Moreau. Klabund

Moreau - Klabund


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rief er, »wir wollen »deshalb mit ganzer Seele Soldaten sein, weil wir mit ganzer Seele Bürger sind.«

      Moreau vertiefte sich in den Brunnen^ der Strategie.

      Sein größtes Erlebnis wurde Cäsars Bellum Gallicum.

      Er hatte ihn in der Schule gelesen, unlustig und nachlässig und seiner längst vergessen.

      Nun las er ihn mit den Augen des Soldaten.

      »Cäsar, mein Kamerad«, jauchzte er.

      Besonders beschäftigte ihn bei Cäsar die Anlage des Rheinübergangs. Er konstruierte sich eine kleine Brücke aus Holz und Pappe, ganz nach den Angaben des Feldherrn, und stellte sie auf seinen Tisch.

      Jeden Morgen, wenn er aufwachte, und jeden Abend, wenn er schlafen ging, sah er zuerst die Brücke.

      Diese Brücke ist nur ein Nachbild der Brücke Cäsars, aber ich werde über sie in die Unsterblichkeit schreiten.

      Wir müssen über den Rhein, lachte er glücklich, über den Rhein. Wenn Cäsar über den Rhein ritt, wird auch Moreau über den Rhein reiten und die grünen Fluten werden sich vor ihm teilen, wie einst die Wogen des Roten Meeres vor Mose.

      Moreau übte seine Schar, hingegeben und inbrünstig, zum Waffendienste ein.

      Er erhielt bei der Musterung das Lob, daß wenig alte Truppen die Waffen besser führten als die Freiwilligen von Rennes, Kommandant Victor Moreau.

      Die erste Schlacht Er ergreift die Fahne der Freiwilligen von Rennes und stürmt ihnen voran. Er ist wie ein Wind vor ihnen. Heiß und singend weht er gegen die Feinde.

      Wallendes Rot, schreitendes Blau, rauschendes Gold.

      Volk, mein Volk.

      Er glaubt, er renne in einer Prozession.

      Die Madonna erscheint segnend auf Pulverwolken.

      Der Äther dröhnt in Verkündigung.

      Er rennt. Stolpert. Rennt.

      Als er stehen bleibt und sich umsieht, ist niemand hinter ihm.

      Das Feld ist mit Leichen besprenkelt.

      Wie ein Heuschreckenschwarm nach der Vernichtung ist das Feld mit den Freiwilligen von Rennes bedeckt.

      Die gelben Lupinen leuchten plötzlich in blutroten Blüten.

      Korn schießt blutgesättigt in die Höhe.

      Die Schreie der Verwundeten und Sterbenden schwirren wie heisere Trompetentöne durch die Luft. Es regnet Blut.

      Die Pferde bellen.

      Einer … ganz in der Ferne, ruft: »Mutter.«

      Da faltet Moreau die blaue Fahne von Rennes zusammen und schreitet langsam, den Degen gesenkt, zurück.

      Er weiß, die Schlacht ist verloren.

      General Dumouriez geschlagen.

      Er schreitet langsam über das Feld. Der Letzte der Freiwilligen von Rennes.

      Seine Knie zittern. Er stützt sich auf den Degen wie auf einen Stock. Die Fahne schleift den Boden. Die Madonna entschwand.

      Der Feind schießt nicht mehr.

      Freier Abzug. Moreau knirscht mit den Zähnen. Pfui Teufel.

      Er hat zu früh Viktoria geschrien.

      Schon damals, als er Jeannette einen unschuldigen Kuß raubte.

      Heute wollte er die Welt für Frankreich erobern. Mit einem Haufen Freiwilliger von Rennes. Lächerlich.

      Er kniet vor Dumouriez nieder.

      Dumouriez hat Tränen in den Augen.

      »Stehen Sie auf, Kommandant. Wer vermag etwas gegen Gott.«

      Gequält dachte Moreau: aber ich wollte doch für Gott kämpfen. Habe ich gegen ihn gekämpft?

      Moreau lernt plötzlich das Volk auf sonderbare Art kennen.

      Sind diese Soldaten noch Bürger? Sind das noch Studenten, Kavaliere, kleine Beamte, ehrsame Arbeiter?

      Sind das nicht Strolche? Diebe? Räuber, Schänder und Mörder?

      Ist das noch Volk?

      Wenn man sie nicht in einer Zange hielte, würden sie ausbrechen und sich gegenseitig die Schädel einschlagen.

      Moreau hat sich einen Wintermantel schicken lassen.

      Seine Mutter legt dem Mantel ein paar selbstgestrickte Hausschuhe bei.

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