Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman - Leni Behrendt


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zu mischen.«

      »Ach was!« sagte er unwirsch. »Es gibt ja sogar Tierschutzvereine... Halt mal, zetert die alte Scharteke da oben nicht wieder? Das höre ich mir jetzt nicht mehr länger mit an. Ich werde ihr so fünf Minuten lang das Leben bestimmt nicht lieb machen.«

      Zornig stampfte er ab, doch schon hängten Gattin und Schwiegertochter sich an seinen Armen.

      »Alter, mach keine Dummheiten!« bat Frau Warteck beschwörend. »Wenn du denen da oben Grobheiten sagst, schadest du dem armen Ding mehr, als du ihm nützt. Wir wollen erst mal sehen, was da überhaupt los ist.«

      Spaltbreit öffnete sie die Korridortür, und nun konnte man jedes Wort hören, das gesprochen wurde.

      »Beeil dich gefälligst, damit ich sehen kann, daß du auch wirklich in die Waschküche gehst!« schrillte die Stimme Frau Rosalias, die gleich der Tochter zum Ausgehen gekleidet auf der halben Treppe stand, die Lenore nun hinabhastete. Wobei sie das Pech hatte, im Vorbeigehen der Schwägerin auf den Fuß zu treten, was diese so erboste, daß sie der jungen Frau einen harten Stoß versetzte.

      »Kannst du nicht aufpassen, du Tolpatsch!«

      Weitere Betitelungen erstarben ihr im Mund, denn Lenore stolperte, griff ins Leere und fiel die letzten Stufen hinunter, wo sie reglos liegenblieb.

      Aber da wurde der alte Herr mobil. Die Tür flog auf, mit einigen Sätzen war er auf der Treppe und sprang mit erhobenen Fäusten auf Anka zu, die sich mit lautem Aufschrei hinter den Rücken der Mutter flüchtete.

      »Kanaille!« knirschte der Mann, außer sich vor Empörung. »Raus aus meinem ehrbaren Haus, das keinen Platz für Mörder hat! Zur Polizei werde ich gehen und Anzeige erstatten.«

      Weiter kam er nicht, weil die beiden Feiglinge Reißaus nahmen. Wie gejagt hetzten sie die Treppe hinauf, die Etagentür knallte zu. Und dann atembeklemmende Stille, in die nur das Weinen der jungen Frau Warteck tönte. Auf dem Boden kniend, hielt sie im Schoß Lenores Kopf, der aus einer Wunde blutete, die sie sich am Fußabkratzer geschlagen. hatte. Todblaß war das Gesicht, der Mund im Schmerz verkrampft.

      »Mein Gott, sie ist doch nicht etwa tot?« fragte schluchzend die junge Frau, doch der Schwiegervater, gleich der Gattin zutiefst erschüttert, sagte leise:

      »Gottlob nicht, mein Kind. Sieh nur, ihre Augenlider zucken. Faß an, wir bringen sie zu uns. Dann rufe ich sofort das Krankenhaus an und bestelle den Wagen, denn bei dem harten Aufprall wird die Wunde wohl nicht die einzige Verletzung sein.«

      Damit sollte er recht behalten. Als Lenore nämlich nach vielen Bemühungen endlich zu sich kam, krümmte sie sich vor Leibschmerzen. Zum Glück kam der Krankenwagen überraschend schnell, die Bahre wurde hineingeschoben, die Türen schlossen sich.

      Das war Lenores Auszug aus dem Haus, das sie vor einem Vierteljahr so bangenden Herzens betreten hatte.

      *

      Der Chefarzt des Krankenhauses »Zur Barmherzigkeit« saß in seinem Zimmer und prüfte die Röntgenaufnahmen, die heute gemacht worden waren. Er hatte einen verantwortungsvollen Posten, war ihm aber durchaus gewachsen.

      Klein, rundlich, mit einem rosigen Gesicht und respektabler Glatze sah er eher wie ein gemütlicher Onkel als wie eine Respektsperson aus. Aber er war eine, das wußten alle, die mit ihm zu tun hatten.

      »Herein!« forderte seine markige Stimme, die an dem Mann geradezu frappierte, zum Eintritt auf, und schon schob sich ein haubengeschmückter Kopf vorsichtig durch den Türspalt.

