Wie man Maler wird. Hendrik Conscience
Akademie gehen, wenn ihr ihn darauf bringen könnt. (Das Kind hüpft auf vor Freude, küßt seinen Vater, küßt seine Mutter, küßt seine Großmutter und erfüllt die Stube mit seinem Freudengeschrei.) Aber unter einer Bedingung, nämlich: daß, wenn Franz nicht gut und schnell lernt, er auf mein erstes Wort von der Akademie wegbleibt.«
Fränzchen (mit strahlenden Augen und mit Begeisterung): »O, ich werde gut lernen, Väterchen lieb!«
Der Vater: »Geh jetzt nur schlafen, Kind.«
Fränzchen kroch wohlgemut und eilig in sein Bett. Die drei andern Personen nahmen die Lampe vom Tisch und stiegen eine kleine steile Treppe hinauf, um sich gleichfalls zur Ruhe zu begeben. Oben angekommen, hielten sie noch Rat über die Mittel, die angewendet werden könnten, um für Fränzchen einen Platz auf der Akademie zu erwirken. Nach ziemlich langer Verhandlung beschloß man folgendes:
Des Nachbars Trees!4 hat Bekanntschaft mit dem Lehrjungen des Barbiers, der den Bedienten des Herrn Direktors Wappers rasiert. Durch Trees würde man die Fürsprache dieses Lehrjungen gewinnen können; dieser sollte mit seinem Meister reden; der Meister mit des Herrn Wappers Bedienten und der Bediente mit Herrn Wappers selbst. Herr Wappers würde dann darüber mit Herrn van Bree sprechen.
Sie zweifelten nicht, daß diese ungewöhnliche Verkettung von Fürsprechern ihnen zum Ziele verhelfen würde, und wurden hiervon noch mehr überzeugt, als die Großmutter bemerkte, daß nichts vorteilhafter sei, als die Fürsprache eines Barbiers, in Betracht, daß man demjenigen schwerlich etwas abschlagen werde, der uns täglich das Messer an die Kehle setzt u.s.w.
Nun, übermorgen sollen Mutter und Großmutter ihren Sonntagsstaat anziehen: das saubere Leibchen, den stoffenen Rock, die Spitzenhaube und die Schuhe von Baumwollensamt. Sie sollen einige Zeichnungen von Franz mitnehmen, um sie den Herren von der Akademie zu zeigen, und Großmutter soll das Wort führen, um ihnen darzutun, welches Talent in Fränzchen steckt.
2
Gang zur Akademie. – Die Nachkommen Eulenspiegels. – Beratung der Professoren über Fränzchens Beruf. – Untersuchung der Beweisstücke. – Die Akademie kriegt einen Schüler mehr
Die Sonne, die größte Malerin der Welt, war beschäftigt, hinter dem Horizont ihre Palette zubereiten; sie vereinigte und mischte auf derselben die schönsten Farben, welche sie besitzt, um diesen feierlichen Tag – um Fränzchens ersten Schritt auf der Bahn der Kunst mit einem ungewöhnlichen Glanze zu bescheinen. Schon wirft sie mit einem einzigen Pinselstrich die graugelbe Grundfarbe auf ihre unermeßliche Leinwand, und die Stadt Antwerpen steht da als angelegte Skizze, sichtbar im Dämmerlichte.
Die Hähne, die götzendienerischen Anbeter der Sonne, begrüßen ihr Nahen mit gellenden Kehllauten und schreien so lange und so durchdringend, daß Großmutter darob erwacht, und gleich ihren ersten Gedanken dem Glücke ihres Fränzchens widmet.
Obwohl die Nacht als schrecklich geschildert wird, ist sie doch nicht selten eine Wohltäterin. Sie allein ist gerecht nach allen Seiten: die Guten erfüllt sie mit Freude und Friede; die Bösen quält sie durch wahre oder eingebildete Strafen. Als Gottes Gesandtin sieht sie in das Innerste der Herzen und kündigt dem Menschen voraus an, welchen Lohn und welche Züchtigung seine Taten verdienen und erwarten müssen.
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