Die beiden Dianen. Александр Дюма

Die beiden Dianen - Александр Дюма


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antwortete Aloyse mit einer Stimme, der es nicht an einer gewissen Feierlichkeit gebrach.

      Der junge Mann gehorcht.

      Aloyse machte ein Zeichen mit dem Kopf.

      »Nun hört mich,« sprach sie.

      »Aber setze Dich doch wenigstens,« sagte Gabriel.

      »Ihr erlaubt mir?«

      »Spottest Du, Amme?«

      Die gute Frau setzte sich auf die Stufen des Thronhimmels, zu den Füßen des jungen Mannes, der aufmerksam einen Blick voll Wohlwollen und Neugierde auf sie heftete.

      »Gabriel,« sagte die Amme, endlich entschlossen, zu sprechen, »Ihr waret kaum sechs Jahre alt, als Ihr Euren Vater verloret und ich meinen Mann; Ihr waret mein Säugling gewesen, denn Eure Mutter starb, als sie Euch zur Welt brachte. Die Milchschwester Eurer Mutter, liebte ich Euch von jenem Tage an wie mein eigenes Kind. Die Witwe weihte ihr Leben der Waise. Wie sie Euch ihre Milch gegeben, so gab sie Euch auch ihre Seele, und Ihr werdet mir die Gerechtigkeit widerfahren lassen, nicht wahr Gabriel, daß nach Eurer Ueberzeugung mein Geist nie aufgehört hat, über Euch zu wachen.«

      »Theure Aloyse,« erwiderte der junge Mann, »viele, wahre Mütter hätten weniger gethan, als Du, das schwöre ich, und keine einzige, das schwöre ich ebenfalls, hätte mehr gethan.«

      »Übrigens beeiferte sich Jeder um Euch, wie ich mich zuerst beeifert hatte,« fuhr die Amme fort. »Dom Jamet von Croisic der würdige Kaplan dieses Schlosses, lehrte Euch die Buchstaben und die Wissenschaften, und Keiner, wie er sagte, vermöchte Euch einen Vorwurf in dem zu machen, was Lesen und Schreiben und Kenntniß der Geschichte der vergangenen Zeit und besonders der großen Häuser Frankreichs betrifft. Enguerrand Lorien, der vertraute Freund meines verstorbenen Mannes, Perrot Travigny und der ehemalige Stallmeister der Grafen von Vimoutiers, unserer Nachbarn, unterrichteten Euch in den Waffen, in der Handhabung der Lanze und des Schwertes, im Reiten, kurz, in allen Dingen des Ritterthums, und bei den Festen und Spielen, welche in Alençon bei der Vermählung und Krönung unseres gnädigsten Herrn Heinrich II. gehalten wurden, habt Ihr schon vor zwei Jahren bewiesen, daß Ihr die guten Lectionen von Enguerrand benützt. Ich, eine arme Unwissende, konnte Euch nur lieben und Gott dienen lehren. Dies zu thun, war ich stets bemüht. Die gute Jungfrau unterstützte mich, und heute mit achtzehn Jahren seid Ihr ein frommer Christ, ein gelehrter Herr und ein vollkommener Waffenmann, und ich hoffe, mit Gottes Hilfe werdet Ihr nicht unwürdig sein Eurer Ahnen, erlauchtester Gabriel, Herr von Lorge, Graf von Montgommery.«

      Gabriel stand auf und stieß einen Schrei aus.

      »Graf von Montgommery, ich!«

      Dann sprach er mit einem stolzen Lächeln:

      »Wohl! ich hoffte es und vermuthete es beinahe; höre, Aloyse, in meinen kindischen Träumen sagte ich es einmal zu meiner kleinen Diana. Aber was machst Du denn da zu meinen Füßen, gute Aloyse? Stehe auf und komm in meine Arme, fromme Frau. Willst Du mich nicht mehr als Dein Kind anerkennen, weil ich der Erbe der Montgommery bin? Der Erbe der Montgommery!« wiederholte er unwillkührlich zitternd vor Stolz, während er seine gute Amme umarmte. »Der Erbe der Montgommery! ich führe nun einen der ältesten und glorreichsten Namen von Frankreich. Ja, Dom Jamet hat mich, Reich für Reich, Geschlecht für Geschlecht, die Geschichte meiner edlen Ahnen, – meiner Ahnen gelehrt. Umarme mich noch einmal, Aloyse! Was wird denn Diana zu Allem dem sagen? Der heilige Godegrand, Bischof von Suez, und die heilige Opportuna, seine Schwester, welche unter Karl dem Großen lebten, gehörten zu unserem Haus. Roger von Montgommery befehligte eines der Heere von Wilhelm dem Eroberer. Wilhelm von Montgommery machte einen Kreuzzug auf seine Kosten. Wir waren mehr als einmal verwandt mit den königlichen Häusern von Schottland und Frankreich, und die ersten Lords von London, die vornehmsten Edelleute von Paris werden mich: Mein Vetter, nennen; mein Vater endlich . . .«

      Der junge Mann hielt inne, als ob er plötzlich traurig würde. Doch bald fuhr er fort:

      »Ach! bei Allem dem bin ich allein in der Welt, Aloyse. Dieser hohe Herr ist eine arme Waise, dieser Abkömmling von so vielen königlichen Ahnen hat keinen Vater! Mein armer Vater! ich muß weinen, Aloyse. Und meine Mutter! Beide todt. O sprich mir von ihnen, damit ich erfahre, wie sie waren, nun, da ich weiß, daß ich ihr Sohn bin. Laß hören, fangen wir bei meinem Vater an: Wie ist er gestorben? Erzähle mir das.«

      Aloyse schwieg. Gabriel schaute sie erstaunt an.

