Das Schlo. Франц Кафка

Das Schlo - Франц Кафка


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er: »Ich habe, Herr Landvermesser, wie Sie ja gemerkt haben, von der ganzen Sache gewußt. Daß ich selbst noch nichts veranlaßt habe, hat seinen Grund erstens in meiner Krankheit und dann darin, daß Sie so lange nicht kamen, ich dachte schon, Sie seien von der Sache abgekommen. Nun aber, da Sie so freundlich sind, selbst mich aufzusuchen, muß ich Ihnen freilich die volle, unangenehme Wahrheit sagen. Sie sind als Landvermesser aufgenommen, wie Sie sagen; aber leider, wir brauchen keinen Landvermesser. Es wäre nicht die geringste Arbeit für ihn da. Die Grenzen unserer kleinen Wirtschaften sind abgesteckt, alles ist ordentlich eingetragen. Besitzwechsel kommt kaum vor, und kleine Grenzstreitigkeiten regeln wir selbst. Was soll uns also ein Landvermesser?« K. war, ohne daß er allerdings früher darüber nachgedacht hätte, im Innersten davon überzeugt, eine ähnliche Mitteilung erwartet zu haben. Eben deshalb konnte er gleich sagen: »Das überrascht mich sehr. Das wirft alle meine Berechnungen über den Haufen. Ich kann nur hoffen, daß ein Mißverständnis vorliegt.« – »Leider nicht,« sagte der Vorsteher, »es ist so, wie ich sage.« – »Aber wie ist das möglich!« rief K. »Ich habe doch diese endlose Reise nicht gemacht, um jetzt wieder zurückgeschickt zu werden!« – »Das ist eine andere Frage«, sagte der Vorsteher, »die ich nicht zu entscheiden habe aber wie jenes Mißverständnis möglich war, das kann ich Ihnen allerdings erklären. In einer so großen Behörde wie der gräflichen kann es einmal vorkommen, daß eine Abteilung dieses angeordnet, die andere jenes, keine weiß von der anderen, die übergeordnete Kontrolle ist zwar äußerst genau, kommt aber ihrer Natur nach zu spät, und so kann immerhin eine kleine Verwirrung entstehen. Immer sind es freilich nur winzigste Kleinigkeiten wie zum Beispiel Ihr Fall. In großen Dingen ist mir noch kein Fehler bekannt geworden, aber die Kleinigkeiten sind oft auch peinlich genug. Was nun Ihren Fall betrifft, so will ich Ihnen, ohne Amtsgeheimnisse zu machen – dazu bin ich nicht genug Beamter, ich bin Bauer und dabei bleibt es -, den Hergang offen erzählen. Vor langer Zeit, ich war damals erst einige Monate Vorsteher, kam ein Erlaß, ich weiß nicht mehr von welcher Abteilung, in welchem in der den Herren dort eigentümlichen kategorischen Art mitgeteilt war, daß ein Landvermesser berufen werden solle, und der Gemeinde aufgetragen war, alle für seine Arbeiten notwendigen Pläne und Aufzeichnungen bereitzuhalten. Dieser Erlaß kann natürlich nicht Sie betroffen haben, denn das war vor vielen Jahren, und ich hätte mich nicht daran erinnert, wenn ich nicht jetzt krank wäre und im Bett über die lächerlichsten Dinge nachzudenken Zeit genug hätte.« – »Mizzi«, sagte er, plötzlich seinen Bericht unterbrechend, zu der Frau, die noch immer in unverständlicher Tätigkeit durch das Zimmer huschte, »bitte, sieh dort im Schrank nach, vielleicht findest du den Erlaß.« – »Er ist nämlich«, sagte er erklärend zu K., »aus meiner ersten Zeit, damals habe ich noch alles aufgehoben.« Die Frau öffnete gleich den Schrank, K. und der Vorsteher sahen zu. Der Schrank war mit Papieren vollgestopft. Beim Öffnen rollten zwei große Aktenbündel heraus, welche rund gebunden waren, so wie man Brennholz zu binden pflegt, die Frau sprang erschrocken zur Seite. »Unten dürfte es sein, unten«, sagte der Vorsteher, vom Bett aus dirigierend. Folgsam warf die Frau, mit beiden Armen die Akten zusammenfassend, alles aus dem Schrank, um zu den unteren Papieren zu gelangen. Die Papiere bedeckten schon das halbe Zimmer. »Viel Arbeit ist geleistet worden«, sagte der Vorsteher nickend, »und das ist nur ein kleiner Teil. Die Hauptmasse habe ich in der Scheune aufbewahrt, und der größte Teil ist allerdings verlorengegangen. Wer kann das alles zusammenhalten! In der Scheune ist aber noch sehr viel.« – »Wirst du den Erlaß finden können?« wandte er sich dann wieder zu seiner Frau. »Du mußt einen Akt suchen, auf dem das Wort ›Landvermesser‹ blau unterstrichen ist.« – »Es ist zu dunkel hier«, sagte die Frau, »ich werde eine Kerze holen«, und sie ging über die Papiere hinweg aus dem Zimmer. »Meine Frau ist mir eine große Stütze«, sagte der Vorsteher, »in dieser schweren Amtsarbeit, die doch nur nebenbei geleistet werden muß. Ich habe zwar für die schriftlichen Arbeiten noch eine Hilfskraft, den Lehrer, aber es ist trotzdem unmöglich, fertig zu werden, es bleibt immer viel Unerledigtes zurück, das ist dort in jenem Kasten gesammelt«, und er zeigte auf einen anderen Schrank. »Und gar, wenn ich jetzt krank bin, nimmt es überhand«, sagte er und legte sich müde, aber doch auch stolz zurück. »Könnte ich nicht«, sagte K., als die Frau mit der Kerze zurückgekommen war und vor dem Kasten kniend den Erlaß suchte, »Ihrer Frau beim Suchen helfen?