Der Graf von Monte Christo. Александр Дюма
sind mein Sohn, Dantes,« rief der Greis.
»Sie sind das.Kind meiner Gefangenschaft. Mein Zustand verurteilte mich zum Cölibat; Gott hat Sie mir geschickt, um zugleich den Mann, der nicht Vater, und den Gefangenen, der nicht frei sein konnte, zu trösten.« Und Faria streckte den Arm, der ihm blieb, gegen Dantes aus, und dieser fiel ihm weinend um den Hals.«
Neunzehntes Kapitel.
Der dritte Anfall
Nun, da dieser Schatz, welcher der Gegenstand so langen Nachsinnens des Abbé gewesen war, das zukünftige Glück desjenigen sichern könnte, welchen er wirklich wie seinen Sohn liebte, hatte er in seinen Augen einen doppelten Wert; jeden Tag verweilte er bei dem Betrage dieses Schatzes und setzte Dantes auseinander, was ein Mensch in unseren Zeiten mit einem Vermögen von dreizehn bis vierzehn Millionen seinen Freunden Gutes tun könnte; dann verfinsterte sich das Antlitz von Dantes, denn sein Racheschwur mit vor sein Inneres, und er bedachte, wie viel Schlimmes in unseren Zeiten ein Mensch mit einem Vermögen von dreizehn bis vierzehn Millionen seinen Feinden zuzufügen vermochte.
Der Abbé kannte die Insel Monte Christo nicht, aber Dantes kannte sie, er war oft an dieser Insel vorübergekommen, welche fünf und zwanzig Meilen von Pianosa zwischen Corsica und der Insel Elba liegt, und einmal hatte er daselbst auch angehalten. diese Insel war, ist immer gewesen, und ist noch völlig öde; es ist ein Felsen von beinahe conischer Form, der, wie es scheint, durch irgend einen vulkanischen Ausbruch aus der Tiefe des Abgrundes auf die Oberfläche des Meeres empor getrieben wurde. Dantes entwarf Faria einen Plan der Insel, und Faria gab Dantes Rathschläge über die Mittel, welche anzuwenden wären, um den Schatz wiederzufinden.
Aber Dantes war entfernt nicht so enthusiastisch und vertrauensvoll wie der Greis; allerdings hatte er sich nun überzeugt, daß Faria kein Verrückter war, und die Art, wie er die Entdeckung gemacht; der zu Folge man ihn für einen Wahnwitzigen gehalten hatte, vermehrte noch seine Bewunderung für ihn; er konnte jedoch nicht glauben, daß das vergrabene Gut, angenommen, es habe bestanden, noch bestehe, und wenn er den Schatz auch nicht als chimärisch betrachtete, so betrachtete er ihn doch als abwesend. Doch als wollte das Geschick die Gefangenen ihrer letzten Hoffnung berauben und ihnen begreiflich machen; sie waren zu einer ewigen Gefangenschaft verurteilt, traf sie ein neues Unglück: die Galerie am Rande des Meeres, welche seit langer Zeit einzustürzen drohte, war wieder aufgebaut worden; man hatte die Schichten wiederhergestellt und mit ungeheuren Felsblöcken das von Dantes bereits halb gefüllte Loch verstopft; ohne diese Vorsichtsmaßregel von Dantes, welche dem jungen Manne, wie man sich erinnert, von dem Abbé geraten wurde, wäre ihr Unglück noch viel größer gewesen, denn man hatte ihren Entweichungsversuch entdeckt und sie unzweifelbar getrennt. Eine neue Thüre, stärker, unerbittlicher als die anderen; hatte sich also vor ihnen geschlossen.
»Sie sehen,« sagte Dantes mit sanfter Traurigkeit, zu Faria, »Sie sehen, daß mir Gott sogar das Verdienst dessen, was Sie meine Ergebenheit für Sie nennen, nehmen will. Ich habe Ihnen versprochen, ewig bei Ihnen zu bleiben; und es steht mir nun nicht mehr frei, mein Versprechen zu halten; ich werde den Schatz eben so wenig haben, als Sie, und wir sollen weder der Eine noch der Andere von hier wegkommen. Übrigens mein wahrer Schatz, Freund, derjenige, welcher mich unter den düsteren Mauern dieses Gefängnisses erwartete, ist Ihre Gegenwart, ist unser Zusammensein fünf bis sechs Stunden täglich, trotz unserer Kerkermeister. Es sind die Verstandesstrahlen, die Sie in mein Gehirn ergossen, es sind die Sprachen, die Sie in mein Gedächtnis gepflanzt haben und die nun mit allen ihren philologischen Verzweigungen emportreiben. Die verschiedenen Wissenschaften, die Sie mir durch die tiefen Kenntnisse welche Sie davon besitzen, und durch die Schärfe der Grundsätze, auf welche Sie dieselben zurückführten, so leicht machten, sie sind mein Schatz, Freund, darin haben Sie mich reich und glücklich gemacht. Glauben Sie mir und trösten Sie sich, dies ist für mich mehr wert als Tonnen Goldes und Kisten voll Diamanten, und wären sie auch nicht problematisch wie jene Wolken, die man am Morgen über dem Meere, schweben sieht, die man für festes Land hält, während sie sich verdunsten, verflüchtigen und verschwinden, wenn man ihnen näher kommt. Sie so lange als möglich bei mir haben, Ihre beredte Stimme hören, meinen Geist schmücken, mein Gemüth stählen, meine ganze Organisation zu großen und furchtbaren Dingen fähig machen, wenn ich je frei werde, sie so gut ausführen, daß die Verzweiflung, der ich mich überlassen wollte, als ich Sie kennen lernte, keinen Platz mehr findet, das ist mein Vermögen; und es ist nicht chimärisch, ich habe es Ihnen wirklich zu verdanken, und alle Fürsten der Erde, und wären es lauter Cesare Borgia, vermöchten es mir nicht zu entreißen.«
