Die Zwillingsschwestern von Machecoul. Александр Дюма

Die Zwillingsschwestern von Machecoul - Александр Дюма


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geblasen!« commandirte der General. »Die Fackeln ausgelöscht!»

      Dann sagte er leise zum Capitän, »Lassen Sie die vierzig Mann von drüben herüberkommen; wir werden vielleicht alle unsere Leute brauchen.«

      In wenigen Augenblicken waren die Soldaten um ihren Anführer versammelt.

      Fünf bis sechs Schüsse krachten noch von einigen Felsenspitzen. Ein Grenadier fiel, das Pferd eines Husaren bäumte sich, von einer Kugel in die Brust getroffen, und stürzte zusammen.

      »Vorwärts!« commandirte der General. »Mille tonnerres! Wir wollen doch sehen, ob die Nachtvögel uns erwarten!«

      Er begann nun an der Spitze seiner Soldaten die Böschung der Schlucht so rasch zu erklimmen, daß die kleine Truppe trotz der Dunkelheit, welche das Steigen erschwerte, trotz der mitten unter die Soldaten schlagenden Kugeln, welche noch zwei Mann verwundeten, die Höhe in wenigen Augenblicken erreichte.

      Die Feinde hörten nun sogleich auf zu feuern, und wenn einige sich noch rührende Ginstersträuche nicht Zeugnis gegeben hätten von dem raschen Rückzuge der Chouans, so hätte man glauben können, diese wären in die Erde versunken.

      »Ein trauriger Krieg!« sagte der General, den Kopf schüttelnd. »Unser Unternehmen kann jetzt nicht mehr gelingen. Aber versuchen wollen wir’s wenigstens. Souday liegt ja auf dem Wege nach Machecoul, und dort erst können wir unsere Leute ausruhen lassen.«

      »Aber wir brauchen einen Führer,« sagte der Capitän.

      »Einen Führer? Sehen Sie jenes Licht dort?«

      »Nein, Herr General.«

      »Aber ich sehe es. Jenes Licht, welches etwa fünfhundert Schritte entfernt seyn mag, deutet auf eine Hütte und diese auf einen Bauer mit Weib und Kind. Der Bewohner dieser Hütte muß uns den Weg durch den Wald zeigen.

      Und mit einem Tone, der dem Bewohner der Hütte nichts Gutes verhieß, befahl der General den Weitermarsch, nachdem er seine Plänklerlinien so weit ausgedehnt hatte, wie es ihm die persönliche Sicherheit seiner Leute gestattete.

      Der General hatte mit seiner kleinen Schaar die Höhe noch nicht verlassen, als ein Mann aus dem Wasser hervorkam, eine kleine Weile hinter einem Weidenbaume lauschte und dann in den Büschen fortschlich.

      Er hatte offenbar die Absicht, denselben Weg einzuschlagen, den die Soldaten genommen hatten.

      Als er ein Büschel Heidekraut faßte, um den Felsen zu erklimmen, hörte er ein leises Aechzen. Jean Oullier – denn er war es – ging auf die Stelle zu, wo er die Klagetöne gehört hatte. Je näher er kam, desto kläglicher wurde das Winseln.

      Er bückte sich, streckte die Hand aus und fühlte eine weiche warme Zunge, die ihm die Hand beleckte.

      »Pataud, mein armer Pataud!« flüsterte der Vendéer. Es war wirklich der Hund, der mit der letzten Anstrengung seiner Kräfte die Jacke seines Herrn an’s Ufer schleppte und sich darauf gelegt hatte, um zu sterben.

      Jean Oullier zog seine Jacke unter dem Hunde hervor und rief Pataud.

      Pataud winselte gar kläglich, aber ging nicht von der Stelle.

      Jean Oullier nahm den Hund auf den Arm, um ihn fortzutragen, aber der Hund machte keine Bewegung mehr. Die Hand, mit welcher der Vendéer das arme Thier hielt, wurde mit einer lauen, klebrigen Flüssigkeit benetzt. Der Vendèer hielt die Hand an die Lippen und erkannte den faden Geschmack des Blutes.

      Er versuchte vergebens dem Hunde die Zähne auseinander zu brechen. Pataud war todt; sein Herr, den er gerettet, war eben noch zeitig genug gekommen, um seine letzten Liebkosungen zu empfangen.

      Der Vendéer vermuthete, daß der Hund schon vor dem Sprunge ins Wasser verwundet gewesen sey; denn Pataud war schon zuvor matt und kraftlos gewesen.

      »Morgen wirds Tag,« sagte Jean Oullier, »und wehe dem, der meinen armen Hund getödtet hat!«

      Er legte seinen todten Liebling sorgfältig in einen Busch und eilte den Hügel hinan.

