Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4. Александр Дюма

Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4 - Александр Дюма


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daß Sie mich Ihre Schwester nennen können. Versuchen Sie es, Sie werden mich nicht erröthen sehen.

      »Ich lege diese Schrift in Ihre Hand; es ist das Pfand meiner Dankbarkeit; es ist die Mitgift, die ich Ihnen schenke.

      »Ihr Herz ist das edelste von allen Herzen; es wird mir Dank wissen für das Geschenk, das ich Ihnen biete.

»Marie Antoinette.«

      Die Königin stieß einen Seufzer kleinmüthiger Niedergeschlagenheit aus.

      »Ja, ich begreife,« sagte Andrée, »weil ich dieses Billet verbrannte, glaubten Sie, ich habe es vergessen?  . . .Nein, nein, Madame, Sie sehen, daß ich jedes Wort behalten habe, und je mehr Sie sich nicht mehr desselben zu entsinnnen schienen, desto mehr erinnerte ich mich.«

      »Oh! verzeih mir, verzeih mir, Andrée  . . .Ich glaubte, er liebe Dich.«

      »Sie glaubten also, es sei ein Gesetz des Herzens, daß er, wenn er Sie weniger liebe, Madame, eine Andere lieben müsse?«

      Andrée hatte so viel gelitten, daß sie ebensalls grausam wurde.

      »Sie auch, Sie haben also auch bemerkt, er liebe mich weniger?« sagte die Königin mit einem Ausdruck des Schmerzes.

      Andrée antwortete nicht. Sie schaute nur die Königin erstaunt an, und etwas wie ein Lächeln trat aus ihre Lippen.

      »Aber was soll ich thun, mein Gott, was soll ich thun, um diese Liebe, das heißt mein Leben, das entschwindet, zurückzuhalten? Oh! wenn Du das weißt, Andrée, meine Schwester, meine Freundin, sage es mir, ich flehe Dich an, ich beschwöre Dich!  . . .« rief die Königin.

      Und sie streckte ihre beiden Hände gegen Andrée aus.

      Andrée wich einen Schritt zurück.

      »Kann ich das wissen, Madame,« erwiederte sie, »ich, die er nie geliebt hat?«

      »Ja, aber er kann Dich lieben  . . .Eines Tages kann er Dir aus den Knieen Abbitte thun, er kann Dich um Verzeihung anflehen für Alles, was er Dich hat leiden lassen; und, mein Gott! die Leiden sind so schnell in den Armen desjenigen, welchen man liebt, vergessen! Die Verzeihung ist so rasch demjenigen, welcher uns hat leiden lassen, bewilligt!«

      »Wohl denn! kommt dieses Unglück, – ja das wäre wahrscheinlich ein Unglück für Beide, Madame; – vergessen Sie, daß ich, ehe ich die Frau von Charny würde, ihm ein Geheimniß mitzutheilen, ein Geständniß zu machen hätte, ein erschreckliches Geheimniß, ein gräßliches Geständniß, welches auf der Stelle diese Liebe, die Sie fürchten, tödten würde? Vergessen Sie, daß ich ihm zu erzählen hätte, was ich Ihnen erzählt habe?«

      »Sie würden ihm sagen, Sie seien von Gilbert entehrt worden? . . . Sie würden ihm sagen, Sie haben ein Kind?«

      »Ja, wahrhaftig, Madame,« erwiederte Andrée, »für wen halten Sie mich denn, daß Sie einen solchen Zweifel offenbaren?«

      Die Königin athmete.

      »Sie würden also nichts thun, um es zu versuchen, Herrn von Charny zu Ihnen zurückzuführen?« fragte sie.

      »Nein, Madame, ebenso wenig in der Zukunft, als ich in der Vergangenheit etwas gethan habe.«

      »Werden Sie ihm nicht sagen, werden Sie ihn nicht vermuthen lassen, daß Sie ihn lieben?«

      »Wenn er nicht kommt und mir sagt, er liebe mich, nein, Madame.«

      »Und wenn er Ihnen sagt, er liebe Sie, wenn Sie ihm sagen, Sie lieben ihn, Sie schwören mir  . . .«

      »Oh! Madame,« unterbrach Andrée die Königin.

