Der Page des Herzogs von Savoyen. Александр Дюма

Der Page des Herzogs von Savoyen - Александр Дюма


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nicht zu gebrauchen wagte. Wozu? Damit Ihr nicht als Strauchdieb und Wegelagerer gehangen, sondern als ein Edelmann enthauptet werdet.«

      »Man hat mir mit der Folter gedroht, um mich zum Reden zu bringen,« sagte der Gefangene, »man bringe mich dahin.«

      »Die Folter würde eine unnöthige Grausamkeit seyn; Ihr würdet sie ertragen und nicht sprechen; Ihr würdet verstümmelt, aber nicht besiegt werden; Ihr würdet euer Geheimniß bewahren und die Schande euern Peinigern lassen. Nein, das will ich nicht, ich will Vertrauen und Wahrheit; Ihr sollet mir, dem Edelmanne, dem General und Fürsten, sagen, was Ihr einem Priester sagen würdet, und wenn Ihr mich für unwürdig haltet, Euch anzuhören, so seyd Ihr unwürdig, mit mir zu sprechen, so seyd ihr einer der Elenden, unter die ich Euch nicht rechnen wollte, so habt Ihr unter dem Einflusse einer niedrigen Leidenschaft gehandelt, die Ihr nicht eingestanden so…«

      Der Gefangene richtete sich auf und unterbrach den Fürsten mit den Worten:

      »Ich heiße Odoardo Maraviglia; erinnert Euch und hört auf mich zu beleidigen.«

      Bei dem Namen Odoardo Maraviglia glaubte Emanuel einen nicht völlig erstickten Aufschrei in dem andern Theile des Zeltes zu vernehmen, gewiß aber bewegte sich die Zeltwand.

      Auch in Emanuel hatte dieser Name Erinnerungen aufgerufen.

      Dieser Name hatte dem Kriege, welcher ihm seine Staaten gekostet, als Vorwand gedient.

      »Odoardo Maraviglia,« sagte er, »wäret Ihr der Sohn des französischen Gesandten in Mailand, Franceseo Maraviglia?«

      »Ich bin dessen Sohn.«

      Emanuel blickte in die Ferne seiner Jugend zurück; er fand da jenen Namen, aber derselbe klärte die jetzige Lage nicht auf.

      »Euer Name,« sagte Emanuel, »ist allerdings der eines Edelmannes, aber er erinnert mich an nichts, das mit dem Verbrechen in Verbindung stünde, dessen Ihr beschuldigt seyd.«

      Odoardo lächelte verächtlich.

      »Fragt den Kaiser,« sagte er, »ob er in seinen Erinnerungen so wenig findet als Ihr.«

      »Zur Zeit,« entgegnete Emanuel, »als der Graf Francesco Maraviglia verschwand, war ich noch ein Kind, ich war kaum acht Jahre alt; es ist also kein Wunder, daß ich über das Verschwinden nicht genau unterrichtet bin, das, wie ich glaube, für Jedermann ein Geheimniß geblieben ist.«