      VII.

      Wem die Hütte gehörte

      Die Hütte, auf welche der General den Capitän aufmerksam gemacht hatte, war von zwei Haushaltungen bewohnt. Die beiden Familienväter waren die Brüder Joseph und Pascal Picaut.

      Der Vater dieser beiden Brüder hatte 1792 an dem ersten Aufstande in der Landschaft Retz theilgenommen. Er hatte sich zu dem blutdürstigen Souchu gesellt, wie der Pilotenfisch dem Hai, der Schakal dem Löwen folgt, und war bei den furchtbaren Metzeleien am linken Ufer der Loire thätig gewesen. Mit Charette schmollte er, weil dieser neue Anführer nur auf dem Schlachtfelde Blut vergießen wollte; er verließ seine Division und trat in die von dem schonungslosen Jolly, dem alten Chirurgen aus Machecoul befehligte Abtheilung des Insurgentenheeres.

      Aber Jolly, der das Bedürfnis der Eintracht erkannte, und das militärische Talent des Befehlshabers der unteren Vendée ahnte, stellte sich unter den Befehl Charette‘s, und Picaut sagte sich wieder von seinen Cameraden los, um unter Stofflet zu kämpfen.

      Am 25. Februar 1796 wurde Stofflet mit zwei Adjutanten und zwei Soldaten, die er bei sich hatte, auf dem Meierhofe Poitevinière gefangen genommen.

      Der Vendéerhäuptling und die beiden Offiziere wurden erschossen, die beiden Bauern in ihre Dörfer zurückgeschickt.

      Picaut, der eine dieser beiden Bauern, hatte sein Haus seit zwei Jahren nicht gesehen.

      Er fand zwei große kräftige Jünglinge, die ihn jubelnd empfingen.

      Es waren seine beiden Söhne.

      Der ältere war siebzehn, der jüngere sechzehn Jahre alt.

      Picaut betrachtete mit Wohlgefallen ihren athletischen Körperbau. Er hatte zwei Knaben zurückgelassen und fand zwei tüchtige Krieger wieder.

      Aber sie waren, wie er selbst, ganz ohne Waffen. Die Republik hatte ihm seine Büchse und seinen Säbel genommen.

      Picaut aber erwartete nicht nur, daß ihm die Republik seine Waffen zurückgeben, sondern auch so großmüthig seyn werde, seine beiden Söhne zu bewaffnen, um sie für das ihm zugefügte Unrecht zu entschädigen Er hatte freilich nicht die Absicht, sich deshalb an die Republik zu wenden.

      Am andern Abend gebot er seinen beiden Söhnen, ihre Stöcke zu nehmen, und begab sich mit ihnen auf den Weg nach Torfou, wo eine halbe Infanteriebrigade lag.

      Als Picaut, der die gebahnten Wege mied, in der Dunkelheit eine Gruppe von Lichtern erblickte und darin das Ziel seiner Wanderung erkannte, befahl er seinen beiden Söhnen ihm zu folgen, aber alle seine Bewegungen nachzuahmen und still zu stehen, sobald sie das bekannte laute Zwitschern eine plötzlich aufgejagten Amsel hören würden.

      Aber statt, wie bisher, querfeldein zu gehen, fing er an, im Schatten der Hecken fort zu kriechen, und von Zeit zu Zeit mit der größten Aufmerksamkeit zu lauschen.

      Endlich hört er langsame, gemessene Fußtritte.

      Es war ein einziger Mann.

      Picaut warf sich platt nieder und kroch in der Richtung fort, wo er das Geräusch gehört hatte.

      Seine Söhne folgten seinem Beispiele.

      Am Ende des Feldes schaute Picaut durch eine Oeffnung in der Hecke, steckte den Kopf durch dieselbe und schlüpfte wie eine Schlange durch die dornigen Zweige.

      Auf der andern Seite der Hecke ahmte er das Pfeifen einer aufgescheuchten Amsel nach.

      Auf dieses verabredete Zeichen lagen sie still und richteten sich vorsichtig auf, um über die Hecke zu schauen und ihren Vater zu beobachten.

      Picaut befand sich auf einer Wiese, deren langes Gras im Winde wogte.

      Am Ende der Wiese, in einer Entfernung von etwa fünfzig Schritten bemerkte man die Fahrstraße, auf welcher eine Schildwache auf und ab ging. Hundert Schritte weiter entfernt war ein Haus, vor welchem eine zweite Schildwache stand Die beiden jungen Leute übersahen die ganze Scene mit einem Blicke, dann richteten sie ihre Blicke wieder auf ihren Vater, der in dem hohen Grase fortkroch.

      Als


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