In der Dämmerstunde. Уилки Коллинз

In der Dämmerstunde - Уилки Коллинз


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genau, wie viel Du gehört hast?« fragte ich. – »Nein,« sagte er in einem ganz gleichgültigen Tone und wusch dabei seine Augen mit dem kleinen Schwämmchen ruhig weiter. Ich nahm ihm das Schwämmchen ab und fuhr damit leise über die beiden theuern Augen und fragte: »Denkst Du, dass ich es verstehen würde, Deine hübschen Geschichten niederzuschreiben, wenn Du sie mir noch einmal erzählen würdest?« – »O ja,« erwiderte William, »doch warum diese Frage?«

      »Weil ich wünsche, dass sie nicht so schnell vergessen werden mögen,« sagte ich. »Ich werde jetzt Dein linkes Auge baden, weil dies des Nachts die meiste Hitze hat,« fügte ich hinzu und nachdem ich verschiedene Versuche gemacht hatte, ihn noch wach zu erhalten, sagte ich plötzlich: »William, ich habe einen Plan, der uns mit so vielem Geld versehen wird, als wir hier nötig haben werden.«

      Er warf seinen Kopf plötzlich in die Höhe und sah mich an. »Welchen Plan?« fragte er. »Diesen,« erwiderte ich; »der Zustand Deiner Augen erlaubt es wahrscheinlich nicht, dass Du ferner Deine Malkunst ausübst, ist es nicht so? Was wirst Du nun tun in Deinen unbeschäftigten Stunden? Werde Schriftsteller, teurer Mann, und wir werden so viel Geld verdienen wie wir brauchen, wenn wir ein Buch veröffentlichen.«

      »Aber ich bitte Dich, Leah, bist Du von Sinnen?« rief er aus.

      Ich legte meinen Arm sanft um seinen Hals und setzte mich auf seinen Schoß, so mache ich es nämlich stets, wenn ich Etwas von ihm erbitten will. »Nun, William,« bat ich »höre mir aufmerksam zu. Ein Künstler unterliegt Zufällen; seine Kunst hängt von dem Gebrauche seiner Augen und Finger ab; ein Schriftsteller dagegen kann sich der Augen und Finger Anderer bedienen. Du bist jetzt in der Lage, solche Dienste annehmen zu müssen, so werde also Schriftsteller. Doch warte und höre weiter! Dein Buch soll alle die Geschichten enthalten, die Du hörtest und die Du so angenehm vorzutragen verstehst. Du wirst sie mir dictiren und ich werde sie niederschreiben; dann wird unser Manuskript gedruckt werden und wir werden das fertige Buch dem Publikum verkaufen, so werden wir Andere unterhalten und uns helfen.«

      Mein Mann hatte aufmerksam zugehört und fragte ganz erstaunt: »Wie kommst Du denn zu diesem Plan, Leah?«

      »Ich kam darauf, während Du unserm jungen Seemann von dem Abenteuer in dem Spielhaus erzähltest,« erwiderte ich.

      »Es ist eine scharfsinnige und kühne Idee,« warf er gedankenvoll ein; »aber es ist ganz etwas Anderes in Freundeskreisen zu erzählen als für das große Publikum; bedenke doch, meine Liebe, dass wir nicht daran gewöhnt sind für die Öffentlichkeit zu schreiben.«

      »Das ist wohl wahr,« sagte ich, »aber daran ist Niemand gewöhnt, der erst anfängt, zu schreiben, und gerade die zufällige Literatur hat oft den meisten Erfolg. Wir haben das fertige Material schon unter unsern Händen und wir werden gewiss einen guten Erfolg zu erwarten haben, denn wir werden nur Wahrheiten bieten.«

      »Wo finden sich aber bei uns die lebhafte Beschreibung und die überraschenden Reflexionen und noch mehr dergleichen Eigenschaften?« sagte William, seinen Kopf schüttelnd.

      »Nirgends!« rief ich aus. »Die Eigenschaften, welche Du als uns fehlend nanntest, besitzen gewöhnlich die Unterhaltungsbücher, die Niemand liest. Überlege nicht so ängstlich, lieber Mann,« sagte ich, als ich sah, dass er wieder seinen Kopf hin und her zu wiegen begann; »ich bin meines Erfolges fast sicher, wenn Du jedoch noch Zweifel hegst, so lass uns diese Angelegenheit einem andern Schiedsrichter vorlegen. – Der Doktor will Dich morgen besuchen. Ich werde ihm sagen, was ich für uns ersonnen habe, Du kannst dabei sein; sein Ausspruch soll dann maßgebend für mich sein.«

      William gab lächelnd seine Erlaubnis dazu; »So ging ich denn in bester Stimmung zur Ruhe. Ich hätte den Doktor gewiss nicht zum Schiedsrichter erwählt, wenn ich nicht im voraus gewusst hätte, er würde auf meiner Seite sein.

