DAS GOLD DER INKA (Drake Ramsey). Russell Blake

DAS GOLD DER INKA (Drake Ramsey) - Russell Blake


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hat?«

      »Sie haben doch in unserer Kanzlei angerufen. Wenn Sie wollen, stellen Sie Nachforschungen an – ich bin Mitglied der Anwaltskammer, unsere Kanzlei existiert seit über zwanzig Jahren, das sollte alles kein Problem sein.« Lynch machte eine Pause. »Mister Simmons, hier liegen fünfundzwanzigtausend Dollar für Sie bereit, dazu ein Päckchen, das ich Ihnen nur persönlich übergeben darf. Können Sie es wirklich nicht einrichten, dieses Erbe anzutreten?«

      »Genau da liegt das Problem. Wie kann ich etwas von einer Person erben, die ich nicht mal kannte?«

      »Rechtlich ist das überhaupt kein Problem. Das Geld gehört Ihnen, sobald Sie hier erscheinen und das Erbe antreten.«

      Drake dachte über diese Ansammlung merkwürdiger Umstände nach. »Und es gibt keinen Haken?«

      »Nein. Sie müssen nur persönlich erscheinen, sich ausweisen, unterschreiben, und dann das Päckchen sowie das Geld entgegennehmen. Das ist alles.«

      Drake schnappte sich einen von Bettys Kugelschreibern. »Okay. Ich kann morgen abreisen. Ich überprüfe Ihre Angaben und wenn das alles stimmt, sitze ich in der ersten Maschine. Wie komme ich an das Ticket, und sind Sie um die Mittagszeit im Büro?«

      ***

      Als Drake am nächsten Mittag im Gebäude der Kanzlei ankam, war er von dem barocken Dekor und den holzvertäfelten Wänden beeindruckt. Die Räumlichkeiten rochen nach Wohlstand, gravierenden Entscheidungen und wichtigen Menschen. Die Empfangsdame war eine perfekt gestylte Asiatin, kaum älter als Drake selbst. Sie inspizierte ihn über den Rahmen ihrer Designerbrille mit der Präzision eines Chirurgen. Ein einziger Blick auf ihre Businesskleidung gab ihm das Gefühl, völlig underdressed zu sein, denn er trug nur eine graue Cargohose und ein blaues Poloshirt. Seine Windjacke hielt er zusammengequetscht in einer Hand, während er auf Lynch wartete.

      Ein großer, bärtiger Mann mit leicht ergrautem Haar, der in einem kohleschwarzen Anzug steckte, näherte sich ihm wenig später mit einer ausgestreckten Hand und einem Seriosität ausstrahlenden Gesichtsausdruck.

      »Drake Simmons? Michael Lynch. Ich hoffe, Sie hatten eine gute Reise?«

      »Ja, war okay.«

      »Sehr gut. Würden Sie mir bitte in den Besprechungsraum folgen?«

      »Klar.«

      Sie durchquerten die ruhige Lobby und betraten einen großen Raum mit einem lang gezogenem Tisch. Ein Bücherregal mit juristischen Werken säumte eine komplette Wand, während gegenüber ein Panoramafenster einen fantastischen Blick auf Seattle zeigte. Lynch bot Drake einen Stuhl direkt am Fenster an. Dann begab er sich zum Kopf des Tisches, wo ein kleines Bündel aus braunem Packpapier auf ihn wartete, daneben ein schwerer, lederner Einband mit Formularpapieren.

      »Lassen Sie uns doch gleich zur Sache kommen«, sagte Lynch, »würden Sie sich bitte ausweisen?«

      »Klar. Reicht mein Führerschein?«

      »Sicherlich.«

      Drake schob die Karte über den Tisch, worauf der Anwalt einen Knopf an seiner Gegensprechanlage drückte. »Würden Sie bitte eine Kopie für mich machen?«

      Ein paar Sekunden später erschien eine Blondine in einem schwarzen Businessdress und nahm wortlos Drakes Dokument entgegen. Sie lächelte knapp und verschwand dann wieder mit der gleichen professionellen Eleganz, mit der sie gekommen war.

