Karin Bucha Staffel 6 – Liebesroman. Karin Bucha
um sie und drückt beide etwas an sich.
»Der gehört seit gestern mir«, sagt er stolz, und die beiden Frauen bestaunen zuerst den Wagen, der chromblitzend, funkelnagelneu vor der Haustür steht, dann betrachten sie lächelnd das strahlende Gesicht Rudolf Hermanns.
»Wir fahren alle drei zu Lothar«, schlägt er vor und ist einigermaßen bestürzt, als Cornelia verlegen abwehrt.
Mein Gott! – ist Cornelia eifersüchtig?
»Fahrt ihr mal allein«, gesteht sie endlich und erglüht bis unter das kupferne Haar. »Ich – bin schon verabredet.«
Hermann und auch Magda sind verblüfft. »Unser Kleines hat eine Verabredung. Da bin ich wirklich erstaunt.«
»Ja, Papa – ich – ich bin nämlich von Stefan Rietberg eingeladen. Wir wollen uns das Schwimmbad ansehen und ein wenig durch die Gegend fahren.« Rasch sieht sie zu ihm auf. »Du hast doch nichts dagegen, daß ich euch einen Korb gebe?«
Wie auf Kommando lachen beide zugleich auf. »Aber nein, Kind.« Also Stefan Rietberg und Cornelia und schmunzelt in sich hinein.
Cornelia zieht sich sehr nett an, trägt über dem Kostüm eine lose Pelzjacke, denn es ist schon empfindlich kalt und ist erregt, als gehe sie zu ihrem ersten Rendezvous. Sie hat gerötete Wangen, und die Augen strahlen mehr denn je.
Magda lächelt wissend vor sich hin, als sie allein sind. »Diese Tochter wirst du bald verlieren«, sagt sie sinnend, und er nickt bejahend. »Das glaube ich auch und weiß Gott, Stefan Rietberg ist der einzige, dem ich sie gönne.«
*
Weihnachten lassen Rudolf Hermann und Magda Görner sich trauen, während ein kalter Wind durch die Straßen fegt und die Schneeflocken im lustigen Spiel vor sich her treibt.
Es werden weder Einladungen verschickt, noch Anzeigen abgesandt. Es ist eine Hochzeit im ganz kleinen Kreis. Lothar ist bei ihnen. Er hat seine Kur beendet.
Cornelia hat indessen mit aller Liebe und Sorgfalt ein kleines Mahl vorbereitet, zu dem auch Stefan Rietberg erwartet wird. Trotzdem sind viele Blumen und Geschenke gekommen, und das kleine Heim sieht wie verwandelt aus.
Es sind zwei wahrhaft glückliche Menschen, die nebeneinander an der festlichen Tafel sitzen.
Nun trägt Magda Görner den Namen Hermann, und sie ist unbeschreiblich stolz darauf, auch auf ihren stattlichen Gatten, den sie von ganzem Herzen liebt; es ist eine Liebe, vor deren Tiefe sie manchmal selbst erschrickt, und Rudolf betet sie an. Er hat schon Stefanie verwöhnt, aber nur, weil sie sonst unzufrieden gewesen wäre. Bei Magda kommt alles, was er gibt, aus einem überquellenden Herzen.
Heimlich trägt er sich mit der Absicht, für sich und Magda ein Haus zu bauen, nicht mehr so riesengroß, sondern ein gemütliches behagliches Heim, wo sie nach Herzenslust schalten und walten kann. Er hat längst erkannt, daß sie eine gute Hausfrau ist.
Das Wohnungsproblem wächst sich allmählich zur Sorge aus. Lothar ist heimgekehrt und hat Rudolf Hermanns Zimmer bezogen. Cornelia hat dem Vater ihr Zimmer abgetreten und auf der Liege geschlafen.
Da war es wieder Magda, die eine Lösung fand.
»Ihr nehmt ganz einfach meine Wohnung«, hat sie ihnen vorgeschlagen. »Das heißt«, setzt sie bescheiden hinzu, »wenn es euch recht ist. Ich möchte euch keinesfalls verdrängen.«
Mit Freude wird dieser Vorschlag akzeptiert, und so sieht Cornelia sich abermals vor die Tatsache gestellt, ein Heim für sich und den Bruder und gleichzeitig dem Vater und der neuen Mutter ein Heim, das wirklich gemütlich sein soll, einzurichten.
Sie hat ihre Aufgabe glänzend gelöst, und alle sind des Lobes voll. Sie hat das alles in den Mittagsstunden und des Abends betrieben. Es hat sie zwar angestrengt, aber sie hat eine seltene Freude dabei empfunden.
