Gesammelte Werke von Stefan Zweig. Стефан Цвейг
ziemt es den Knaben, die Könige zu richten.
BARUCH:
Jung bin ich, doch wer ist Jerusalem, wenn die Jugend nicht? Die Bedächtigen nicht haben es gebaut. David, der Junge, hat sie getürmet und groß gemacht unter den Völkern.
SEBULON:
Schweige, nicht dein ist das Wort auf dem Markte.
BARUCH:
Sollen nur die Bedächtigen reden, nur die Greise beraten, daß Israel ergreise vor den Jahren und Gottes Wort faule in unsern Herzen? Unser ist die Stunde, unser die Rache. Ihr habt euch gebeuget, wir wollen uns erheben, ihr habt gezögert, und wir wollen vollbringen, ihr hattet den Frieden, und wir wollen den Krieg.
SEBULON:
Was weißt du vom Kriege, du Vorwitziger. Wir, die Väter, haben ihn gekannt. Er ist groß in den Büchern, aber ein Würger ist er in Wahrheit und ein Schänder des Lebens.
BARUCH:
Ich fürchte ihn nicht. Ein Ende der Knechtschaft!
EINE STIMME:
Einen Eid des Friedens hat Zedekia geschworen.
STIMMEN:
Ungültig ist der Eid… er zerbreche den Schwur… kein Eid gilt den Heiden…
STIMMEN (von rückwärts aus der Gasse kommend, im Jubel):
Abimelech! Heil Abimelech… Abimelech, unser Führer… heil dir…
(DIE GRUPPEN sammeln sich um Abimelech, den Obersten der Krieger, und jubeln ihm zu.)
STIMMEN: Abimelech… ist es wahr, daß Ägypten ein Bündnis bietet… raffe dein Schwert… auf, ziehe wider Assur… raffe Israels Kraft… wir sind bereit… wir sind bereit…
ABIMELECH (auf der Höhe der Stufen zu der Menge): Sei bereit, Volk von Jerusalem, denn nahe ist die Stunde deiner Freiheit.
(DIE MENGE, die ihn umringt, bricht in Jubelschreie aus.)
ABIMELECH:
Pharao Necho hat uns seine geharnischte Hand geboten. Er will sich uns gesellen, daß wir selbzweit Assurs Macht brechen, und wir wollen es tun, mein Volk von Jerusalem. Bereit sind deine Streiter, gerüstet deine Kämpfer, geschirrt deine Wagen, gespannt deine Bogen, nun stähle dein Herz, Volk von Jerusalem.
DIE MENGE (jauchzend):
Auf gegen Assur… Krieg mit Chaldäa… heil Abimelech…
EIN KRIEGER:
Wie die Schafe werden wir sie vor uns hertreiben. Sie haben sich matt gemacht in den Frauenhäusern, und ihr König trug nie eines Kriegers Gewand.
EINE STIMME:
Das ist nicht wahr!
DER KRIEGER:
Wer sagt, es sei nicht wahr?
EINE STIMME:
Ich sage es. In Babel bin ich gewesen und habe Nabukadnezarn gesehen. Er ist gewaltig und sein Kriegsvolk ohne Makel.
STIMMEN:
Du Schurke, lobpreisest du unsere Feinde… ein Gekaufter ist er… sein Weib ist eine Chaldäerin… sie hat gehurt mit allen Knechten Babels… Verräter…
DER KRIEGER (vortretend zu den Sprechenden):
Willst du sagen, wir könnten ihrer nicht obsiegen?
DIE STIMME:
Ich sage, daß sie mächtig sind, die Chaldäer.
DER KRIEGER (auf ihn eindringend):
Meine Faust sieh hier und sage noch einmal, sie seien besser denn Israel.
STIMMEN:
Sag es noch einmal… zerreißt ihn… Verräter… Verräter…
DER SPRECHER (von allen gefaßt, eingeschüchtert):
Nicht das sagte ich… ich meinte… ich meinte, daß ihrer viele sind.
ABIMELECH:
Immer waren unserer Feinde viel, und immer haben wir sie geschlagen.
STIMMEN:
Wer kann an wider uns… alle haben wir geschlagen… Moab zerschmettert und Ammon… Sanherib und seine Tausendmaltausend… die Philister und Amalek… Wer kann uns widerstehn… Tod über den, der uns schmäht…
(EINIGE BOTEN eilen aus dem Palast.)
DIE MENGE (sie umdrängend):
Wohin eilet ihr… was bringt ihr… wen suchet ihr… was ist…
EIN BOTE:
Der König hat den Rat berufen.
STIMMEN:
Krieg… er beschließet den Krieg… Krieg…
ABIMELECH:
Wen hat er berufen?
DER BOTE:
Imre, den Ältesten, Nachum, den Verwalter; und auch an dich ergehet sein Ruf.
ABIMELECH:
Zauderern bin ich gesellt und Klüglern, die das Wort wägen und schauern vor der Tat. Aber ich bringe mein Schwert, und ich will es von mir werfen, darf ich es nicht zücken wider Assur. Dein ist die Stunde, ich kämpfe für sie, Volk von Jerusalem!
DIE MENGE:
Heil Abimelech… Heil Abimelech… heil dir, du Gottesstreiter… heil…
(ABIMELECH eilt in den Palast.)
BARUCH:
Ihm nach, ihm nach! Der König soll unsere Stimme hören, er höre unsern Willen erdonnern vor seinem Palast.
SEBULON:
Ich verstoße dich, wenn du nicht schweigest. Der König will beraten, und Ruhe muß sein um den Ratschluß.
BARUCH:
Er soll nicht beraten. Er beschließe! Er beschließe den Krieg! Wir alle wollen den Krieg.
STIMMEN:
Ja, wir alle… wir alle… schreit auf zu ihm…
EINE STIMME:
Nein, ich will keinen Krieg… ich will keinen Krieg…
STIMMEN:
Schweige… Verräter… noch ein Gekaufter… wer bist du… nieder mit ihm… wer bist du…
DER SPRECHER:
Ein Bauer bin ich, und nur im Frieden blüht mein Feld. Aber der Krieg stampft meine Äcker und zerstößt mir die Scholle. Ich will keinen Krieg, ich will nicht!
BARUCH (wild):
Schmach über dich! Schmach über dich! Daß du doch faultest in deinem Acker und ersticktest an deinen Früchten! Fluch denen, die am Gewinn ihren Mut messen und an ihrem Leben des Landes Geschick! Israel ist unser Acker, und wir wollen ihn düngen mit unserm Blute, denn, ihr Brüder, es ist Seligkeit, zu sterben für den alleinigen Gott.
DER SPRECHER:
So stirb und lasse mich leben. Die Erde liebe ich, auch sie ist Gottes, und er hat sie mir zu eigen gegeben.
BARUCH:
Nichts ist uns zu eigen gegeben, Lehen ist alles vom lebendigen Gotte, daß wir es wiedergeben an ihn auf seinen Ruf. Und sein Ruf ist erschollen, oh, daß wir ihn hörten! Erfüllet sind die Zeichen! Oh, wo sind die Künder der Worte, wo sind sie, die seines Geistes sind, daß sie die Trägen entflammen und hören machen die Tauben. Wo sind die Priester, wo sind die Profeten? Was schweigt ihre Stimme in dieser Stunde zu Jerusalem?
STIMMEN:
Ja… die Profeten… wo sind sie, die Priester… wecket sie auf… sie versäumen die Stunde… wo ist Hananja…
BARUCH: