Jacquot Ohnohr. Александр Дюма

Jacquot Ohnohr - Александр Дюма


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Es ist die Landessitte – man muß sich darein fügen.

      Nach einem vortrefflichen Frühstück – der Graf hatte einen französischen Koch – stiegen wir wieder in den Wagen, dann in die Barke und fuhren über die Wolga.

      Auf der anderen Seite warteten unser zwei Pferde, die von zwei Bedienten gehalten wurden. Es war ein Berg, so hoch wie der Montmartre, zu übersteigen, und es war eine zu große Anstrengung für einen dieser Männer, welche die Gipfel des Kaukasus auf Wegen erklimmen, die nur den Gemsen und den Steinböcken allein bekannt sind, wenn es sich darum handelt, Schamyl unter den Wolken oder in der Tiefe seiner Abgründe zu bekämpfen.

      Wir schwangen uns in den Sattel, und zehn Minuten später hatten wir die Ruinen des Schlosses Grubenski vor uns. Es war ein glänzendes Gebäude, um die Mitte des vorigen Jahrhunderts nach den Plänen des berühmten Baumeisters Rastrelli errichtet, der den Winterpalast in St. Petersburg und den Palast Tzaritzina in der Nähe von Moskau erbaut hat. Seit dreißig oder vierzig Jahren verlassen, hat er das Schicksal aller verlassenen Dinge gehabt, das heißt, außer einigen Dienstgebäuden, einer Galerie und einem Pavillon ist er in Ruinen zerfallen. Am Fuße desselben ist, gerade seitdem sich das Leben von ihm zurückgezogen, eine Art Uferdorf Namens Niskevo entstanden, und von der Höhe des Berges scheint das Schloß aus der alten Zeit einen düsteren Blick auf die junge Thätigkeit dieses erst gestern geborenen Kindes zu werfen.

      Freilich, wenn das Gespenst von Granit seine Augen weiter sendet und nach der Seite der Wolga hinblickt, begegnet es dem Kloster Makarieff, und in der Nacht, wenn Alles um sie her schläft, können die beiden Greise mit Hilfe des Windes sich geheimnißvoll über die Vergänglichkeit der irdischen Dinge mit einander unterreden, indem das Schloß die Zeit beklagt, wo seine Salons, seine Pavillons, eine Galerien von Licht funkelten und mit Gästen angefüllt waren, die das Geräusch ihrer Gesänge, das Klirren der Gläser und die Töne der Instrumente des Festes dem Echo preisgaben, während das Kloster die Zeit der priesterlichen Feierlichkeiten bedauert, wo es zu sechzig Dörfern, seinen Vasallen, mit der Stimme seiner zwölf Glocken und den Gesängen feiner zweihundert Mönche sprach.

      Gegenwärtig bewohnen nur noch zwölf Mönche das Kloster. Das Schloß, welches das Geschlecht seiner berühmten Herren hat erlöschen sehen, gehört jetzt dem Zollpächter, Herrn Kirdiapine, dessen Vater ehemals dritter Kellner in der ersten Herberge von Makarieff war, als Makarieff Herbergen hatte, oder vielmehr, als Makarieff eine Messe hatte.

      Wir waren von Makarieff zum Flusse gekommen, wir waren vom rechten Ufer zum linken Ufer der Wolga hinübergesetzt, wir hatten den Berg erstiegen, der zu den Ruinen führt, doch hatten wir nur den leichtesten Theil unserer Pilgerschaft zurückgelegt.

      Es blieb noch übrig, uns die Schlüssel zu dem Schlosse zu verschaffen.

      In der That hatten die zwei oder drei Diener, welchen die Bewachung dieser ehrwürdigen Ruinen anvertraut war, nicht denken können, daß Jemand den Einfall haben würde, sie zu besuchen, da sie nicht fürchteten, daß irgend eine schwarze Bande die zerstören werde, und nicht ohne Grund gemeint, daß sie sich wohl auf einige Zeit entfernen könnten, um ihre Dienste den Schiffscapitainen als Auslader und Lastträger anzubieten, indem ihnen diese Industrie die doppelte Erholung gewährte, jeden Tag in Gesellschaft und an demselben Tische den Genuß von einem oder zwei Gläsern Thee mit Zucker zu haben, welchen Luxus die Leute von der niederen Classe in Rußland am meisten schätzen.

      An diesem Tage hatten sie begonnen, wie sie hätten enden sollen, und obgleich es kaum Mittag war, befanden sich meine drei Burschen schon im Wirthshause. Der eine von ihnen willigte ein, sich in Folge des Versprechens von zwanzig Kopeken, die der Kammerdiener des Grafen ihm in unserem Namen zuzusichern das Recht zu haben glaubte, stören zu lassen, und stieg mit den Schlüsseln hinauf.

