Drei starke Geister. Александр Дюма

Drei starke Geister - Александр Дюма


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und Pascal verließen das Zimmer.

      »Ist er wirklich in Lebensgefahr?« fragte Letzterer.

      »Er ist jetzt Mittag, um vier Uhr will ich Ihnen darauf antworten. Jetzt lassen Sie uns ein wenig frische Luft schöpfen. Das Delirium dieses Menschen macht einen unangenehmen Eindruck auf mich, ich weiß nicht, wie dies kommt, denn ich habe schon Manchen sterben sehen, ohne etwas Aehnliches empfunden zu haben.«

      Zwei Stunden später begab sich der Arzt in Begleitung Pascals wieder zu dem Kranken.

      Dieser schlief noch.

      Die Krankheit hatte seit vierundzwanzig Stunden furchtbare Fortschritte gemacht; sein Aussehen beim Eintritt des Doktors und des jungen Geistlichen war so verändert, daß man ihn leicht hatte für todt halten können.

      Die-Augen waren halb geöffnet Und gläsern, die Wangen bleich und eingefallen, und ohne das häufige Zucken seiner Hände wäre er von einer Leiche schwer zu unterscheiden gewesen.

      »Das größte Glück, was diesem Unglücklichen begegnen könnte, wäre, daß er nicht wieder erwachte,« bemerkte der Arzt, »denn er wird noch viel leiden müssen, ehe er stirbt.«

      »Er muß also jedenfalls sterben?«

      »Ja wohl,« antwortete Maréchal, indem er seinen Ausspruch noch durch ein Kopfnicken bekräftigte. »Die Beine sind schon eiskalt und abgestorben,« fuhr er fort, und hob die Bettdecke empor, um seinem Begleiter die abgemagerten Beine des Sterbenden zu zeiget.

      »Welche Veränderung in Zeit von Einem Tages rief Pascal, indem er diesen Körper betrachtete, der ohne Zweifel noch ein entsetzliches Geheimniß barg, wenn man nach den krampfhaften Zuckungen selbst während des Schlafes urtheilen durfte, und der bald nichts mehr als eine leblose Masse sein sollte.

      In diesem Augenblicke erwachte Valery, und nachdem er sich im Zimmer umgesehen hatte, suchte er mühsam seine Erinnerungen zu sammeln.

      »Ah! da sind Sie, meine Herren,« sagte er endlich; »nun, wie ist’s?«

      Der Arzt, an welchen diese Frage gerichtet war, schwieg und wechselte einen Blick des Einverständnisses mit Pascal.

      »Ich bin zu Ihren Diensten,« erwiderte dieser dem Kranken.«

      »Es ist keine Hoffnung mehr?«

      »Keine, außer bei Gott,« antwortete Maréchal.

      »Dann ist es eben so gut, als wäre schon Alles vorüber,« entgegnete Pascal.

      »Sie zweifeln an Gott?« rief Pascal.

      »O nein, ich zweifle nicht mehr an ihm, da ich sterben muß,« versetzte der Kranke. »Ich habe deshalb in einem Augenblicke des Fieberwahnsinns gesagt, daß ich beichten will; wohl an, es sei, ich will beichten.«

      »Es ist noch Zeit, Ihren Entschluß zu ändern,« sagte Pascal, »wenn Sie irgend ein Bedenken tragen. Es wäre mir sogar lieber, denn ich muß Gott um Verzeihung bitten, daß ich diese Beichte anhöre, und wenn ich mich dazu verstehe, so thue ich es nur um der Ruhe Ihrer Seele willen.«

      »Nun gut, setzen Sie sich zu mir, mein Bruder, und ich gebe Ihnen mein Wort, Sie sollen etwas Merkwürdiges hören.«

      Pascal blickte den Kranken mit Erstaunen an.

      »Ein sonderbarer Mann!« sprach der Dotter zu sich selbst, indem er die Kajüte verließ, denn es kam ihm vor, als ob der Sterbende sich jetzt auf die Beichte etwas einbildete, die er vor einigen Stunden aus Furcht hatte ablegen wollen.

      Und so war es in der That. Valery der überzeugt war, daß er sterben mußte, warf in dem Augenblick, wo er sein vergangenes Leben enthüllen wollte, einen Blick des Zornes und des Trotzes um sich her, wie ihn der gefallene Engel auf den allmächtigen Gott gerichtet haben mag, als er beschloß, den ewigen Kampf anzunehmen.

      Drittes Kapitel.

      Der Bettler

      Man hat gewiß schon Kinder gesehen, die wegen eines Fehlers, den sie geleugnet, aber gleichwohl begangen hatten, von ihrem Vater gescholten und bestraft wurden, und die, wenn sie die Unmöglichkeit, der Strafe zu entgehen, vor Augen. sahen, plötzlich weinend und mit den Füßen stampfend ausriefen:

      »Ja, ich habe es gethan, ja, ja, und ich will es auch wieder thun!«

      In ihrer jugendlichen Verzweiflung und als wollten sie sich an ihrem Vater rächen, übertrieben sie zuweilen wohl sogar die Bedeutung ihres Vergehens.

