Der Graf von Monte Christo. Александр Дюма
einer Beziehung mit der Bevölkerung von Marseille zu vermischen, denn sie heirateten unter sich und behielten die Sitten und die Tracht ihres Mutterlandes bei, wie sie die Sprache bei. behalten hatten.
Die Leser müssen uns durch die einzige Straße dieses Dörfchens folgen und mit uns in eines von den Häusern eintreten, denen die Sonne außen die schön braungelbe, den Denkmälern des Landes eigentümliche, Färbung, und eine Lage von Steinmörtel innen die weiße Tinte gegeben hat, welche die einzige Ausschmückung der spanischen Posadas bildet.
Ein junges Mädchen mit rabenschwarzen Haaren und Augen sammetartig, wie die der Gazelle, stand an eine Wand gelehnt und zerknitterte mit ihren zart zugespitzten Fingern ein unschuldiges Heidekraut, von dem sie die Blumen abriß und dessen Stücke sie auf dem Boden umher streute. Ihre bis an den Ellbogen entblößten Arme, weiche zwar gebrannt waren, aber nach denen der Venus von Arles geformt zu sein schienen, bebten von einer gewissen fieberhaften Ungeduld, und sie schlug mit ihrem geschmeidigen, schön gebogenen Fuße auf die Erde, so daß man halb die reine, stolze kühne Form ihres in einen baumwollenen Strumpf mit grau und roten Zwickeln eingeschlossenen Beines sah.
Drei Schritte von ihr auf einem Stuhle sitzend, den er hin und her wiegte, den Ellbogen auf einen wurmstichigen Schrank gestützt, betrachtete sie ein großer Bursche von zwanzig bis einundzwanzig Jahren mit einer Miene in der sich Unruhe und Trotz bekämpften; Seine Augen fragten, aber der feste, entschiedene Blick des jungen Mädchens beherrschte den Jüngling.
»Laßt hören, Mercedes,« sagte der junge Mann, »Ostern kommt wieder, es ist die Zeit, Hochzeit zu machen, antwortet mir?«
»Ich habe Euch hundert Mal geantwortet, Fernand; und Ihr müßt in der Tat Euer eigener Feind sein, daß Ihr mich noch ein Mal befragt!«
»Nun, wiederholt es, ich bitte Euch, wiederholt es noch ein Malz daß ich es endlich glauben kann. Sagt mir zum hundertsten Male, daß Ihr eine Liebe ausschlagt, die Euere Mutter billigte. Macht mir begreiflich, daß Ihr mit meinem Glücke Euer Spiel treibt, daß mein Leben und mein Tod nichts für Euch und sind. Ach mein Gott, mein Gott! zehn Jahre lang geträumt haben, Euer Gatte zu werden, und diese Hoffnung verlieren, welche der einzige Zweck meines Lebens war!«
»Ich bin es wenigstens nicht gewesen, die Euch in dieser Hoffnung ermutigt hat, Fernand,« antwortete Mercedes. Ihr habt mir keine einzige Coquetterie in dieser Hinsicht vorzuwerfen. Stets sagte ich Euch: Ich liebe Euch wie meinen Bruder: fordert aber nie etwas Anderes von mir, als diese brüderliche Liebe; denn mein Herz gehört einem Anderer. Ich habe Euch das immer gesagt. Fernand.«
»Ja, ich weiß es wohl. Mercedes,« antwortete der junge Mann. »Ja, Ihr habt Euch mir gegenüber das grausame Verdienst der Offenherzigkeit gegeben. Aber vergeßt Ihr, daß bei den Cataloniern das heilige Gesetz besteht, sich nur unter einander zu heiraten?«
»Ihr täuscht Euch, Fernand, es ist kein Gesetz, es ist eine Gewohnheit, und nichts weiter. Führt diese Gewohnheit nicht zu Euren Gunsten an. Ihr seid der Conscription verfallen. Die Freiheit, die man Euch läßt, ist eine einfache Duldung. Jeden Augenblick könnt Ihr unter die Fahne gerufen werden. Seid Ihr einmal Soldat, was wird aus mir werden? aus einem armen traurigen, vermögenlosen Mädchen, das als einzige Habe nur eine baufällige Hütte besitzt, in der ein paar abgenutzte Netze hängen, . .die elende Erbschaft von meinem Vater meiner Mutter, von meiner Mutter mit hinterlassen! Seit einem Jahre, daß sie tot ist, lebe ich beinahe von der öffentlichen Wohlthätigkeit. Zuweilen gebt Ihr Euch den Anschein, als ob ich Euch nützlich wäre, um das Recht zu haben, Euren Fischfang mit mir zu teilen. Ich nehme es an. Fernand, weil Ihr der Sohn eines Bruders von meinem Vater seid, weil wir mit einander erzogen worden sind, und mehr noch als alles Dies, weil es Euch zu viel Kummer machen würde, wenn ich es ausschlüge; aber ich fühle wohl, daß der Fisch, den ich verwerte, und wovon ich das Geld beziehe, mit dem ich den Hanf kaufe, welchen ich spinne, ich fühle es wohl, Fernand. daß er ein Almosen ist.«
