Black. Александр Дюма

Black - Александр Дюма


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er wieder zur Besinnung kam, fühlte er den gebrochenen Fuß in Schienen eingezwängt und befand sich wieder in dem Zimmer des Kapitäns. Bei dem Schimmer der auf dem Nachttische brennenden Lampe sah er den Letzteren vor dem Bett sitzen.

      »Mathilde!« sagte er, nachdem er sich im Zimmer umgesehen hatte. »Wo ist Mathilde?«

      Der Kapitän sprang betroffen auf.

      »Mathilde!« stammelte er; »wozu diese Frage?«

      »Wo ist sie? sie war so eben hier.«

      Hätte Dieudonné in diesem Augenblicke das ehrliche Gesicht seines Freundes betrachtet, so hätte er glauben können, Dumesnil werde ebenfalls in Ohnmacht fallen, so blass war er.

      »Lieber Freund,« antwortete der Kapitän, »Du phantasierst, deine Frau ist gar nicht hier gewesen.«

      Der Chevalier sah Dumesnil mit fieberhaft glühenden Augen an.

      »Und ich sage Dir,« erwiderte er, »dass sie hier vor dem Bett kniete und mir die Hände küsste.

      Der Kapitän nahm alle seine Fassung zusammen, um zu lügen.

      »Du bist von Sinnen,« sagte er. »Madame de la Graverie ist gewiss zu Hause; sie weiß nicht was vorgegangen ist, und hat daher auch keinen Grund, hierher zu kommen.«

      Der Chevalier sank tief seufzend auf das Kissen zurück.

      »Ich hätte geschworen,« sagte er, »dass sie vor einer kleinen Weile hier war, dass sie schluchzend ihre Schuld bekannte, dass sie Dich —«

      Ein Gedanke, vernichtend wie ein Blitzstrahl, durchzuckte den Unglücklichen.

      Er richtete sich mit fast drohender Gebärde auf.

      »Wie heißest Du?« fragte er seinen Freund.

      »Du weißt es ja – Du müsstest denn wieder Phantasien. Ich heiße Dumesnil.«

      »Aber der Taufname?«

      Der Kapitän verstand die Absicht dieser Frage.

      »Louis,« sagte er; »erinnerst Du Dich nicht?«

      »Ja, es ist wahr,« sagte Dieudonné.

      Es war wirklich der einzige Vorname, unter welchem er den Kapitän gekannt hatte, dieser hieß Charles Louis Dumesnil.

      Dann fiel ihm ein, dass Mathilde in ihrer Besorgnis sich wenigstens erkundigen müsse.

      »Aber wenn sie nicht hier ist,« sagte er, »wo ist sie denn?«

      Dann setzte er so leise hinzu, dass ihn Dumesnil kaum verstehen konnte:

      »Wahrscheinlich bei Pontfarcy!« – O, Du weißt, Dumesnil, dass er oder ich fallen muss.«

      »Du wirst nicht fallen, und noch weniger wird er von deiner Hand fallen,« antwortete der Kapitän halblaut.

      »Warum nicht?«

      »Weil er tot ist.«

      »Todt? wie ist er denn zu Tode gekommen?«

      »Durch eine Quart, die ihm in die Brust gedrungen ist.«

      »Wer hat ihn denn erstochen?«

      »Ich, wer sonst?«

      »Du, Dumesnil? Mit welchem Rechte?«

      »Ich hielt mich für berechtigt, ja für verpflichtet, zu verhüten, dass Du einem sichern Tode entgegengingst. Dein Bruder wird vielleicht Trauer anlegen, weil Du lebst; aber er mag schwarz gehen, so lange es ihm beliebt.«

      »Und Du hast ihn gefordert? Du hast ihm gesagt, dass Du Dich für mich schlägst, weil Mathilde mich betrogen hat?«

      »sei nur ruhig, ich habe mich mit Pontfarcy geschlagen, weil er seinen Absinth ohne Wasser trank; ich kann die Leute, die diese abscheuliche ^Gewohnheit haben, nicht aus stehen!«

      Der Chevalier schlang beide Arme um den Hals seines Freundes und drückte ihn zärtlich an sein Herz.

      »Ich habe geträumt!« sagte er.

      Aber der Kapitän, dessen Reue wieder erwachte, entwand sich den Armen des Patienten und setzte sich schweigend in eine Ecke des Zimmers.