« Der Vorsteher schüttelte lächelnd den Kopf: »Wie ich schon sagte, ich habe keine Amtsgeheimnisse vor Ihnen; aber Sie selbst in den Akten suchen zu lassen, so weit kann ich denn doch nicht gehen.« Es wurde jetzt still im Zimmer, nur das Rascheln der Papiere war zu hören, der Vorsteher schlummerte vielleicht sogar ein wenig. Ein leises Klopfen an der Tür ließ K. sich umdrehen. Es waren natürlich die Gehilfen. Immerhin waren sie schon ein wenig erzogen, stürmten nicht gleich ins Zimmer, sondern flüsterten zunächst durch die ein wenig geöffnete Tür: »Es ist uns zu kalt draußen.« – »Wer ist es?« fragte der Vorsteher aufschreckend. »Es sind nur meine Gehilfen« sagte K., »ich weiß nicht, wo ich sie auf mich warten lassen soll, draußen ist es zu kalt, und hier sind sie lästig.« – »Mich stören sie nicht«, sagte der Vorsteher freundlich. »Lassen Sie sie hereinkommen. Übrigens kenne ich sie ja. Alte Bekannte.« – »Mir aber sind sie lästig«, sagte K. offen, ließ den Blick von den Gehilfen zum Vorsteher und wieder zurück zu den Gehilfen wandern und fand aller drei Lächeln ununterscheidbar gleich. »Wenn ihr aber nun schon hier seid«, sagte er dann versuchsweise, »so bleibt und helft dort der Frau Vorsteher einen Akt zu suchen, auf dem das Wort ›Landvermesser‹ blau unterstrichen ist.« Der Vorsteher erhob keinen Widerspruch. Was K. nicht durfte, die Gehilfen durften es, sie warfen sich auch gleich auf die Papiere, aber sie wühlten mehr in den Haufen, als daß sie suchten, und während einer eine Schrift buchstabierte, riß sie ihm der andere immer aus der Hand. Die Frau dagegen kniete vor dem leeren Kasten, sie schien gar nicht mehr zu suchen, jedenfalls stand die Kerze sehr weit von ihr. »Die Gehilfen«, sagte der Vorsteher mit einem selbstzufriedenen Lächeln, so als gehe alles auf seine Anordnungen zurück, aber niemand sei imstande, das auch nur zu vermuten, »sie sind Ihnen also lästig, aber es sind doch Ihre eigenen Gehilfen.« – »Nein«, sagte K. kühl, »sie sind mir erst hier zugelaufen.« – »Wie denn, zugelaufen«, sagte der Vorsteher, »zugeteilt worden, meinen Sie wohl.« – »Nun denn, zugeteilt worden«, sagte K. »Sie könnten aber ebensogut herabgeschneit sein, so bedenkenlos war diese Zuteilung.« – »Bedenkenlos geschieht hier nichts«, sagte der Vorsteher, vergaß sogar den Fußschmerz und setzte sich aufrecht. »Nichts«, sagte K., »und wie verhält es sich mit meiner Berufung?« – »Auch Ihre Berufung war wohl erwogen«, sagte der Vorsteher, »nur Nebenumstände haben verwirrend eingegriffen, ich werde es Ihnen an Hand der Akten nachweisen.« – »Die Akten werden ja nicht gefunden werden«, sagte K. »Nicht gefunden?« rief der Vorsteher. »Mizzi, bitte, such ein wenig schneller! Ich kann Ihnen jedoch zunächst die Geschichte auch ohne Akten erzählen. Jenen Erlaß, von dem ich schon sprach, beantworteten wir dankend damit, daß wir keinen Landvermesser brauchen. Diese Antwort scheint aber nicht an die ursprüngliche Abteilung, ich will sie A nennen, zurückgelangt zu sein, sondern irrtümlicherweise an eine andere Abteilung B. Die Abteilung A blieb also ohne Antwort, aber leider bekam auch B nicht unsere ganze Antwort; sei es, daß der Akteninhalt bei uns zurückgeblieben war, sei es, daß er auf dem Weg verlorengegangen ist – in der Abteilung selbst gewiß nicht, dafür will ich bürgen -, jedenfalls kam auch in der Abteilung B nur ein Aktenumschlag an, auf dem nichts weiter vermerkt war, als daß der einliegende, leider in Wirklichkeit aber fehlende Akt von der Berufung eines Landvermessers handle. Die Abteilung A wartete inzwischen auf unsere Antwort, sie hatte zwar Vermerke über die Angelegenheit, aber wie das begreiflicherweise öfters geschieht und bei der Präzision aller Erledigungen geschehen darf, verließ sich der Referent darauf, daß wir antworten würden und daß er dann entweder den Landvermesser berufen oder nach Bedürfnis weiter über die Sache mit uns korrespondieren würde. Infolgedessen vernachlässigte er die Vormerke, und das Ganze geriet bei ihm in Vergessenheit. In der Abteilung B kam aber der Aktenumschlag an einen wegen seiner Gewissenhaftigkeit berühmten Referenten, Sordini heißt er, ein Italiener; es ist selbst mir einem Eingeweihten, unbegreiflich, warum ein Mann von seinen Fähigkeiten in der fast untergeordneten Stellung gelassen wird. Dieser Sordini schickte uns natürlich den leeren Aktenumschlag zur Ergänzung zurück. Nun waren aber seit jenem ersten Schreiben der Abteilung A schon viele Monate, wenn nicht Jahre vergangen; begreiflicherweise, denn wenn, wie es die Regel ist, ein Akt den richtigen Weg geht, gelangt er an seine Abteilung spätestens in einem Tag
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