      Am 6. Der Schiedsrichter hat bewiesen. dass ich mich nicht in ihm geirrt habe. Er war schon ganz meiner Ansicht als ich ihm meinen Plan kaum halb mitgeteilt hatte. Von den Schwierigkeiten, welche mein guter Mann machte, wollte er gar nichts hören. »Keine lange Überlegung, Mister Kerby!« rief er lustig aus. »Schnell ans Werk! und das Glück wird folgen! Ich sagte es ja immer, Ihre Frau wiegt so schwer wie Gold, jetzt beweist sie es, darum schnell an die Arbeit!«

      »Von ganzem Herzen gern,« sagte William, und es schien, als ergriff ihn unser Enthusiasmus nun schließlich auch; »aber,« setzte er hinzu, »wenn meine Frau und ich geschrieben haben werden, was sollen wir dann mit dem Produkt unserer Tätigkeit anfangen?«

      »Das übernehme ich,« antwortete der Doktor, »beendigen Sie nur Ihr Werk und senden Sie mir es dann, ich werde es dem Herausgeber unserer Zeitung vorlegen; er hat mehrere literarische Freunde in London und ist außerdem ganz der Mann, Ihnen tätig beizustehen. Haben Sie schon einen Titel für Ihr neues Buch, Mistreß Kerby?«

      Bei dieser Frage erinnerte ich mich dass ich noch nicht daran gedacht habe, dem Buch auch einen Titel zu geben.

      »Ein ansprechender Titel ist von großer Wichtigkeit,« sagte der Doktor nachdenklich. »Wir müssen jetzt Alle daran denken! Nun, Mistreß, Kerby, wie wird er heißen?«

      »Wir werden gewiss die Arbeit niemals vollenden können,« warf mein Mann ein; »denn, Leah, wie willst Du Zeit finden, die Arbeit die Dir Deine Mutterliebe auferlegt, mit den schriftstellerischen Arbeiten zu vereinen. Du wirst nicht Zeit finden, das niederzuschreiben, was ich Dir diktieren werde.«

      »Daran habe ich diesen Morgen auch gedacht,« antwortete ich, »und da habe ich gefunden, dass ich während der Tagesstunden wenig Zeit für Deine Diktate finden werde, wo ich mit dem Waschen, Ankleiden, Unterricht und Spazierengehen der Kinder viel beschäftigt bin, und wo ich auch Nachmittags so gern mit der Pächterin und ihren Töchtern ein Wenig plaudere; aber wenn die Kinder in ihren Bettchen sind, wenn der Pächter und seine Familie lesen, werde ich fast täglich drei Stunden erübrigen können, dann werden wir an unsere schriftstellerische Arbeit gehen – so »nach der Dämmerstunde«.«

      »Da ist der Titel!« rief der Doktor laut aus und sprang von dein Stuhle auf, als wäre er von einem Schuss getroffen worden.

      »Wo?« rief ich aus und blickte so erstaunt um mich, als wenn ich erwartete, der Titel solle sich mit magischen Schriftzügen über die Wände des Zimmers ausbreiten.

      »Er ist in Ihren letzten Worten enthalten,« sagte der Doktor, »Sie sagten ja soeben, dass Sie nur in der Dämmerstunde zu schreiben beginnen wollten; was können wir Besseres tun, als das Buch nach der Zeit benennen, in welcher es geschrieben ist?

      »Nennen Sie es getrost: Nach der Dämmerstunde: doch still! Bevor noch Jemand ein Wort darüber verliert, lassen Sie uns sehen, wie dieser Titel auf dem Papier aussieht.«

      Ich öffnete meine Schreibmappe in großer Hast. Der Doktor nahm das größte Stück Papier, welches er finden konnte, heraus, ergriff die schönste Feder, die vorhanden war und schrieb mit großen Buchstaben die zauberhaften Worte:

»Nach der Dämmerstunde.«

      Wir neigten uns alle drei über das Papier und in atemloser Stille studierten wir den Effekt dieser Worte. William riss den grünen Augenschirm herab und wurde so dem Doktor trotz dessen Anwesenheit, ungehorsam. Nach einem langen Schweigen blickten wir uns einander an, und fanden, dass der Doktor wirklich, schnell und gut, den treffendsten Titel gefunden hatte.

      »Ich habe das Titelblatt geschrieben,« sagte unser Freund und nahm seinen Hut, um sich zum Fortgehen zu rüsten, »ich überlasse es jetzt Ihnen, das Buch zu schreiben.« Seitdem habe ich mir nun vier Federn vorbereitet und ein Buch Papier aus dem Laden des Dorfkrämers gekauft.« William denkt über seine Geschichten nach, damit er bis zur Dämmerstunde bereit sei, mir zu diktieren; denn wir wollen diesen Abend unsere neue Tätigkeit beginnen. Mein Herz schlägt und meine Augen glänzen, wenn ich daran denke. Unsere teuersten Interessen sind ja an die Beschäftigung geknüpft, welche wir heute unternehmen wollen.

       Die Erzählung des Reisenden

      von dem entsetzlichen fremden Bett

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      Einleitung

      Bevor ich mit Hilfe meiner geduldigen, aufmerksamen und schreibe-fertigen Frau die Geschichten mitteile, welche


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