Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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werden das Kind nicht adoptieren.«

      »Warum nicht?«

      »Wir vermuten, daß Ihr Mann seine Tochter entführt hat. Muriel von Berg ist seit gestern abend verschwunden. Erst gestern nachmittag war Ihr Mann bei Frau von Berg in der Klinik und hat ihr gedroht.«

      Iris war sprachlos. »Aber er ist seit vorgestern in Italien.«

      »Können Sie das beweisen?«

      »Wir können ihn auf seinem Handy anrufen.«

      »Das ist eine gute Idee. Versuchen wir’s.«

      Der Versuch scheiterte. Michael Kunert ging nicht an den Apparat.

      »Wahrscheinlich ist er gerade im Gespräch«, murmelte Iris hilflos.

      »Ihr Mann hat Sie in jeder Hinsicht belogen. Christina von Berg ist keine schlechte Mutter, die ihr Kind vernachlässigt. Sie ist auch nicht überfordert, sondern liegt im Krankenhaus. Dort hat Ihr Mann sie besucht und gedroht, er werde ihr das Kind wegnehmen, wenn sie es nicht freiwillig herausgibt. Er hat bei der Frischoperierten eine postoperative Krise verursacht.«

      »Bitte hören Sie auf. Ich kann nicht mehr!«

      Iris begann zu weinen. Das alles war zu viel für ihre ohnehin angeschlagene Psyche.

      Kommissar Zettler erhob sich. »Bitte informieren Sie mich umgehend, wenn Sie etwas von Ihrem Mann hören. Hier ist meine Nummer.« Er reichte ihr eine Karte und verabschiedete sich.

      Zurück blieb eine am ganzen Körper zitternde Iris. Sie mußte einsehen, daß sie sich all die Jahre in ihrem Mann getäuscht hatte.

      *

      Lenni lief erfreut auf die Straße, als sie Fees Wagen vorfahren sah. Daniel Norden hatte sie telefonisch über die frohe Nachricht informiert.

      »Ich bin ja so glücklich«, sagte sie, während sie Jan liebevoll aus dem Wagen half. »Schnell ins Bett mit dir, mein Kleiner, damit du dich ordentlich erholen kannst.«

      »Schon wieder ins Bett!« maulte Jan. Er wollte viel lieber Fernsehen schauen. Aber Lenni war unerbittlich.

      »Nichts da. Das Fernsehen läuft dir nicht davon.« Sie brachte ihn nach oben ins Bett.

      Fee hörte die beiden noch eine Weile diskutieren, dann war alles still.

      Schließlich kam Lenni die Treppe leise herunter. »Er schläft!« lächelte sie.

      »Es war ja doch alles sehr aufregend für den Kleinen. Noch dazu ist er krank, wenn auch nicht so schlimm wie befürchtet«, seufzte Fee.

      »Sie sehen müde aus«, stellte Lenni besorgt fest.

      »Das bin ich auch. Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan.«

      »Wenn Sie möchten, können Sie gleich Mittag essen und sich dann hinlegen.«

      »Ich brauche nichts zu essen. Nur ein bißchen Ruhe. Kann ich Ihnen die Kinder überlassen?«

      »Selbstverständlich, Frau Doktor. Aber ein wenig Suppe sollten Sie essen. Das gibt Kraft«, erklärte sie eifrig.

      »Überredet. Was täten wir nur, wenn wir Sie nicht hätten!«

      Lenni errötete, so sehr freute sie sich über das Kompliment. Sie brachte eine Grießnockerlsuppe, und Fee merkte, wie hungrig sie war, als ihr der köstliche Duft in die Nase stieg.

      Nachdem sie gegessen hatte, warf sie noch einen Blick in Jans Zimmer. Friedlich lag er in seinem Bett und nur die Nasenspitze schaute heraus. Fee lächelte glücklich. Schließlich legte sie sich hin und schlief sofort ein.

      Anian war schon lange in den Straßen unterwegs. Es war nicht leicht, die Orientierung zu behalten, denn es handelte sich um ein typisches Villenviertel. Kleine Straßen führten an den herrschaftlichen Häusern in den großen Gärten vorbei. Es gab keine freien Plätze oder gar Geschäfte, so daß man leicht den Überblick verlor. Für ein Kind war es geradezu unmöglich, sich nicht zu verlaufen.