Pünktlich erscheint Stefan Rietberg, von Cornelia zuerst herzlich begrüßt. Seitdem sie die schöne Ausfahrt im Herbst unternommen haben, sind sie nicht wieder allein gewesen. Rietberg war mit Arbeit und Reisen zu sehr in Anspruch genommen.
Unverhüllt liegt ihre Freude über sein Kommen in ihren Augen. Er neigt sich erstmals über ihre Hand und sieht mit Respekt zu der achtungsgebietenden Gestalt im Abendanzug auf.
Auch in den Modesalon »Christian« ist die Nachricht von der Wiederverheiratung Rudolf Hermanns gedrungen.
Stefanie hat den Kindern streng verboten, auch nur eine Hand dafür zu rühren. Christiane hat sich bitterlich weinend zurückgezogen. Christian ist es zufrieden. Ihm waren die forschenden Augen des Vaters, die durch einen Menschen hindurchzuschauen schienen, schon immer unangenehm.
Er beugt sich ohne Widerrede dem Befehl der Mutter.
Rudolf Hermann hat zwar nicht erwartet, daß eines seiner Kinder kommen würde. Aber als sich die Zwillinge weder sehen lassen, noch eine winzige Zeile zu ihm kommt, da tut es ihm doch weh.
Magda fühlt, was ihn bedrückt, und streicht liebevoll über seine Hand.
»Sie sind noch viel zu jung, Rudolf«, sagt sie mit großem Verständnis. »Sie werden sicher noch einmal den Weg zu dir finden.«
»Meinst du?« erwidert er versonnen und umklammert ihre Hand. Jetzt ist es, als suche er bei ihr Schutz und Halt gegen seine Gefühle.
Es wird eine sehr stimmungsvolle Feier. Stefan Rietberg hält eine kleine, aber inhaltvolle Rede, und dann stoßen sie mit den Gläsern an. Es gibt ein feines Klingen.
*
Spät in der Nacht löst die kleine Gesellschaft sich auf. Stefan Rietberg bringt die wenigen Gäste nach Hause. Zuletzt holt er Lothar und Cornelia ab, die von nun an in Magdas Wohnung hausen werden.
Es ist eine frostklare Winternacht. Der Wagen gleitet mit leisem Summen über die vereiste Straße. Im Innern ist es mollig warm. Cornelia sitzt hinter Stefan Rietberg und hat Gelegenheit, ihn eingehend zu studieren.
Eine Ruhe geht von ihm aus, die Geborgenheit und Sicherheit in sich birgt. Der Grundzug seines Charakters, das weiß sie nun, ist tiefe Ernsthaftigkeit. Um so anziehender wirkt er, wenn sie sein warmes dunkles Lachen vernimmt, wie eben jetzt, da er mit Lothar scherzt.
Sie sitzt warm und behaglich in ihrer Ecke und empfindet ein großes Glückgefühl wie selten. Sie spürt auch, wie Lothar und Stefan Rietberg sich verstehen, wie Wärme und etwas von einer Kameradschaft schwingt, die sich bestimmt noch vertiefen wird.
»Aussteigen, wir sind daheim«, hört sie Lothars fröhliche Stimme in ihre Gedanken dringen, und sie schreckt empor. Rietberg knipst die Wagenbeleuchtung an, und sie bemerkt Spuren von Anstrengung und Erschöpfung in seinen Zügen.
Schon reicht er ihr die Hände, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein, als Rietberg sie fragt.
»Sind Sie sehr müde, Fräulein Hermann?«
»Eigentlich nicht«, gibt sie zur Antwort.
»Dann würde ich Ihnen vorschlagen«, fährt Rietberg fort, »daß wir noch ein wenig durch die schöne Winterlandschaft fahren. Einverstanden? Kommen Sie, setzen Sie sich neben mich.«
Lothar sieht dem Wagen mit einem wissenden Lächeln nach, dann begibt er sich ins Haus. Es war ein schöner, stimmungsvoller Tag. Er weiß Vater, den er von ganzem Herzen lieben gelernt hat und den er über alles achtet, in den allerbesten Händen bei seiner jungen Frau. Und Cornelia? Sie wird bestimmt auch einmal sehr glücklich werden.
Als die Schlußlichter des Wagens verschwunden sind, wendet er sich dem Haus zu. –
Langsam steuert Rietberg den Wagen aus der Stadt. Wieder lehnt sie neben ihm in den weichen Polstern des Wagens, und sie ist wunschlos glücklich.
Bäume huschen in der sternenklaren Winternacht an ihnen vorüber. Sie sehen putzig mit ihrer weißen Schneelast aus. Hier und da flimmert ein Licht auf und als sie einen Blick rückwärts wirft, liegt die Stadt mit ihren Lichtern und buntfarbigen, flammenden Reklamen wie eine Märchenstadt vor ihr. Darüber der Sternenhimmel,