»Und was liegt daran. Mercedes. wenn Ihr. arm und vereinzelt, wie Ihr seid, mir besser zusagt. als die Tochter des stolzesten Reeders und des reichsten Banquier von Marseille! Was brauchen wir Leute? ein ehrliches Weib, eine gute Hauswirthin. Wo sollte ich in diesen beiden Beziehungen etwas Besseres finden, als Ihr seid?«
»Fernand.« antwortete Mercedes den Kopf schüttelnd. »man wird eine schlechte Hauswirthin und kann nicht dafür stehen. daß man eine ehrliche Frau bleibt, wenn man einen andern Mann liebt, als seinen Gatten. Begnügt Euch mit meiner Freundschaft. denn ich wiederhole Euch, das ist Alles, was ich Euch versprechen kann, und ich verspreche nur das, was ich geben zu können sicher bin.«
»Ja. ich begreife.« sagte Fernand. »Ihr ertragt geduldig Eure Armut, aber ihr habt bange vor der meinigen. Nun wohl. Mercedes. von Euch geliebt, werde ich mich aufzuschwingen suchen. Ihr bringt mir Glück, und ich werde reich. Ich kann mein Fischergewerbe ausdehnen. ich kann als Commis in ein Comptoir eintreten, ich kann sogar Kaufmann werden!«
»Ihr könnt von allem Dem nichts versuchen. Fernand. Ihr seid Soldat. und wenn Ihr unter den Cataloniern weilt. so ist dies nur der Fall, weil gegenwärtig kein Krieg geführt wird. Bleibt also Fischer, haltet Euch fern von den Träumen, die Euch die Wirklichkeit nur noch furchtbarer erscheinen lassen würden, begnügt Euch mit meiner Freundschaft. da ich Euch nichts Anderes geben kann.«
»Ihr habt Recht, Mercedes, ich werde Seemann. Ich habe dann statt der Tracht unserer Väter, die Ihr verachtet, einen gefirnißten Hut, ein gestreiftes Hemd und ein blaues Wamms mit Ankern auf den Knöpfen. Muß man nicht so gekleidet sein. um Euch zu gefallen?«
»Was wollt Ihr damit sagen?« fragte Mercedes und schleuderte ihm einen gebieterischen Blick zu. »Was wollt Ihr damit sagen, ich verstehe Euch nicht.«
»Ich will damit sagen. Mercedes. daß Ihr nur so grausam und hart gegen mich seid. weil Ihr Einen erwartet, der auf diese Art gekleidet ist. Aber der Mann, den Ihr erwartet. ist vielleicht unbeständig. und wenn er es nicht ist, so ist es das Meer für ihn.«
»Fernand.« rief Mercedes. »ich hielt Euch für gut. aber ich täuschte mich! Ihr habt ein schlechtes Herz, daß Ihr mit.Eurer Eifersucht den Zorn des Himmels herabruft. Nun wohl, ja. ich verstelle mich nicht: ich erwarte und liebe denjenigen, welchen Ihr meint, und wenn, er nicht zurückkehrt. so werde ich. statt die Unbeständigkeit anzuklagen, die Ihr bezeichnet, behaupten. er sei mich liebend gestorben.«
Der junge Catalonier machte eine Gebärde der Wut.
»Ich verstehe Euch. Fernand, Ihr werdet Euch dafür rächen., daß ich Euch nicht liebe. Ihr werdet Euer catalonisches Messer mit seinem Dolche kreuzen! Wozu soll Euch das führen? Dazu. daß Ihr meine Freundschaft verliert, wenn Ihr besiegt werdet, daß Ihr meine Freundschaft sich in Haß verwandeln seht, wenn Ihr Sieger seid. Glaubt mir, Streit, mit einem Manne suchen, ist ein schlechtes Mittel, der Frau zu gefallen, die diesen Mann liebt. Nein, Fernand, Ihr werdet Euch nicht so durch Eure, schlimmen Gedanken hinreißen lassen. Da Ihr mich nicht als Frau besitzen könnt, so werdet Ihr Euch begnügen. mich zur Freundin und zur Schwester zu haben, und überdies,« fügte sie mit unruhigen. Tränenfeuchten Augen bei, »wartet, Fernand: Ihr habt so eben gejagt. das Meer sei treulos; und er ist schon vier Monate abgereist, seit vier Monaten habe ich viele Stürme gezählt.«
Fernand blieb unempfindlich. Er suchte nicht die Tränen zu trocknen, welche über die Wangen von Mercedes herabrollten, und dennoch hätte er für jede von ihrer Tränen ein Glas von seinem Blute gegeben: aber diese Tränen flossen nicht für ihn.
Er stand auf, ging in der Hütte umher, kehrte zurück, blieb mit düsterem Auge und geballten Fäusten vor Mercedes stehen und sagte:
»Laßt hören. Mercedes, noch ein Mal, antwortet; steht Euer Entschluß fest?«
»Ich liebe Edmond Dantes,« antwortete kalt das junge Mädchen. »und kein Anderer als Edmond soll mein Gatte werden.«
»Und Ihr werdet ihn immer lieben?«
»So lange ich lebe.«
Fernand ließ das Haupt sinken wie ein entmutigter Mensch und stieß einen Seufzer aus. Dann plötzlich die Stirne wieder erhebend, die Zähne zusammengepreßt und die Nase weit ausgedehnt. rief er:
»Aber wenn er tot ist?«
»Wenn er tot ist.