      Das Aufsuchen und die Unterhandlung hatte beinahe eine Stunde gewährt. Uebrigens hatten wir unsere Zeit nicht verloren; durch eine Bresche waren wir in die Gärten eingedrungen, die ehemals zu dem Schlosse gehörten, und wahrscheinlich auch jetzt dazu gehören. Sie bildeten einen ungeheuren Park, der sich zwei Werten weit auf der Höhe des Berges erstreckte und der am Ende dem Abhange folgend bis zur Wolga hinunterging. Aber dort war das Werk der Zeit, im Gegentheil zu dem Zerstörungswerke, gegen die Gebäude ausgeübt, wohlthätig und malerisch gewesen; sich selber überlassen, waren die Bäume zu einer riesenhaften Entwickelung gelangt, wo sie einzeln standen, und wunderbar verwachsen, wo sie vereint waren. Da waren Lindenalleen, die unter der Regierung der Kaiserin Elisabeth gepflanzt sein mußten, und die für die Strahlen der Sonne so undurchdringlich waren, daß es schien, sobald man in diese Alleen eintrat, als wäre man in das Innere der Bergwerke hinuntergestiegen, und als verfolge man einen jener Gänge in den Eingeweiden des Uralgebirges.

      An einigen Stellen, wenn man aus diesen Alleen hervorkam, oder in der Mitte von Rasenplätzen, die von hohem Grase und Dornen überwachsen waren, erblickte man steinerne Fußgestelle, auf welchen sich ehemals Statuen, Meisterwerke oder wenigstens Copien von Meisterwerken des Alterthums erhoben. Auf einem dieser Fußgestelle fanden wir noch die Buchstaben JOV… OMNIPOT… und auf einem anderen die Inschrift: Venus und Adonis.

      Als wir aus der Hauptallee kamen und uns links wendeten, kamen wir zu dem tiefen und jetzt beinahe ausgetrockneten Bette eines künstlichen Baches; in der Tiefe floß noch ein schwacher Strom von klarem Wasser aus einer benachbarten Quelle, die wir nur mit aller Mühe auffinden konnten, so sehr war sie von hohem Grase überwachen. Dieser Bach war aller Wahrscheinlichkeit nach ehemals der größte Schmuck des Gartens gewesen, den er der ganzen Länge nach schlangenförmig durchfloß; einige Bogen, die mit großer Kühnheit von dem einen Ufer des Baches zu dem andern hinüber geschlagen waren, bildeten bezaubernde Brücken, die noch heute gangbar sind, obgleich sie nutzlos geworden.

      An der verborgensten Stelle des Parks entdeckten wir einen Pavillon. Es war das Ochsenauge des Fürsten Alexis; aber ach! seit langer Zeit hatten die Winterstürme – jetzt die einzigen Gäste – die Thüren und Fenster losgerissen und weit weggeworfen. Wenn diese Mauern, welche Ohren und Augen gehabt haben, eine Zunge hätten, so würden sie ohne Zweifel heutiges Tages Geschichten erzählen, worüber die Mauern von Monceaux und Trianon erröthen würden; aber sie sind stumm, außer wenn der Sturm ihnen eine Stimme leiht, und diese düstere und strenge Stimme sagt den Denkmälern, was die Erfahrung jeden Tag dem Menschen sagt: »Es ist nichts Gewisses und Ewiges, als der Tod.«

      An der Mauer befanden sich noch ziemlich gut erhaltene mythologische Fresken. Diese Fresken rührten ohne Zweifel von einem französischen Maler aus der Schule Bouchers her; sie stellten Venus und Mars dar, in dem Netze des Vulkan gefangen; die Entführung der Europa durch den famosen weißen Stier, dessen Gestalt Jupiter angenommen hatte; eine Leda, die den göttlichen Schwan liebevoll an ihre Brust drückt; endlich eine Diana im Bade, die von Aetäon überrascht wird.

      Die Decke war eingestürzt.

      Diesem Pavillon gegenüber befand sich ein Haufen von Steinen und Ziegeln, größtentheils mit Dornen und Epheu überwachen. Ich fragte meinen jungen Officier, ob er wisse, was dieser Haufen Steine und Ziegeln zu bedeuten habe.

      »Ich glaube bei einem früheren Ausfluge, den ich zu diesen Ruinen machte, gehört zu haben,« antwortete er mir, »daß diese Trümmer ehemals einen ähnlichen Pavillon bildeten, wie dieser ist.«

      »Ist er eingestürzt?« fragte ich.

      »Nein, wie man mir versichert, ist er absichtlich zerstört worden.«

      »Und warum das? Wissen Sie es?«

      »Ich weiß nur, was man über diesen Gegenstand erzählt.«

      »Und was erzählt man? Ich sage Ihnen vorher, ich bin der größte Frager auf der Welt.«

      »Man erzählt, daß der letzte Fürst Danilo Borisowitsch, als er vor fünfundzwanzig oder dreißig Jahren hier in diesem Pavillon war, einen so seltsamen Fund that, daß er sich nicht nur entschloß, ihn zu zerstören, sondern auch den ersten Streich mit der Haue führte.«

      »Und was fand er denn in diesem Pavillon?«

      »Ah! das ist gerade das Geheimniß! Man spricht von einem zugemauerten, verbarrikadierten Zimmer, in welches Niemand den Einfall, oder vielmehr den Muth gehabt hatte einzudringen. Der Fürst Danilo trat, ohne daß es Jemand wußte, dort ein, wie man


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