      »Dieses Geheimniß will ich Euch aufklären… Ihr wisset, welch erbärmlicher Fürst der letzte Sforza war, der unaufhörlich zwischen Franz I. und Carl V. hin und her schwankte, nachdem der Sieg den Einen oder den Andern begünstigte. Mein Vater, Francesco Maraviglia, wurde von dem Könige Franz l. zu ihm gesandt. Es war im Jahre 1534. Der Kaiser war in Afrika beschäftigt; der Churfürst von Sachsen hatte Friede mit dem Könige von Rom geschlossen; Clemens VII. hatte Heinrich VIII. von England in den Bann gethan, und alles wendete sich also in Italien zum Nachtheile des Kaisers, Sforza wandte sich wie alle, verließ Carl V., dem er noch vierhunderttausend Ducaten zu zahlen hatte, und überließ sich ganz dem außerordentlichen Gesandten des Königs Franz I.. Das war ein großer Triumph; Francesco Maraviglia beging die Unvorsichtigkeit, sich dessen zu rühmen; die Worte, die er gebraucht hatte, drangen über das Meer und gelangten zu Carl V. vor Tunis. Das Glück ist wankelmüthig, zwei Monate darauf starb Clemens VII., welcher die Stütze der Franzosen in Italien war; Tunis fiel in die Hände Carls V. und der Kaiser gelangte mit seinem siegreichen Heere nach Italien. Ein Opfer zur Sühne mußte fallen und das Schicksal bezeichnete als solches Francesco Maraviglia. In Folge eines Streites mit gemeinen Leuten wurden zwei Mailänder von den Dienern des Grafen Maraviglia getödtet. Der Herzog wartete nur auf einen Vorwand, um sein Wort zu lösen, das er dem Kaiser gegeben hatte. Der Mann, welcher in Mailand seit einem Jahre mehr galt als der Herzog selbst, wurde wie ein gemeiner Uebelthäter verhaftet und in die Citadelle gebracht. Meine Mutter war da und sie hatte meine Schwester bei sich, ein Kind von vier Jahren; ich war in Paris im Louvre unter den Pagen des Königs Franz I. Man riß den Grafen aus den Armen meiner Mutter und schleppte ihn fort, ohne der armen Frau zu sagen, was man mit ihrem Gatten vornehmen wolle oder wohin man ihn führe. Es vergingen acht Tage, in welchen die Gräfin trotz allen ihren Bemühungen nichts von dem Schicksale ihres Gatten erfahren konnte. Maraviglia war unermeßlich reich, wußte man, seine Frau konnte seine Freiheit mit großen Summen erkaufen. In einer Nacht klopfte ein Mann an die Thür des Palastes meiner Mutter man öffnete ihm und er verlangte, ohne Zeugen mit der Gräfin zu sprechen. Unter den Umständen, in welchen sie sich befand, war alles wichtig. Meine Mutter hatte durch ihre Freunde, die Franzosen, in der Stadt bekannt machen lassen, sie werde dem fünfhundert Ducaten zahlen, welcher ihr mit Bestimmtheit sage, wo ihr Gatte sey. Wahrscheinlich kam also der Mann, der ohne Zeugen mit ihr sprechen wollte, um ihr Nachricht von dem Grafen zu geben, und wollte vor Verrath sicher seyn. Sie irrte sich auch nicht. Der Mann war einer der Gefängnißwärter der Citadelle von Mailand, und er sagte ihr nicht nur, wo mein Vater war, sondern brachte ihr sogar einen Brief von ihm. Als meine Mutter die Handschrift erkannte, zahlte sie dem Manne die fünfhundert Dukaten aus. Der Brief meines Vaters meldete seine Verhaftung, äußerte aber keine besonderen Besorgnisse. Meine Mutter antwortete, mein Vater möge über sie verfügen, ihr Leben und Vermögen stünden bereit. Es vergingen wieder fünf Tage. Da klopfte in der Nacht derselbe Mann; man öffnete ihm und er wurde sogleich zu meiner Mutter, geführt. Die Lage des Gefangenen hatte sich verschlimmert: er war in ein anderes Gefängniß gebracht worden; sein Leben stand in Gefahr, wie der Mann sagte. Wollte er der Gräfin eine hohe Summe ablocken oder sagte er die Wahrheit? Nur Eines von Beiden konnte wahr seyn. Die Furcht siegte in dem Herzen meiner Mutter und der Mann sprach so ehrlich. Sie gab ihm noch einmal die Summe wie das erste Mal und sagte ihm, er möge darüber nachdenken, wie der Graf entfliehen könne. Der Fluchtplan wurde entworfen, der Mann erhielt fünftausend Ducaten baar und sobald der Graf frei sey, sollte er noch zwanzigtausend erhalten. Der Mann versprach über Alles reiflich nachzudenken. Die Gräfin erkundigte sich selbst wie die Sache stünde; sie hatte Freunde in der Umgebung des Herzogs und so erfuhr sie, daß die Umstände noch schlimmer wären, als der Kerkermeister gesagt hatte. Es sollte dem Grafen der Prozeß als Spion gemacht werden. So wartete sie denn ungeduldig auf den Besuch des Mannes aus dem Gefängnisse; sie kannte dessen Namen nicht einmal und würde sie nicht den Mann und sich selbst ins Unglück gestürzt haben, wenn sie seinen Namen gekannt und ihn zu sich beschieden hätte? Etwas beruhigte sie einigermaßen, der Prozeß nemlich, von dem die Rede war. Wessen konnte man meinen Vater anklagend. Des Todes der beiden Mailänder? Das war eine Sache zwischen den Dienern und den Bauern, mit welcher ein Edelmann, ein Gesandter nichts zu schaffen hatte. Einige Stimmen sagten freilich leise, es würde gar nicht zu einem Prozesse kommen und das waren gewiß die beunruhigendsten, denn sie gaben zugleich zu verstehen, daß der Graf trotzdem verurtheilt werden würde. In einer Nacht endlich hörte meine Mutter an die Thür pochen; sie kannte bereits die Art wie der nächtliche Besucher klopfte, und sie erwartete ihn an der Schwelle ihres Schlafzimmers. Er redete sie noch geheimnißvoller als gewöhnlich an; er hatte, wie er sagte, ein Mittel zur Flucht gefunden und schlug es der Gräfin vor. Das Mittel bestand in Folgendem: der Kerker des Gefangenen wurde von der Wohnung des Schließers durch einen andern Kerker getrennt, welcher auf eine eiserne Thür stieß. Der Schließer hatte den Schlüssel zu diesem zweiten Kerker wie zu dem ersten. Er schlug also vor, die Mauer seiner Stube hinter dem Bette zu durchbrechen und zwar an einer Stelle, welche allen Blicken verborgen bleiben könnte. Aus dieser Oeffnung gelange man in den leeren Kerker und aus diesem zu den des Grafen. Nachdem dem Grafen die Ketten abgenommen worden, gehe er aus seinem Kerker in den leeren und aus diesem in die Stube des Schließers. Hier würde er eine Strickleiter finden und auf derselben in den Graben, an der dunkelsten und einsamsten Stelle hinuntersteigen; hundert Schritte von der Mauer erwarte den Grafen ein Wagen und bringe ihn so rasch als möglich aus den Staaten des Herzogs. Der Plan war gut: die Gräfin nahm ihn an, nur fürchtete sie, daß man sich in Bezug auf den Grafen täusche, daß man ihr sage, er sey gerettet und doch in der Gefangenschaft bleibe; sie verlangte deshalb bei der Flucht zugegen seyn zu dürfen. Der Schließer hielt ihr entgegen wie schwierig es sey, sie in die Feste hineinzubringen, aber die Gräfin hob diese Schwierigkeit mit einem Worte. Sie hatte für sich und ihre Tochter die Erlaubniß erlangt, ihren Mann zu besuchen und von derselben noch keinen Gebrauch gemacht. An dem für die Flucht bestimmten Tage also wollte sie gegen Abend in die Feste gehen und den


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