Die Harfenjule. Klabund

Die Harfenjule - Klabund


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junger Mann mit Namen Meier lief täglich vor ihr auf und ab. Er gab ihr fünfundzwanzig Dreier, daß sie ihm ihre Liebe gab.

      Sie zählte sehr besorgt die Pfennige und legte sie in einen Schrank. Allein es schienen ihr zu wenige, sie wünschte etwas Silber mang.

      Er dachte an die Ladenkasse. Und eines Tages ward bekannt, daß Rosa sich betreffs befasse, doch Meier sich in Haft befand.

      So geht es in der Welt zuweilen: Der erste muß die Klinke zieh'n – der zweite soll sich nur beeilen, das Fräulein wartet schon auf ihn.

      Berliner Ballade

      Sie hing wie eine Latte vom Schranke steif und stumm. Am Morgen sah's ihr Gatte, lief nach dem Polizeipräsidium.

      »Meine Frau«, so schrie er, »ist verschieden …« Doch der Polizeiwachtmeister Schmidt, rollte blutig seine Augen: »Wie denn, ha'm Sie den Jeburtsschein mit?«

      Dieses hatte er mit nichten, und er setzte sich in Trab, spät entsann er sich der ehelichen Pflichten, – schnitt sie ab.

      Und er legt den Strick an seine Kehle, vor dem Spiegel, peinlich und honett. Nimmt noch einen Schluck, befiehlt Gott seine Seele.– schwapp, schon baumelt er am Ehebett.

      Liebeslied

      Hui über drei Oktaven Glissando unsre Lust. Laß mich noch einmal schlafen an deiner Brust.

      Fern schleicht der Morgen sachte, kein Hahn, kein Köter kläfft. Du brauchst doch erst um achte ins Geschäft.

      Laß die Matratze knarren! Nach hinten schläft der Wirt. Wie deine Augen starren! Dein Atem girrt!

      Um deine Stirn der Morgen flicht einen bleichen Kranz. Du ruhst in ihm geborgen als eine Heilige und Jungfrau ganz.

      Trinklied

      Ich sitze mit steifer Geste wie ein Assessor beim Feste. Mein Herz schlägt hinter der Weste, was weiß ich. Hielte der Kragen nicht meinen Schädel, er rollte in deinen Schoß, Mädel, und tränke Tokayer dort edel, was weiß ich.

      In mir wogt Näh und Ferne. Prost, goldne Brüder, ihr Sterne! Die Schenkin aus der Taverne, was weiß ich, bringt einen vollen Humpen. Nun sauft, ihr gottvollen Lumpen, und qualmt mit euren Stumpen, was weiß ich.

      Ich streichle mit weinfeuchter Tatze dein zartes Fellchen, Katze, schon springt ein Knopf am Latze, was weiß ich. Wir wollen das Fest verlassen und im Mondschein der alten Gassen uns pressen und Liebe prassen, was weiß ich.

      Es sind so viele gegangen, die einst an mir gehangen, sie soffen mit mir und sangen, was weiß ich. Und komm ich einst zu sterben, soll eins mir nicht verderben, du sollst das eine mir erben, das weiß ich.

      Bürgerliches Weihnachtsidyll

      Was bringt der Weihnachtsmann Emilien? Ein Strauß von Rosmarin und Lilien. Sie geht so fleißig auf den Strich. O Tochter Zions, freue dich!

      Doch sieh, was wird sie bleich wie Flieder? Vom Himmel hoch, da komm ich nieder. Die Mutter wandelt wie im Traum. O Tannebaum! O Tannebaum!

      O Kind, was hast du da gemacht? Stille Nacht, heilige Nacht. Leis hat sie ihr ins Ohr gesungen: Mama, es ist ein Reis entsprungen! Papa haut ihr die Fresse breit. O du selige Weihnachtszeit!

      Die heiligen drei Könige

(Bettelsingen)

      Wir sind die drei Weisen aus dem Morgenland, die Sonne, die hat uns so schwarz gebrannt. Unsere Haut ist schwarz, unsere Seel ist klar, doch unser Hemd ist besch … ganz und gar. Kyrieeleis.

      Der erste, der trägt eine lederne Hos', der zweite ist gar am A … bloß, der dritte hat einen spitzigen Hut. auf dem ein Stern sich drehen tut. Kyrieeleis.

      Der erste, der hat den Kopf voll Grind, der zweite ist ein unehlich' Kind. Der dritte nicht Vater, nicht Mutter preist, ihn zeugte höchstselbst der heilige Geist. Kyrieeleis.