      »O Mathilde! Mathilde,« seufzte der Chevalier.

       X

      Wo bewiesen wird, dass Reisen ein Bildungsmittel für die Jugend sind

      Es war beschlossen, dass der Chevalier in der Wohnung Dumesnil’s seine völlige Genesung abwarten sollte. Der Kapitän hatte freilich nur sich selbst in Rat genommen, um diesen Beschluss zu fassen.

      Er ließ den Verwundeten auf seinem Bett und behalf sich mit dem Sofa. Für einen Soldaten, der fast alle Feldzüge unter Napoleon mitgemacht hatte, war dieses Lager nicht übel.

      Der Chevalier schlief in der ersten Nacht keinen Augenblick: die Seelenleiden, zu denen sich noch der Körperschmerz gesellte, erpressten ihm laute Klagen, und von Zeit zu Zeit brach er in Tränen aus.

      Am andern Morgen suchte ihn der Kapitän zu zerstreuen. Er sprach von Unterhaltungen, Studien, neuen Bekanntschaften; aber der Chevalier de la Graverie sprach immer nur von Mathilde und seiner Trostlosigkeit.

      Dumesnil sah wohl ein, dass nur die Zeit den Schmerz seines Freundes heilen könne, und dass es zu seiner Erheiterung notwendig sei, mit ihm, sobald es sein Zustand erlauben würde, auf Reisen zu gehen.

      Der Kapitän, der schon seit einiger Zeit seinen Abschied zu fordern berechtigt war, tat die notwendigen Schritte, um Entlassung zu nehmen und seinen Ruhegehalt zu liquidieren.

      Nach sechs Wochen begann der Chevalier das Bett zu verlassen, denn der Bruch war einfach und die Heilung gut von Statten gegangen. Der Kapitän Dumesnil schlug eine Reise nach Havre vor, wo er Geschäfte habe. Dieudonné hatte das Meer noch nicht gesehen, und sein Freund, dem er ohne Widerrede gefolgt war, führte ihn an Bord eines Paketbootes. Der Chevalier, dem diese Zerstreuung nicht unlieb war, hatte nicht das Mindeste dagegen einzuwenden: aber am Bord erklärte ihm der Kapitän, ihre Überfahrt nach Amerika sei bezahlt, und am andern Morgen um sechs Uhr würden sie absegeln.

      Der Chevalier hörte ihm erstaunt zu, legte der Abreise aber nicht das mindeste Hindernis in den Weg.

      Eines Tags – es war kurz vor der Abreise aus Paris – als ihn sein Freund, vielleicht absichtlich, allein gelassen hatte, war der Chevalier heimlich in sein Hotel gegangen, um Mathilde wiederzusehen, vielleicht um ihr zu verzeihen.

      Der Portier hatte ihm geantwortet, Madame de la Graverie sei einen Tag nach dem Ausbleiben ihres Gemahls abgereist, und man wisse nicht was aus ihr geworden.

      Alle Bemühungen Dieudonné’s, ihren Aufenthalt zu entdecken, hatten ihm nur die Gewissheit gegeben, dass sie Frankreich verlassen.

      Nun erst, nachdem der arme Chevalier die Überzeugung gewonnen hatte, dass Mathilde für ihn verloren war, willigte er in die Abreise nach Havre.

      Vielleicht war Mathilde, der er so gern verziehen hätte, über Havre gereist, und dann war es immerhin möglich, ihre Spur aufzufinden.

      Der Chevalier hatte indes viel von seinem Vertrauen zu dem Geschick verloren, und er zählte nicht viel auf einen glücklichen Zufall.

      Frankreich verließ er ohne Widerstreben; Mathilde war ja nicht mehr in Frankreich.

      Er nahm daher von seiner Kajüte Besitz, ohne ans Land zurückzukehren.

      Am andern Morgen lichtete das Paketboot zur bestimmten Stunde die Anker.

      Während der ganzen Überfahrt war der arme Chevalier seekrank; er dachte an gar nichts mehr und folglich auch nicht an Mathilde.

      Man kam in New-York an.

      Drei Monate vergingen ziemlich erträglich, teils in der groß geräuschvollen Handelsstadt, teils mit Ausflügen in die Umgegend, mit Spazierfahrten auf dem Hudson, mit dem Besuche des Niagarafalls.

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