Die schwarze Tulpe. Александр Дюма

Die schwarze Tulpe - Александр Дюма


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deutlich aus. Er war ein braver Mann, und zugleich ein Mann von Bravour.

      An dem Orte, wo die Beiden standen, konnte man Anfangs deutlich das Gerassel, der über die Stiege, in die oberen Stockwerke dringenden Volksmenge hören.

      Kurz darauf drang der Lärm, durch die offen gebliebenen Thüren und Fenstern des Berathungssaales, auf die Straße herab.

      »Herr von Bowell und von Asperen, hatten sich in denselben zurückgezogen, wohl einsehend, daß sie auf dem kleinen Raume, der so ungeheuer vordrängenden Menge, keinen Widerstand leisten, und in Gefahr kommen konnten, von den Erbittersten bei längerer Weigerung, über das Geländer herabgestürzt zu werden.

      Hierauf sah man eben durch diese Oeffnung bald einzelne Gestalten, bald die bloßen Gliedmaßen derselben. Der Berathungssaal hatte sich in wenigen Minuten ganz gefüllt.

      Plötzlich trat eine unbeschreibliche, in solchen Augenblicken der allgemeinen Spannung, tödtende Ruhe ein. Es war in diesem Meere aufgeregter, wüthender Leidenschaften, in diesem Kampfe zwischen Gewalt, Menschenrecht und Gesetz nur ein Moment, eine Pause zwischen Leben oder Tod. Dann erhob sich aber ein Geheul, gleich dem Toben des furchtbarsten Orkanes, gleich den Schmerzensrufen einer verwundeten, wilden Bestie, ein Getöse, das das uralte, ehrwürdige Gebäude in seinen Grundfesten erzittern machte.

      Ihm folgte dann derselbe erst kurz verschwundene Strom, der, als habe er gleichsam ein zur Fortsetzung seines Laufes unübersteigbares Hindernis getroffen, sich wieder in der frühem Bahn zurückwälzte.

      An der Spitze derselben gewahrte man eine über die Menge hervorragenden, starken Mann, dessen Gesicht von teuflischer Freude verzerrt, grinsend lachte.

      Es war Tyckelaer.

      »Er gehört uns, er gehört uns,« schrie er mit heiserer Stimme, den Rachen mit Schaum bedeckt, und zugleich ein Papier hoch über dem Kopfe schwingend.

      Der Obrist erbleichte, seine Muskeln zitterten, seine Hand suchte nach einer Stütze. Das erlöschende Auge auf den Gefährten richtend, murmelte er kaum hörbar mit gebrochener Stimme: »Sie haben den Befehl?«

      »Ganz recht,« erwiderte die Hoheit mit unwandelbarer Ruhe und Kälte. »Seht Ihr nun, daß ich im Rechte bin, ich hatte bereits entschieden: Bowell ist weder ein braver Mann, noch ist er ein Mann von Bravour. Aber laßt uns nicht länger auf diesem Platze verweilen Oberst, kommt schnell nach dem Buytenhoff hin, ich glaube, wir werden dort ein seltenes Schauspiel erleben.« Und zugleich setzte sich der Blasse mit einer Eile in Bewegung, die ihm den Anschein gab, als beabsichtige er, die bereits auf eine große Strecke entfernte Menge noch zu überholen. Der Obrist blieb einer Bildsäule gleich stumm, und folgte mit gesenktem Haupte mechanisch seinem Herrn.

      Der Andrang aus dem Buytenhoff wurde nunmehr Ungeheuer. Aber noch immer hielt Tilly mit seinen Reitern, die vorige Position unverändert, mit demselben Glücke und derselben Festigkeit inne.

      Der Lärm stieg mit jeder Minute. Aller Augen waren fragend nach dem Hoogstreet gerichtet, von wo bereits einzelne Vorläufer mit einem unendlichen Freudengeschrei herbei eilten.

      Bald folgte die ganze unübersehbare Fluth. Ein, buntes Farbenspiel, angenehm für den Beschauer, wenn die ruhige Würde eines Festes dasselbe begleitet, furchtbar, sobald das Blut der Unschuld, die ganze Macht der wildesten Leidenschaften, seinem Pfade folgt.

      Tilly, von gleicher Begierde getrieben, vielleicht auch von einer trüben Ahnung erfaßt, hatte sich in dem Steigbügel emporgerichtet, und sein blitzendes Auge in dieselbe Richtung heftend, gewahrte er unter der wachsenden Menge, jenen Mann, der das bereits erwähnte Papier über seinem Haupte schwang.

      »Bei allen Teufeln,« rief er dann, indem er seinen Lieutenant auf diese unerwartete Erscheinung ebenfalls aufmerksam machte; »ich glaube gar, die Bestien habenden Befehl.«

      »Erbärmliche Schurken,« rief der Angeredete, nunmehr ebenfalls seine Aufmerksamkeit auf jenen Punkt richtend.

