La San Felice Band 12. Александр Дюма
Alexandre
La San Felice B12
Zwölfter Theil
Erstes Capitel.
Eine letzte Warnung
Während der Nacht, welche auf die Rückkehr der beiden Backer in ihr Gefängniß folgte, schrieb Salvato in einem der Gemächer des Palastes Angri, welchen er immer noch bewohnte, an einem Tische sitzend und die Stirn in die linke Hand stützend, mit jener festen, leserlichen Hand, welche das Symbol seines Charakters war, den folgenden Brief:
»An den Bruder Joseph im Kloster del Monte Cassino.
»Geliebter Vater!
»Der Tag des letzten Kampfes ist da. Ich habe von dem General Macdonald die Erlaubniß erhalten, in Neapel zu bleiben, weil ich der Ansicht war, meine erste Pflicht als Neapolitaner sei, mein Vaterland zu vertheidigen. Ich werde Alles, was in meinen Kräften steht, thun, um es zu retten, und wenn ich es nicht retten kann, so werde ich Alles, was in meinen Kräften steht, thun, um zu sterben. Und wenn ich sterbe, dann werden zwei geliebte Namen mit meinem letzten Seufzer auf meinem Munde schweben und meiner Seele als Schwingen dienen, um sie in den Himmel emporzutragen, – der deinige und der Luisa’s.
»Obschon ich deine innige Liebe zu mir kenne, so verlange ich doch nichts für mich, mein Vater. Meine Pflicht ist mir vorgezeichnet und ich habe Dir schon gesagt, daß ich sie erfüllen werde. Wenn ich aber sterbe, mein geliebter Vater, dann ist Luisa allein, und da sie die unschuldige Ursache des Todes zweier gestern zum Erschießen verurtheilten Männer ist, so kann man nicht wissen; ob nicht, trotz ihrer Unschuld, die Rache des Königs sie verfolgt. Sind wir Sieger, so hat sie diese Rache nicht zu fürchten, und dieser Brief ist nur ein Zeugniß mehr von der großen Liebe, die ich zu Dir hege und von der ewigen Hoffnung, welche ich auf Dich setze.
»Werden wir dagegen besiegt und bin ich außer Stande, Luisa beizustehen, dann wirst Du mein Vater, mich ersetzen.
»Du wirst, lieber Vater, die Höhen deines heiligen Berges verlassen, und in dass Leben herabsteigen. Du hast Dir die Lebensaufgabe gestellt, den Menschen dem Tode streitig zu machen. Du wirst Dich nicht von diesem Ziele entfernen, wenn Du diesen Engel rettest, dessen Namen ich Dir genannt, und dessen Tugenden ich Dir erzählt.
»Da in Neapel das Geld das sicherste Hilfsmittel ist welches man haben kann, so habe ich auf einer Reise nach Molisa fünfzigtausend Ducati zusammengebracht, von welchen ich allerdings einige hundert wieder ausgegeben, die aber fast noch in ganzer Summe in einer eisernen Casse auf dem Pausilippo neben den Statuen des Grabmals Virgils am Fuße des ewigen Lorbeerbaumes vergraben sind; dort wirst Du sie finden.
»Wir sind hier nicht blos von Feinden, was nichts zu bedeuten hätte, sondern auch von Verräthern umringt, und dies ist entsetzlich. Das Volk ist so verblendet, unwissend und in seinen Aberglauben verrannt, daß es die, welche es frei machen wollen, für seine größten Feinde hält, und Jedem, der den Ketten, die es schon trägt, noch eine neue hinzufügt, einen förmlichen Cultus widmet. O, mein Vater, wer wie Du sich dem Wohl des Körpers widmet, erwirbt vor Gott ein großes Verdienst. Noch weit größer aber, glaube mir, wird das Verdienst dessen sein, der sich der Erziehung dieser Geister, der Aufklärung dieser Seelen widmet.
»Leb wohl, mein Vater! Der Herr hält das Leben dieser Nation in seinen Händen. Du hältst in deinen Händen mehr als mein Leben – meine Seele. Es grüßt Dich
»Nachschrift. Es wäre überflüssig, aber auch sogar gefährlich, wenn Du mir bei den Zuständen, welche hier herrschen antworten wolltest. Der Bote könnte angehalten und deine Antwort gelesen werden. Uebergib daher dem Überbringer drei Perlen von deinem Rosenkranz. Sie werden für mich den Glauben repräsentieren der mir mangelt, die Hoffnung, welche ich zu Dir habe, die Menschenliebe, von welcher dein Herz überwallt.«
Als dieses Brief beendet war, drehte sich Salvato herum und rief Michele.
Die Thür öffnete sich sofort und Michele erschien.