Die darauf folgenden Tage waren auch für die zwei Unglücklichen, wenn nicht gerade glückliche Tage, doch wenigstens Tage, weiche schnell vergingen. Faria, der so lange Zeit das tiefste Stillschweigen über den Schatz beobachtet hattet kam jetzt bei jeder Gelegenheit darauf zu sprechen. Er blieb, wie er es vorhergesehen, am rechten Arme und am linken Beine gelähmt, und verlor beinahe jede Hoffnung, jemals wieder davon Gebrauch machen zu können; aber er träumte beständig für seinen jungen Gefährten entweder eine Befreiung oder eine Entweichung, und er ergötzte sich dann daran für ihn. Aus Furcht, die Schrift könnte eines Tages verloren gehen, nötigte er Dantes, sie auswendig zu lernen, und Dantes konnte sie auch von dem ersten bis zum letzten Worte auswendig. Dann zerstörte er den zweiten Teil, fest überzeugte daß man den ersten finden und sich desselben bemächtigen könnte, ohne den wahren Sinn zu erraten. Zuweilen gingen ganze Stunden damit hin, daß Faria Dantes Lehren gab, welche ihm am Tage seiner Freiheit ersprießlich sein müßten. Von dem Tage, von der Stunde, von dem Augenblicke seiner Befreiung an sollte er nur noch einen einzigen Gedanken haben, den, Monte Christo durch irgend ein Mittel zu erreichen, dort unter einem Vorwande, der keinen Verdacht erregen würde, zu bleiben, und einmal daselbst, einmal allein, die wunderbaren Grotten wiederzufinden suchen und den bezeichneten Ort zu durchforschen; der bezeichnete Ort war, wie man sich erinnert, der entfernteste Winkel der zweiten Öffnung.
Mittlerweile vergingen die Stunden, wenn nicht rasch, doch wenigstens erträglich; ohne den Gebrauch seiner Hand und seines Beines wiedergefunden zu haben, hatte Faria doch die ganze Schärfe seines Geistes wiedererlangt, und allmälig, außer den von uns erwähnten moralischen Kenntnissen, seinem jungen Gefährten das geduldige und erhabene Gewerbe des Gefangenen beigebracht, der aus nichts etwas zu machen weiß. Faria suchte sich zu beschäftigen, aus Furcht sich altern zu sehen, Dantes aus Furcht, sich seiner beinahe erloschenen Vergangenheit zu erinnern, welche in der Tiefe seines Gedächtnisses schwebte, wie ein fernes in der Nacht sich verlierendes Bild; Alles ging somit wie bei jenen Existenzen; woran das Unglück nichts verändert hat und welche maschinenmäßig und ruhig unter dem Auge der Vorsehung verlaufen. Doch unter dieser ruhigen Oberfläche gab es in dem Herzen des jungen Mannes und in dem des Greises vielleicht viele zurückgehaltene Ergüsse, viele zurückgedämmte Seufzer, welche zu Tage ausgingen; wenn Faria allein war und Edmond sich in seine, Zelle zurückgezogen hatte.
In einer Nacht erwachte Edmond plötzlich und glaubte sich rufen gehört zu haben. Er öffnete die Augen und suchte die dichte Finsternis zu durchdringen. Sein Name oder vielmehr eine klagende Stimme; welche seinen Namen zu artikulieren sich bemühte; gelangte bis zu ihm. Er erhob sich in seinem Bette und horchte; Angstschweiß auf der Stirne. Es unterlag keinem Zweifel mehr; die Klage kam aus dem Kerker seines Gefährten.
»Großer Gott!« murmelte Dantes; »sollte es. .?«
Und er verrückte sein Bett; zog den Stein heraus; eilte in den Gang und gelangte zu dem entgegengesetzten Ende; die Platte war aufgehoben. Bei dem Schimmer der ungestalten, flackernden Lampe, von der wir früher gesprochen haben; sah Edmond den Greis bleich; noch stehend und sich an dem Holze seines Bettes anklammernd. Seine Züge waren verstört durch die Dantes bereits bekannten Symptome; welche ihn so sehr erschreckt hatten; als er sie zum ersten Male wahrnahm.
»Nun; mein Freund,« sagte Faria gelassen»;nicht wahr; Sie begreifen; und ich brauche Ihnen nichts zu erklären?«
Edmond stieß einen schmerzlichen Schrei aus; stürzte völlig den Kopf verlierend nach der Thüre und rief:
»Zu Hilfe! zu Hilfe!«
Faria hatte noch die Kraft; ihn am Arme zurückzuhalten.
»Stille!« sagte er; »oder Sie sind