      Und was der Oberst nicht geahnt, was Tilly für eine Unmöglichkeit gehalten hatte, war wirklich da – der Befehl. —

      Die Bürgergarde empfing ihn aus Tyckelaers Händen mit einem unbeschreiblichen Gebrüll. Aber zugleich setzte sich die ganze Masse in Bewegung, und rückte mit gesenkten Waffen gegen die Reiter Tilly’s an.

      Der Graf war nicht der Mann, der den Pöbel so leicht über jene Schranken, die ihm unthätig machen konnten, ankommen ließ.

      »Halt!« rief er, »halt! daß es keine lebende Seele wagt, einen Schritt weiter vor zu thun. Nur noch die kleinste Bewegung, und ich kommandire zum Angriff.«

      »Hier ist der Befehl!« kreischten tausende von Stimmen.

      Tilly nahm das ihm dargereichte Papier, warf. einen flüchtigen Blick darauf, und rief dann, während eine lautlose Stille eintrat mit donnernder Stimme:

      »Hört mich, Ihr Bürger von Haag, Ihr großartigen und seltenen Staatsbürger! in Euerer Gegenwart, im Angesichte Gottes und der Welt erkläre ich hiermit Diejenigen, die diesen Befehl ausgefertigt und unterschrieben haben, für die eigentlichen Henker und Mörder der Brüder Witt. Ich ließe mir früher eine Hand abnehmen, als daß ich einen einzigen dieser vom Blute triefende Buchstaben niederschreiben würde.«

      Dann stieß er mit dem Knopfe seines Degens, den Mann, der das Papier wieder zurücknehmen wollte, so heftig von sich, daß er taumelnd von der Menge, an die er anprallte, aufgefangen wurde.

      »Nur einen Augenblick noch, meine werthen Herren, eine solche Schrift ist von der größten Wichtigkeit, sie muß als ein Document der erbärmlichsten und schreiendsten Niederträchtigkeit, sorgfältig für die Nachwelt bewahrt werden.«

      Er legte hierauf das Papier bedächtig zusammen, und schob es zwischen die Brust und den Harnisch.

      Dann wendete er sein Pferd mit zornentflammten, und vom Blute gerötheten Gesichte gegen seine Leute, und kommandirte laut und hörbar.

      »Eskadron! in Reihen Rechts.«

      Die Soldaten befolgten mechanisch diesen Befehl, und setzten sich in Bewegung. Noch einmal kehrte Tilly sein edles, schönes Antlitz der Menge zu, noch einmal übersah dieses majestätische, scharfe Auge die unübersehbare, in ihrer frühern Stille verharrende Menge. Dann seinen Zügen, den früheren Ausdruck von Spott und mitleidiger Verachtung gebend, donnerte er nochmals.

      Wohl an denn, Ihr edlen kühnen Männer, Ihr Henker aus eigenem Antriebe, auf, und vollführt Euer großes Werk, drücket den Schandfleck der teuflichsten Erbärmlichkeit auf Euere Stirne, daß die Nachwelt scheu vor dem Gezeichneten entfliehe.«

      Der Tumult, der dieser beinahe unüberlegten Rede folgte, läßt sich nicht beschreiben, da selbst die Natur in ihren furchtbarsten Kämpfen, demselben nichts Aehnliches entgegensetzen könnte. Wuth und Freude, die beinahe an Wahnsinn grenzte, hatte der Menge in diesem Augenblicke den letzten Rest der Menschlichkeit geraubt, und sie zum Thiere herabgewürdigt.

      Tilly’s Abtheilung konnte, durch die Menschenmasse in ihrer freien Bewegung gehemmt, nur langsam vorwärts kommen. Der Graf selbst blieb ganz allein der Letzte. Sein Zorn schien gewichen, mit der ihm eigenen Ironie und Kälte machte er unausgesetzt über den Pöbel und die Bürgergarde seine spöttischen Bemerkungen, zugleich aber die zunächst Vordringenden mit seinem kräftigen Pferde zurückhaltend.

      Rosas Ahnungen schienen sich schneller, als man es glauben mochte, zu realisiren —

      Auch Johanns Befürchtungen, die er gegen Cornelius geäußert, erhielten eine immer größere Begründung.

      Cornelius stieg gerade am Arme seines Bruders über die breite, steinerne Treppe, die in den großen Hof führte, herab.

      Unten fanden sie Rosa, die am ganzen Leibe zitterte:

      »O, mein Herr,« rief sie, den Ex-Großpensionär bei der Hand fassend, »welches Unglück.«

      »Was ist denn geschehen, mein Kind?«

      »Ich habe gehört, das Volk sei nach dem Hoogstreet geeilt, um von den Deputirten den Befehl zum Abmarsche der Soldaten des Grafen Tilly zu erzwingen.

      »So,


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