      Dieses Gefühl betrachte man durch das moralische Vergrößerungsglas und man wird sehen, daß Valery in diesem Augenblicke seinem ganz ähnlichen Gefühle folgte, indem er beichten wollte; nur war es bei ihm um den ganzen Unterschied stärker, der zwischen dem Kinde und dem Manne, zwischen dem Vater und Gott, zwischen dem Fehler und dem Verbrechen, zwischen der väterlichen Züchtigung und dem Tode, dieser Strafe oder Belohnung der Ewigkeit, stattfindet.

      »Ha! ich muß sterben,« sagte der Kranke; »es wird nichts, von mir übrig bleiben, mein Tod ist unvermeidlich. Wohlan, man soll erfahren, was ich war und was ich bin!«

      Diese Stimmung Valery’s war Pascal nicht entgangen, und er konnte sich daher nicht enthalten, zu ihm zu sagen:

      »Sie scheinen nicht in dem Zustande zu sein, in dem sich ein Mensch, welcher beichten will, befinden muß; erlauben Sie mir also, daß ich mich entferne. Ich wiederhole Ihnen, daß Ihre aufrichtige Reue das Einzige ist, was die Handlung, zu der ich mich verstehe, entschuldigen kann, aber in diesem Augenblicke sind Sie von dieser Reue weit entfernt.«

      »Sie sollen mich aufklären,« erwiderte Valery, »und die Reue in mir wecken, wenn ich sie noch nicht fühle. Worin bestände der Triumph Ihrer.Religion, wenn sie nur Gläubige erleuchtete? Ich habe Ihnen Vorhin bereits gesagt, daß es thörigt von mir ist, an den Gott zu glauben, der mich tödtet, mich, den nichts im Leben nur einen Augenblick zum Wanken gebracht bat. Es ist mehr als ein Bekenntnis, das ich Ihnen ablegen will, es ist eine Lehre, die ich Ihnen mittheile, eine Lehre, die Ihnen in Ihrem Stande nur von Nutzen sein kann, denn sie wird Ihnen merkwürdige Geheimnisse des menschlichen Herzens enthüllen. Sie sollten es mir im Gegentheil Dank wissen, daß ich dieses Geständnis ohne alle Heuchelei mache; ich hätte mich bekreuzen und die Hände fallen können, um Sie zu täuschen, aber wozu dies? Von der Aufrichtigkeit bis zur Reue ist nur ein kleiner Schritt. Ueberdies betrifft dieses Bekenntniß nicht mich allein, und wenn Sie es angehört haben«I werden Sie bei Ihrer Zurückkunft nach Frankreich die Ehre Unschuldiger wiederherzustellen haben, denn ich habe unschuldigen Leuten Böses zugefügt, unter dem sie noch jetzt leiden müssen.«

      »Sprechen Sie, Herr Valery, sprechen Sie.«

      »Ach! mein Bruder,« fuhr der Sterbende, den sein moralisches Fieber auf einen Augenblick verlassen hatte, fort, »als Sie den Entschluß faßten,. sich dem Dienste Gottes zu widmen, erblickten Sie in der Ausübung Ihres geistlichen Amtes nur die Freude, unmittelbar mit dem Herrn zu verkehren und das ächt christliche Vergnügen, den Menschen die Wahrheit zu lehren; Sie ahneten nicht, daß Ihr Amt Ihnen auch entsetzliche Scenen vor Augen führen und Sie zu widerwärtigen Zergliederungen zwingen würde. Ihre Natur ist sanft und schwach. Ihre Seele nur zum Guten geschaffen, ich habe dies auf den ersten Blick erkannt; fühlen Sie sich auch stark genug, um nicht entsetzt zurückzuschrecken, wenn Sie sich zum ersten Male über den Abgrund beugen werden, den man die menschlichen Leidenschaften nennt? Sie haben die schönsten Länder der Welt besucht, welche beständig den Ruhm Gottes verkündigen, und von ihrem Glanze, ihren Gesängen und ihren Blumendüften berauscht, haben Sie diesem Gott, der sich Ihnen so offenbarte, gelobt, ihm Ihre Zukunft zu weihen und sich ganz seinem ewigen Gesetze zu widmen. Aber Ihr Stand hat zwei Seiten; die eine ist hell, weil nur der Himmel sie erleuchtet, die andere ist dunkel, weil sie den Menschen zugewendet ist, das heißt dem Laster, dem Verbrechen und dem Zweifel. Wird die Kraft, die Sie aus Ihrem Glauben schöpfen, Ihnen genügen? und werden Sie nicht. wenn Sie Gott so erhaben und. den Menschen so niedrig sehen, das Bedürfniß der Einsamkeit und Abgeschiedenheit fühlen? Vielleicht wird Ihnen diese Kenntniß des menschlichen Herzens so widerlich sein, daß Sie sie nicht ertragen können, wie manche Aerzte ihre Kunst haben aufgeben müssen, weil ihnen bei den verpesteten Leichen, die sie öffnen sollten, übel wurde.«

      »Sie


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