      Der erste hat einen Pfennig gespart, der zweite hat Läuse in seinem Bart, der dritte hat noch weniger als nichts, er steht im Strahl des göttlichen Lichts. Kyrieeleis.

      Wir sind die heiligen drei Könige, wir haben Wünsche nicht wenige. Den ersten hungert, den zweiten dürst', der dritte wünscht sich gebratene Würst. Kyrieeleis.

      Ach, schenkt den armen drei Königen was. Ein Schöpflöffel aus dem Heringsfaß – verschimmelt Brot, verfaulter Fisch, da setzen sie sich noch fröhlich zu Tisch. Kyrieeleis.

      Wir singen einen süßen Gesang den Weibern auf der Ofenbank. Wir lassen an einem jeglichen Ort einen kleinen heiligen König zum Andenken dort. Kyrieeleis.

      Wir geben euch unseren Segen drein, gemischt aus Kuhdreck und Rosmarein. Wir danken für Schnaps, wir danken für Bier. Anders Jahr um die Zeit sind wir wieder hier. Kyrieeleis.

      Bauz

      Bauz schwingt zierlich den Zylinder, Bauz entstellt sich hiermit vor. Bauz hat 45 Kinder und nen Bruch im Wasserrohr.

      Bauz ist ohne alle Frage. Bauz ist geradezu direkt, Bauz macht jede Nacht zum Tage, Bauz hat einen Schlauchdefekt.

      Bauz ist jeder Krone Gipfel, Bauz ist jedes Aermels Loch, Bauz ist auf dem I das Tipfel, Bauz kroch, wo noch keiner kroch.

      Bauz ist wiederum hingegen, Bauz ist zwecks zu dem behuf, Bauz ist andernteils deswegen, Bauz ist ohne Widerruf!

      Schwindsüchtige

      Sie müssen ruh'n und ruh'n und wieder ruh'n, teils auf den patentierten Liegestühlen sieht man in Wolle sie und Wut sich wühlen, teils haben sie im Bette Kur zu tun.

      Nur mittags hocken krötig sie bei Tisch und schlingen Speisen: fett und süß und zahlreich. Auf einmal klingt ein Frauenlachen, qualreich, wie eine Aeolsharfe zauberisch.

      Vielleicht, daß einer dann zum Gehn sich wendet, – er ist am nächsten Tage nicht mehr da – und seine Stumpfheit mit dem Browning endet …

      Ein andrer macht sich dick und rund und rot. Die Aerzte wiehern stolz: Halleluja! Er ward gesund! (und ward ein Halbidiot …)

      Der Seiltänzer

      Er geht. Die schräge Stange trägt ihn linde. Der Himmel schlägt um ihn ein Feuerrad. Ein Lächeln fällt von einem mageren Kinde, und an dem Lächeln wird die Mutter satt.

      Ein jeder fühlt sich über sich erhaben und tänzelt glücklich auf gespanntem Seil. Die Menschen wimmeln braun wie Küchenschaben, und sind dem Blick der Höhe wehrlos feil.

      Dort unten hockt in schmutzigen Galoschen das Niedere und Gemeine, und es hebt die Stirn zur Höhe für zwei povre Groschen, an denen feucht der Schweiß des Werktags klebt.

      Mystik

      Ich gehe langsam durch die Stadt zum Ein- bis Zweifamilienbad. Schon hebt sich aus der weißen Flut ein brauner Bauch, der trübe tut. Der Bauch tut nichts. Je nun: ich weiß: die andre Seite ist der Steiß. Ein jedes erntet hier sein Heil vom Gegen-Teil. Im Gegen-Teil.

      Philosophie

      Ein Philosoph schlug einen Kreis. Wer weiß, was er damit bedachte.

      Und siehe da – wie hingeschnellt hat sich ein zweiter zugesellt. Da war es eine Achte.

      So gehts den Philosophen meist, daß sie zwei nackte Nullen dreist zu einer Acht erheben.

      Doch sehn sie das Exempel ein? Nein! Wo bliebe sonst ihr Leben?

      Spaziergang

      Ueber uns will es sich in den Zweigen regen, und ein hübscher Vogel macht sich plüsternd breit. Wird er jetzt wohl Eier legen oder was ist seine Tätigkeit?

      Plötzlich hat's auf der erhobenen Stirne irgendwie und irgendwo geklext,


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