      »Ich frage Dich, wie mein Vater gestorben sei,« wiederholte er.

      »Gnädigster Herr, nur Gott allein weiß es,« antwortete sie. »Eines Tags verließ der Graf Jacques von Montgommery das Hotel, das er in der Rue des Jardins-Saint-Paul in Paris bewohnte . . . er ist nicht mehr dahin zurückgekehrt. Seine Freunde seine Vettern haben ihn seitdem vergebens gesucht. Verschwunden, gnädigster Herr! Der König Franz I. gab Befehl zu einer Nachforschung, welche ohne Erfolg blieb. Seine Feinde, wenn er als Opfer eines Verraths umgekommen ist, waren sehr geschickt oder sehr mächtig. Ihr habt keinen Vater mehr, gnädigster Herr, und dennoch fehlt das Grab von Jacques von Montgommery in der Kapelle Eures Schlosses; denn man hat ihn weder lebendig noch todt wiedergefunden.«

      »Weil es nicht sein Sohn war, der ihn suchte!« rief Gabriel. »Ach, Amme! warum hast Du so lange stille geschwiegen? Verbargst Du mir meine Geburt, weil ich meinen Vater zu rächen oder zu retten hatte?«

      »Nein, sondern weil ich Euch selbst retten mußte, gnädigster Herr. Wißt Ihr, was die letzten Worte meines Mannes, des braven Perrot Travigny, waren, der eine wahrhaft religiöse Verehrung für Euer Haus im Herzen trug? »Frau,« sagte er zu mir einige Minuten, ehe er den letzten Seufzer von sich gab, »Du wirst nicht warten, bis ich beerdigt bin, Du schließest mir nur die Augen und verlässest auf der Stelle Paris mit dem Kinde. Du gehst nach Montgommery, nicht in das Schloß, sondern in das Haus, das wir durch die Güte des gnädigen Herrn erhalten haben. Dort erziehst Du den Erben unserer Gebieter ohne Geheimniß, aber auch ohne Geräusch. Die guten Leute in unserem Lande werden ihn ehren und nicht verraten. Verbirg besonders ihm selbst seinen Ursprung; er würde sich zeigen und ins Verderben stürzen. Er soll nur erfahren, daß er Edelmann ist, das genügt für seine Würde und für das Gewissen. Hat ihn das Alter klug und ernst gemacht, wie ihn das Blut brav und rechtschaffen machen wird, hat er zum Beispiel achtzehn Jahre erreicht, so nenne ihm seinen Namen und seine Abstammung, Aloyse. Er wird dann selbst beurtheilen, was er thun soll und was er thun kann. Doch nimm Dich bis dahin in Acht, furchtbare Feindschaft, unüberwindlicher Haß würden ihn verfolgen, wenn er entdeckt wäre, und diejenigen, welche den Adler erreicht und berührt haben, würden seine Brut nicht verschonen.«

      Er sagte mir das und starb, gnädigster Herr, und ich nahm, gehorsam seinen Befehlen, Euch, meine arme Waise, Euch, der Ihr kaum Euren Vater gesehen, und brachte Euch hierher. Man wußte bereits das Verschwinden des Grafen, und man vermuthete, daß furchtbare, unversöhnliche Feinde Jeden bedrohten, der seinen Namen führte. Man sah Euch, man erkannte Euch ohne Zweifel im Dorfe, doch in Folge eines stillschweigenden Vertrags befragte mich Niemand, erstaunte Niemand über mein Geheimhalten. Kurze Zeit nachher wurde mir mein einziger Sohn, Euer Milchbruder, mein armer Robert durch das Fieber entrissen. Gott wollte offenbar, daß ich ganz Euch gehöre. Der Wille Gottes sei gesegnet! Alle gaben sich den Anschein, als glaubten sie, mein Sohn wäre der Ueberlebende, und dennoch behandelten Euch Alle mit frommer Ehrfurcht, mit rührendem Gehorsam. Dies geschah, weil Ihr schon dem Gesichte und dem Herzen nach Eurem Vater glichet. Der Instinkt des Löwen enthüllte sich in Euch, und man sah wohl, daß Ihr als Herr und Meister geboren waret. Die Kinder der Umgegend nahmen schon die Gewohnheit an, sich unter Eurem Befehl in Truppen zu bilden. Bei allen ihren Spielen marschiertet Ihr an ihrer Spitze, und keiner hätte es gewagt, Euch seine Huldigung zu verweigern. Als den jungen König des Landes hat Euch das Land aufgezogen, und es bewunderte Euch, als es sah, wie Ihr stolz und schön heranwuchset. Die Güte der schönsten Früchte, der Zehnten der Ernte kamen in das Haus, ohne daß ich etwas verlangte. Das schönste Pferd der Weide ward immer Euch vorbehalten. Dom Jamet, Enguerrand und alle Knappen und Knechte des Schlosses leisteten Euch ihre Dienste als eine natürliche Schuld, und Ihr nahmt sie an als Euer Recht. Nichts an Euch, als Kühnes, Muthiges, Hochherziges. In den geringsten Dingen ließet Ihr sehen, von welchem Geschlecht Ihr abstammtet. Man erzählt sich noch in den Abendstunden, wie Ihr eines Tags


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