      Es waren nicht viele Menschen auf den Straßen an diesem sonnigen Vormittag, aber jedem, den Anian traf, zeigte er Muriels Bild, jedoch ohne Erfolg. Schließlich taten ihm die Beine weh, und auch sein Magen meldete sich. Er beschloß, die Suche zu unterbrechen. Unschlüssig stand er auf dem Gehsteig und versuchte sich zu erinnern, in welche Richtung er gehen mußte, als er ein leises Weinen vernahm. Aufgeregt drehte er sich um und versuchte die Richtung zu erkennen, aus der das Geräusch kam. Er rief Muriels Namen, bekam jedoch keine Antwort. Schließlich verstummte das Weinen. Anian lief an den Gärten entlang und spähte hinein.

      Er rief noch einmal und erschrak, als eine dünne Stimme über seinem Kopf antwortete.

      »Muriel?« rief er noch einmal.

      »Ja!«

      »Wo bist du?«

      »Im Baumhaus.«

      »So ein Mist, wo ist hier ein Baumhaus?« fluchte Anian und bog die Zweige eines Strauches auseinander. Da entdeckte er in dem Garten, an dessen Zaun er gerade stand, gut verborgen in den Zweigen einer Fichte das kleine Häuschen. Es schien solide gezimmert, hatte ein Fensterchen und eine Strickleiter, die in einem Loch im Boden des Hauses endete. Das war offenbar der einzige Weg, um hineinzugelangen.

      Ohne einen weiteren Gedanke zu verschwenden, öffnete Anian das Gartentor und lief zu dem Baum.

      »Muriel! Geht es dir gut?«

      »Wer bist du?«

      »Ich bin Anian. Ich habe dir gestern das Foto von deiner Mami geschenkt. Erinnerst du dich?«

      »Ja.«

      »Geht es dir gut?« wiederholte er angstvoll seine Frage.

      »Ja. Aber ich trau’ mich nicht runter.«

      Anian atmete auf.

      »Hab’ keine Angst. Ich komme und hole dich.« Er betrachtete mißtrauisch die Strickleiter, die einen etwas morschen Eindruck machte und lief dann kurz entschlossen zum Haus. Dort klingelte er energisch. Es dauerte eine Weile, bis ihm geöffnet wurde.

      »Ja, bitte?« fragte eine Dame mittleren Alters. Sie hatte ein weinendes Kleinkind auf dem Arm.

      »Haben Sie eine Leiter?«

      Entgeistert starrte die Frau Anian an. Dieser bemerkte seinen Fehler.

      »Entschuldigen Sie, ich bin so aufgeregt. Mein Name ist Anian Fürst, und ich habe soeben in Ihrem Baumhaus ein kleines Mädchen gefunden, das seit gestern abend verschwunden ist.«

      Die Frau fand ihre Fassung wieder. Sie stellte das Kleinkind auf den Boden und sah ihn überrascht an.

      »Doch nicht die kleine Muriel?« rief sie aus.

      »Kennen Sie sie?« fragte Anian überrascht.

      »Aber natürlich. Mein Sohn ist in derselben Kindergartengruppe wie Muriel. Ich habe mir solche Sorgen gemacht, als ich heute morgen die schreckliche Nachricht hörte.«

      »Bitte, ich brauche schnell eine Leiter. Sie traut sich nicht herunter.«

      »Natürlich. Ich sage gleich Johannes Bescheid.« Sie rief ins Haus, und kurz darauf erschien ein älterer Herr im Hausmeisterkittel. »Johannes hilft mir bei der Instandhaltung des Hauses. Mein Mann ist selten zu Hause, und für solche Dinge hat er schon gar keine Zeit«, erläuterte sie, während sich die beiden Männer begrüßten. Schnell wurde eine Leiter geholt und an den Stamm der mächtigen Fichte gelehnt.

      »Ich habe Rüdiger immer gesagt, daß das Baumhaus zu hoch ist, aber er wollte nicht hören«, beschwerte sich Frau Ebert und beobachtete angstvoll, wie Anian hinaufstieg.

      »Muriel, wo bist du?« rief er, während er den Kopf durch das enge Loch steckte.

      »Hier. Bitte halte mich fest.« Die Kleine krabbelte auf allen vieren auf Anien zu und klammerte sich an ihm fest.

      Erleichtert schloß


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