Seewölfe - Piraten der Weltmeere 24. John Roscoe Craig

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 24 - John Roscoe  Craig


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      „Sie werden von mir nicht verlangen können, daß ich mich um solche Kreaturen kümmere, Mr. Moone“, erwiderte Doughty.

      Thomas Moone verschränkte die Arme vor der Brust und hatte Mühe, das Zittern seiner Hände zu unterdrücken. Der arrogante Bursche brachte ihn jedesmal so in Wut, daß er nahe daran war, sich zu vergessen.

      „Sie sollten wissen, daß Mr. Carberry für dieses Schiff sehr viel wichtiger ist als Sie, Sir“, sagte er gepreßt.

      Doughty schnappte nach Luft.

      „Wie wagen Sie es, mit mir zu sprechen, Moone!“ rief er mit erregter Stimme.

      „Sie werden mir ...“

      „Was geht hier vor?“ Die ruhige Stimme von Francis Drake unterbrach ihn. Der Kapitän der „Golden Hind“ trat an John Doughty vorbei aufs Achterdeck und blieb zwischen Doughty und Moone stehen.

      Thomas Moone warf noch einen kurzen Blick auf den eingebildeten Laffen, der einem Mann wie Edwin Carberry nicht das Wasser reichen konnte. Dann drehte er sein Gesicht Drake zu und sagte: „Mr. Carberry ist verschwunden, Sir. Der Rudergänger bemerkte es, weil die Wache keinen Befehl erhielt, die Schoten und Brassen zu bedienen.“

      Francis Drake schüttelte den Kopf.

      „Das gibt es doch nicht“, sagte er. „Lassen Sie das ganze Schiff durchsuchen, Mr. Moone. „Leise fügte er hinzu: „Halten Sie es für möglich, daß Carberry über Bord gegangen ist? Hat er vielleicht einen von den Ziegenschläuchen Wein ...“

      Thomas Moone schüttelte den Kopf.

      „Nicht, wenn er auf Wache war, Sir“, sagte er. „Carberry war immer ein Vorbild für die Mannschaft.“

      „Bei diesen primitiven Menschen weiß man doch nie ...“, warf John Doughty ein, aber ein einziger Blick von Francis Drake brachte ihn zum Schweigen.

      „Wenn Ihre Suche ergebnislos verläuft, gehen Sie auf Gegenkurs“, sagte Francis Drake zu Moone. „Und zwar so lange, bis wir morgen früh die Position haben, an der Carberry vermutlich über Bord ging.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte Thomas Moone.

      Er riß den Kopf herum, als er einen Schrei von Steuerbord hörte.

      „Das Beiboot ist verschwunden!“

      Francis Drake und Thomas Moone eilten an die Reling. Tatsächlich, vom Beiboot war nichts mehr zu sehen. Moone schickte einen Mann auf die Heckgalerie, um nachzuprüfen, ob die Schleppleine vielleicht gerissen war. Doch es war nichts von der Leine zu sehen.

      Francis Drake schüttelte den Kopf. Moone las in seinen Augen die Sorgen, die sich auf seinem Haupt häuften. Erst hatten sie den jungen Killigrew und seine Mannschaft abschreiben müssen, und jetzt war einer der besten Männer der Crew verschwunden. Sollte es ihnen vielleicht so ergehen wir dem Portugiesen Magalhaes bei der ersten Weltumseglung, als von seiner Mannschaft nach drei Jahren nur noch siebzehn Männer die Heimat wiedersahen?

      Der Kapitän blieb auf dem Achterdeck. Er wollte das Ergebnis der Schiffsdurchsuchung abwarten.

      Schon bald schwirrten die wildesten Gerüchte unter der Mannschaft. Mac Pellew war fleißig dabei, eins nach dem anderen in die Welt zu setzen.