      »Ja,« sprach die Königin, »ja, Sie haben Recht, Andrée, meine Schwester, meine Freundin, und ich bin ungerecht, anspruchsvoll, grausam. Oh! doch wenn Alles mich verläßt, Freunde, Macht, Ruf, dann möchte ich wenigstens, daß diese Liebe, der ich Ruf, Macht, Freunde opfern würde, mir bliebe.«

      »Und nun, Madame,« sagte Andrée mit der eisigen Kälte, welche sie nicht einen Augenblick verlassen halte, als sie von den von ihr ausgestandenen Qualen sprach; »haben Sie noch über einen andern Gegenstand Auskunft zu verlangen  . . .haben Sie mir einige neue Befehle zu ertheilen?«

      »Nein, ich danke. Ich wollte Ihnen meine Freundschaft wiedergeben, und Sie schlagen Sie aus  . . .Leben Sie wohl, Andrée; nehmen Sie wenigstens meine Dankbarkeit mit.«

      Andrée machte mit der Hand eine Geberde, welche dieses zweite Gefühl ebenso zurückzustoßen schien, wie sie das erste zurückgestoßen hatte, und nach einer kalten, tiefen Verneigung ging sie langsam und stillschweigend wie eine Erscheinung hinaus.

      »Oh! Du hast sehr Recht, Eiskörper, Demantherz, Feuerseele, daß Du weder meine Dankbarkeit, noch meine Freundschaft willst; ich fühle es, – und ich bitte den Herrn deshalb um Verzeihung – ich hasse Dich, wie ich nie einen Menschen gehaßt habe  . . .denn wenn er Dich nicht liebt  . . .oh! ich bin fest überzeugt, er wird Dich eines Tags lieben!, . .«

      Dann rief sie Weber und fragte ihn:

      »Weber, hast Du Herrn Gilbert gesehen?«

      »Ja, Eure Majestät,« antwortete der Kammerdiener.

      »Um welche Stunde wird er morgen früh kommen?«

      »Um zehn Uhr, Madame.«

      »Es ist gut, Weber; sage meinen Frauen, ich werde heute Abend ohne sie zu Bette gehen, und leidend und müde wie ich bin, wünsche ich, daß man mich morgen bis zehn Uhr schlafen lasse  . . .Die erste und einzige Person, die ich empfange, wird der Doctor Gilbert sein.«

       XXVI

      Der Bäcker François

      Wir werden es versuchen, zu schildern, wie diese Nacht für die zwei Frauen verlief.

      Erst um neun Uhr finden wir die Königin wieder, die Augen durch die Thränen geröthet, die Wangen durch die Schlaflosigkeit gebleicht. Um acht Uhr, das heißt bei Tagesanbruch, denn man befand sich in der traurigen Jahreszeit, in der die Tage kurz und düster sind, um acht Uhr hatte sie das Bett verlassen, wo sie vergebens während der ersten Stunden der Nacht Ruhe gesucht, und wo sie während der letzten nur einen fieberhaften, bewegten Schlaf gesunden.

      Seit einigen Augenblicken, obgleich nach den gegebenen Befehlen Niemand in ihr Zimmer zu treten wagte, hörte sie um ihre Wohnung das Hin- und Herlaufen, das plötzliche Gelärme und das anhaltende Geräusch, was anzeigt, daß außen etwas Ungewöhnliches vor sich geht.

      In diesem Augenblick war die Toilette der Königin beendigt; die Pendeluhr schlug die neunte Stunde.

      Mitten unter allen diesen verworrenen Geräuschen, welche in den Gängen zu laufen schienen, hörte sie die Stimme von Weber Stillschweigen fordern.

      Sie rief dem getreuen Kammerdiener.

      Auf der Stelle hörte jedes Geräusch auf.

      Die Thüre öffnete sich.

      »Was gibt es denn, Weber?« fragte die Königin; »was geht denn im Schlosse vor, und was bedeuten alle diese Geräusche?«

      »Majestät,« erwiederte Weber, »es scheint, es ist Lärmen aus der Seite der Cité.«

      »Lärmen!« versetzte die Königin, »und aus welchem Anlaß?«

      »Man weiß es noch nicht, Majestät, doch man sagt, es bilde sich ein Ausstand wegen des Brodes.«

      Früher wäre der Königin der Gedanke nicht gekommen, es gebe Leute, welche Hungers sterben; aber seitdem sie aus der Fahrt von Versailles den Dauphin Brod von ihr hatte fordern hören, ohne daß sie ihm geben konnte, begriff sie, was die Hungersnoth war.

      «Arme Leute!« murmelte sie, indem sie sich der Worte, die sie aus dem Wege gehört, und der Erklärung erinnerte, die ihr Gilbert von diesen Worten gegeben hatte. »Arme Leute! sie sehen nun wohl, daß es weder die Schuld des Bäckers, noch die der Bäckerin ist, wenn sie kein Brod haben.«

      Dann fragte sie laut:

      »Und befürchtet man, es werde ernst?«

      »Ich


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