      »Ist’s erlaubt, Herr Professor?«

      »Eigentlich nicht, verehrte Oberin, aber kommen Sie schon.«

      Gleich darauf stand ein weibliches Wesen vor dem mächtigen Schreibtisch, das man als Pendant des Arztes bezeichnen konnte. Aber auch hier trog der Schein, das war längst bewiesen; denn die Oberschwester war alles andere als ein rundliches Tantchen.

      Professor Hollgart lehnte sich im Schreibtischsessel zurück, schob die große Brille auf die Stirn und sah die Oberschwester vergnügt an, die seine beste Mitarbeiterin und Vertraute war seit vielen Jahren. Daher bestand auch zwischen ihnen ein Ton, den sich ein gewöhnlicher Sterblicher beileibe nicht diesen beiden Gefürchteten gegenüber erlauben durfte.

      »Na, nun schießen Sie mal los,

      Agathchen, was gibt’s denn? Sie machen nämlich den Eindruck, als hätten Sie so allerlei auf dem Herzen. In der Klemme?«

      »Man hat eine Patientin eingeliefert, Herr Professor.«

      »Das dürfte bei uns wohl nichts Neues sein.«

      »Aber die Patientin heißt Lenore Skörsen.«

      »Wie – was? Etwa die Frau unseres Ralf?« horchte er auf, und sie nickte.

      »Stimmt genau.«

      »Was hat sie?«

      »Eine nicht ungefährliche Kopfwunde und einen Abortus.«

      »Nanu, wie ist das beides zugleich möglich? Ist das Unglückswürmchen etwa vor Schmerzen gegen die Wände gerannt?«

      »Nein. Die liebe Schwägerin hat sie wutentbrannt die Treppe hinuntergestoßen.«

      »Jetzt schlägt’s aber dreizehn«, sagte der Arzt verblüfft. »Wo gibt’s denn so was?«

      »Kommt in den besten Familien vor – sagt ein Ausspruch.«

      »Oberin, Ihre Pomadigkeit möchte ich auch mal haben. Gottsdonner, da wird der Ralf aber staunen, wenn er zurück kommt! Wo haben Sie die Ärmste untergebracht?«

      »In meinem Zimmer.«

      »Wozu das? Ist sonst nichts mehr frei?«

      »Sogar noch ein Bett in Zweiter.«

      »Und warum bringen Sie die Kranke da nicht unter?«

      »Sie spricht im Fieber, Herr Professor, und zwar mancherlei, was dem Ralf nebst Angehörigen nicht gerade zur Ehre gereicht.«

      Sie sahen sich an und verstanden sich wie immer, auch ohne viele Worte.

      »Wer hat sie eingeliefert?« fragte der Arzt nach sekundenlangem Schweigen.

      »Etwa die lieben Anverwandten?«

      »Die werden sich hüten. Die Wirtsleute, die auch mitansahen, wie der Unfall geschah, begleiteten die Kranke.«

      »Sie sind noch im Haus?«

      »Ja.«

      »Ich möchte sie sprechen.«

      Minuten später standen Wartecks vor dem Professor und der Oberschwester. Sie weinte in sich hinein, er machte ein Gesicht, als würde er am liebsten alles um sich her verschlingen. Bevor der Arzt ihn noch dazu auffordern konnte, legte er auch schon los, mit Grimm und Groll geladen bis zur Halskrause.

      Und so bekamen denn die beiden atemlos Lauschenden das ganze Martyrium Lenores zu hören – kraß, schonungslos, aber auch wahrheitsgemäß. Denn Herr Warteck war kein Freund von Klatsch, der in der engeren Umgebung natürlich herrlich blühte, er verließ sich lieber auf seine eigenen Augen und Ohren.

      »Wird für die Lenore auch wirklich alles getan werden?«

      »Was in Menschenkräften steht. Das sind wir schon allein unserm Mitarbeiter Doktor Skörsen schuldig.«

      »Ach, der«, brummelte der alte Herr. »Der hat ja keine Rücksicht verdient. Wann kommt er zurück?«

      »Übermorgen. Und nun muß ich Sie leider verabschieden, weil ich zu der Patientin gehen möchte. Haben Sie nochmals herzlichen Dank.«

      »Was wir taten, war Selbstverständlichkeit, Herr Professor. Dürfen wir mal anrufen und fragen, wie es der Lenore geht?«

      »Sooft Sie wollen.«

      »Dann danke schön.«

      Damit zogen sie ab, und der Arzt sah die Oberschwester so durchbohrend an,


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