      „Carberry gehört zu den Kerlen, die nachts allein auf dem Südmeer spazierengehen. Ihr sollt mal sehen, wenn wir morgen wieder umkehren, latscht er uns entgegen und fragt uns, wo wir so lange geblieben sind.“

      Patrick Evarts, der Segelmacher, scheuerte dem Koch eine, daß er gegen die Wanten krachte.

      „Halt dein verdammtes Lästermaul“, sagte er grimmig, „oder ich werde dich ebenfalls über Bord schmeißen und zusehen, ob du auf dem Meer spazierengehst.“

      Mac Pellew rieb sich die Wange. Er nahm den Schlag nicht übel. Er war es gewohnt, von der Mannschaft was einzustecken.

      „Du meinst, man hat ihn über Bord geworfen?“ fragte er interessiert. „Weißt du auch, wer das getan hat?“

      „Ooouuh!“ Evarts raufte sich die Haare. „Ich hab gar nichts behauptet!“ brüllte er. „Halt endlich deine Klappe, sonst wickel ich dich in Segeltuch und nagle dich hier unten in der Bilge fest!“

      Mac Pellew rümpfte die Nase.

      „Hast du das vielleicht mit Carberry auch ...“

      Die anderen mußten Patrick Evarts festhalten, sonst hätte er tatsächlich das mit dem Koch angestellt, was er ihm angedroht hatte.

      Sie suchten das Schiff dreimal gründlich ab, und als sie immer noch nichts gefunden hatten, gab Francis Drake den Befehl, auf Gegenkurs zu gehen.

      Sie wußten alle, daß es in der stürmischen Nacht ein Ding der Unmöglichkeit war, Carberry in den tosenden Wellen zu finden. Sie hatten nur eine Chance. Sie mußten zurücksegeln und bei Tagesanbruch dort zu suchen beginnen, wo der Profos mit aller Wahrscheinlichkeit über Bord gegangen war.

      Drake ließ die Mannschaft einen Tag suchen, denn er hatte an ihren Gesichtern abgelesen, daß sie es ihm sehr übelnehmen würde, wenn er nicht alles tat, um Carberry zu finden.

      Doch dann waren auch die Hartnäckigsten davon überzeugt, daß sie Carberry höchstens in der Hölle wiedersehen würden. Niedergeschlagen gaben sie die Suche auf.

      Die „Golden Hind“ ging auf Nordwestkurs und segelte ihrem Ziel Panama entgegen. Francis Drake schloß sich in seiner Kammer ein. Er mußte diesen zweiten Schlag erst einmal verdauen. Er wurde das Gefühl nicht los, daß an Bord der „Golden Hind“ ein unsichtbarer Feind saß, der dem Unternehmen Unglück brachte.

      Carberry und bei der Wache über Bord gefallen?

      Francis Drake schüttelte den Kopf. Das war undenkbar. Irgend etwas war geschehen, was er nie würde aufklären können.

      Er dachte an die Männer, die ihm in der letzten Zeit Gesellschaft leisteten, und er erkannte, daß er sich in diesen Tagen so weit von seiner Mannschaft entfernt hatte, daß sie ihm schon fremd zu werden begann.

      Drake beschloß in diesen Stunden, sich wieder mehr um sein Schiff und die Mannschaft zu kümmern. Er brauchte seine Seeleute für das Unternehmen weit mehr als die Abenteurer an Bord, die zwar amüsant plaudern konnten, aber mit grünlichem Gesicht und voller Hose dastanden, wenn es hart auf hart ging.

      Er dachte zurück. Er hatte geglaubt, daß mit Thomas Doughtys Hinrichtung der Störenfried beseitigt worden sein. Er schien sich getäuscht zu haben.

      Francis Drake stand auf und lief wie ein gefangenes Raubtier in seiner Kammer hin und her. Dann blieb er stehen und schlug die Faust auf den Schreibtisch.

      Ja, er würde noch einmal hart durchgreifen, wenn sich herausstellte, daß es irgend jemanden gab, der es wagte, sein Unternehmen zu sabotieren.

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