»Hast-Du den Mann gefunden, den wir brauchen?« fragte Salvato.
»Wiedergefunden, wollen Sie sagen, denn es ist derselbe, welcher drei Reisen nach Rom gemacht hat, um dem General Championnet die Briefe des republikanischen Comité’s" zuzustellen und ihm Nachrichten von uns zu überbringen.«
»Dann ist es also ein Patriot?«
»Ja, und er bedauert nur Eines, Excellenz,« sagte der Bote, indem er in das Zimmer trat, »nämlich, daß Sie ihn im Augenblick der Gefahr von Neapel entfernen.«
»Das, was Du thun wirst, geschieht immer blos, um Neapel zu dienen.«
»Befehlen Sie. Ich weiß, wer Sie sind und welche Verdienste Sie besitzen.«
»Hier ist ein Brief, den Du aus den Monte Cassino tragen wirst. Du wirst dort nach dem Bruder Joseph fragen und ihm diesen Brief übergeben – aber nur ihm selbst, hörst Du?«
»Soll ich auf Antwort warten?«
»Da ich nicht weiß, wer, wenn Du wieder-kommst, Herr von Neapel sein wird, so wird diese Antwort ein zwischen uns verabredetes Zeichen sein. Für mich wird diese Antwort Alles sagen. Hat Michele sich mit Dir über den Preis für deinen Gang geeinigt?«
»Ja,« antwortete der Bote; »ich bitte um einen Händedruck, wenn ich zurückkomme.«
»Ich sehe, daß es doch noch wackere Leute in Neapel gibt. Geh, Bruder, und Gott geleite Dich.«
Der Bote entfernte sich.
»Nun, Michele,« sagte Salvato, »wollen wir an Luisa denken.«
»Ich erwarte Sie, mein Brigadier,« sagte der Lazzarone.
Salvato schnallte seinen Säbel um, steckte ein Paar Pistolen in seinen Gürtel, gab seinen Calabresen Befehl, ihn um Mitternacht mit zwei Handpferden am Moloplatze zu erwarten, ging die Toledostraße entlang, bog in die Chiaja ein, folgte dem Meeresstrande und gelangte auf diese Weise nach Mergellina. So wie er sich dem Palmbaumhause näherte, war es ihm, als hörte er eine Art seltsamen Gesang nach einer wunderlichen Melodie, obschon diese kaum eine solche zu nennen war.
Die Person, von welcher dieser Gesang ausging, stand, gegen das Haus gelehnt, unter dem Fenster des Speisezimmers und man sah ihre lange Gestalt sich durch ein düsteres, unbewegliches Reliefbild an der Mauer abzeichnen.
Michele erkannte die albanesische Hexe oder Wahrsagerin, welche bei allen wichtigen Umständen in dem Leben Luisas ihr erschienen war.
Sie faßte Salvato beim Arm, damit dieser auf sie höre. Sie war bei der letzten Strophe ihres Gesanges angelangt, die beiden Männer konnten aber noch die Worte hören:
»Fern von uns flieht die Schwalbe, wenn die Winde des Nordens wehen. Arme Taube, mache es wie sie, denn dein Fittig kennt die Straße des Frühlings!«
»Gehen Sie hinein zu Luisa,« sagte Michele zu Salvato, »ich werde Nanno mittlerweile zurückhalten, und wenn Luisa es angemessen findet, sie zu Rathe zu ziehen, so rufen Sie uns.«
Salvato hatte einen Schlüssel zu der Gartenthür, denn allmälig waren, wie wir gesagt haben, alle jene Geheimnisse, welche eine entstehende und schüchterne Liebe umgeben, wenn auch nicht verschwunden, doch wenigstens etwas aufgeklärt, obschon die Freunde den halbdurchsichtigen Zustand zu durchschauen vermochten.
Salvato ließ die Thür blos gegen die Mauer angelehnt, ging den Perron hinauf, öffnete die Thür des Speisezimmers und sah Luisa am Fenster hinter der geschlossenen Jalousie stehen. Es war augenscheinlich, daß sie von Nannos Gesang kein Wort verloren hatte.
Als sie Salvato erblickte, kam sie auf ihn zu und lehnte mit wehmüthigem Lächeln ihr Haupt an seine Schulter.
»Ich sah Dich mit Michele von weitem kommen,« sagte sie. »Ich hörte eben diesem Weibe zu.«
»Ich that dasselbe,« sagte Salvato. »Ich hörte aber blos die letzte Strophe ihres Gesanges.«
»Diese war eine Wiederholung der anderen. Es waren deren drei. Alle verkünden eine Gefahr und fordern auf, derselben zu entfliehen.«
»Hast Du Dich jemals über diese Frau zu beklagen gehabt?«
»O