gott als Zeichen ihrer Macht den Zepter oder Krummstab, die Tiare oder das Schwert gegeben hat.

      Nun denn! wer sagt Ihnen, daß die unmateriellen Dinge nicht wie die materiellen Dinge abgewogen werden? Wer sagt Ihnen, daß das Unglück der einen Welt nicht zu dem Glück der anderen beiträgt? Wer sagt Ihnen, daß es nicht eines der Gesetze der moralischen Natur ist, daß die eine Hälfte des Herzens in Thränen sei, damit die andere Seite in der Freude sei, wie die eine Seite der Erde in der Dunkelheit sein muß,damit die andere in dem Lichte ist?

      Sagen Sie mir doch Ihr Unglück, arme betrübte Seele, denn welches Ihr Unglück auch sein mag, ich bin überzeugt, daß es nicht die Höhe des meinigen erreicht; – sagen Sie es und ich hoffe, – daß ich einen Trost für jede Ihrer Klagen, – einen Balsam für jede Ihrer Wunden haben werde.

      Aber, ich bitte Sie inständigst, trinken Sie Ihrerseits aus dem Bache meiner Worte, ohne die Quelle zu suchen, von welcher sie ausgeht, – machen Sie es wie die schwarzen Äthiopier und die bleichen Söhne Ägyptens, welche Ihren Duft an den Ufern des Nils stillen, und Sie die glauben würden, eine Gottlosigkeit zu begehen, wenn sie an dem Flusse bis zu seiner Quelle hinaufgingen.

      Nach einigen Worten,die mir entschlüpft sind, haben Sie gemeint in meinem vergangenen Leben zu lesen; Sie haben aus mir einen Großen dieser Welt gemacht; – Sie haben geglaubt, daß ein Lichtstrahl meinen Sturz begleitet hätte, und daß ich wie ein vom Blitz getroffener Engel aus dem Himmel auf die Erde gefallen wäre. Enttäuschen Sie sich zuvörderst; ich bin ein geringer Mönch, der einen geringen Namen führt; – von meiner finsteren oder glänzenden, niedrigen oder stolzen Vergangenheit habe ich alles Andenken verloren, und, minder hellsehenden dem Leben, als der Philosoph des Altertums, welcher sich erinnerte bei der Belagerung von Troja gekämpft zu haben,es in der dem Tode war, erinnere ich mich heute nicht mehr des Gestern, und morgen werde ich mich nicht mehr des heute erinnern.

      So will ich Schritt vor Schritt der Ewigkeit zuschreiten, indem ich jede Spur verlösche, die ich hinter mir zurücklasse, um an dem Tage meines Todes so vor dem Herrn zu erscheinen, als ich aus dem Schoße meiner Mutter hervorgegangen bin; – Solus Pauper et nudus: – allein, arm und nackend.

      Gott befohlen, meine Schwester verlangen Sie nicht mehr von mir,als ich Ihnen geben kann, damit ich Ihnen immer geben kann.

      Siebenter Brief

12. Mai.

      Ja, Sie haben Alles begriffen; ja, während ich zu den Füßen Gottes kniete, indem ich von ihm Rechenschaft über seine Strenge verlangte,statt ihn über meine Zweifel um Verzeihung zu bitten, gab mir Gott durch eine Art von Wunder diesen Trost wieder, den ich mir genommen glaubte, und unsere durch ihre Ergebenheit ungetreue Botin überbrachte Ihnen von selbst diese Ueberfülle meiner Gedanken, oder vielmehr meines Herzens, welche auf das Papier übergetreten war.

      Sie wollen unbekannt bleiben; es sei! was liegt mir daran, daß die Sonne sich in den Wolken verbirgt, daß das Feuer sich in seinem Rauche verschleiert, wenn durch den Rauch oder durch die Wolke, der Strahl der einen mich erleuchtet oder die Flamme des anderen mich erwärmt? Gott auch ist unsichtbar und unbekannt; fühlt man darum weniger die Hand Gottes über die Welt ausgestreckt?

      Ich werde Ihnen nicht sagen, daß ich eine geringe Frau bin; ich sage Ihnen: Ich bin von Adel gewesen, ich bin reich gewesen, ich bin glücklich gewesen; ich bin nichts von alle dem mehr, ich habe von ganzer Seele einen Mann geliebt, der auch mich von ganzer Seele liebte; dieser Mann ist gestorben; die eisige Hand des Schmerzes hat mich meiner weltlichen Kleider entledigt,und mich mit dem heiligen Gewande angethan, ein einstweiliges Gewand, ein Leichenschmuck derer, die nicht mehr leben, und die gleichwohl noch nicht gestorben sind.

      Sehen wir jetzt,wo die Wunde ist.

      Ich bin ins Kloster gegangen,um den zu vergessen der gestorben ist, und mich nur an Gott zu erinnern, und zuweilen vergesse ich Gott, um mich nur dessen zu erinnern, der todt ist

      Deshalb beklage ich mich, deshalb jammere ich; deshalb rufe ich dem Herrn zu, Herr, habe Erbarmen mit mir! O! sagen Sie mir, wie Sie es angefangen haben, um Ihre Seele von diesem Schmerze zu leeren, der sie erfüllte. Haben Sie es ausgeschüttet, wie man einen Becher ausschüttet? Ich thue es so in meinen Gebeten, und nach jedem Gebete finde ich meine Seele noch immer mehr mit irdischer Liebe erfüllt, als vorher, wie als ob sie statt die Bitterkeit auszuschütten,


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