      Lynch machte etwas Smalltalk, bis die Dame mit einer Fotokopie zurückkam, die sie vor ihm auf den Tisch legte. Er studierte das Blatt Papier so aufmerksam, als würde darauf die Relativitätstheorie erklärt, woraufhin er den Lederumschlag aufklappte und ihn zusammen mit dem Führerschein zu Drake hinüber schob.

      »Unterschreiben Sie bitte auf der Linie«, erklärte er. Drake tat wie ihm geheißen und steckte seine Fahrerlaubnis wieder ein.

      »Sehr schön. Dann hätten wir das. Und dies, junger Mann, gehört jetzt Ihnen.« Er händigte ihm einen Verrechnungsscheck sowie das Päckchen aus. »Oh, und eine Kleinigkeit gibt es doch noch. Nichts Wildes.«

      »Eine Kleinigkeit?«, wiederholte Drake und war sofort misstrauisch.

      »Richtig. Sie müssten das Päckchen bitte hier in diesem Raum öffnen und sich die Nachricht darin durchlesen. Sobald Sie das getan haben, und sich dazu entscheiden, das Päckchen nicht behalten zu wollen, werden Sie Ihre zweitausend Dollar Spesengeld erhalten und können gehen. Ich wurde instruiert, den Inhalt in diesem Fall einem großen Museum in New York zukommen zu lassen. Für Sie wäre die Sache dann damit abgeschlossen.«

      »Moment. Ich muss nur die Nachricht einer Frau lesen, von der ich nie gehört habe?«

      »Ihre kürzlich verstorbene Tante.«

      »Klar. Okay. Holen Sie schon mal den Scheck. Das wird nicht lange dauern.«

      »Wie Sie wünschen. Seien Sie vorsichtig mit der Verpackung. Sie werden nicht wollen, dass die Nachricht beschädigt wird«, sagte Lynch mit einer Spur Enttäuschung in der Stimme. »Ich bin gleich wieder da.«

      Drake wartete, bis die schwere Tür sich schloss und er alleine war. Nun gut. Er würde dieses Spielchen mitmachen. Der alte Knacker nahm seinen Job offensichtlich sehr ernst, und die Freude konnte er ihm machen. Ein bisschen Interesse vortäuschen und dann mit dem Geld abhauen. Fünfundzwanzig Mille. Oder sogar siebenundzwanzig, mit den zwei Tausendern für die Spesen. Zusammen mit der Prämie für Cranford konnte er es sich damit mindestens ein Jahr am Strand von Baja gut gehen lassen.

      Er lehnte sich nach vorne und begann, an dem braunen Papier herumzuzerren, das auf ihn wie eine alte Brötchentüte wirkte. Dann erinnerte er sich an Lynchs Warnung und ließ es etwas vorsichtiger angehen. Er faltete das Ding auseinander, löste das vergilbte Klebeband und fand einen gefalteten Briefbogen auf einem dicken Leder-Notizbuch vor, das mit einem Bindfaden vor dem Auseinanderfallen bewahrt wurde. Drake klappte den Brief auseinander und betrachtete die flüssige, definitiv weibliche Handschrift, die die Seite füllte.

      Lieber Drake,

      wenn du diese Zeilen liest, bin ich tot. Wieso und warum ist jetzt nicht von Belang. Wichtig ist, dass du einige Dinge über deine Vergangenheit erfährst. Wichtige Dinge über deinen Vater, meinen Bruder.

      Nach seinem Tod bin ich aus Portland weggezogen und habe alles hinter mir gelassen. Das habe ich getan, weil die Männer, die ihn umgebracht haben, auch nach mir suchen würden. Genau wie sie deine Mutter gesucht hätten, wäre sie nicht schon gestorben. Was mir übrigens wirklich sehr leidtut, denn sie war ein wahrer Engel und ich vermisse sie.

      Wo soll ich anfangen?

      Ich war bei deiner Taufe dabei. Bei deinen ersten vier Geburtstagen. Bei unzähligen Ausflügen, Picknicks, Abendessen. Doch dann hat sich alles verändert. Dein Vater ging fort und kehrte nie mehr zurück. Aber damit greife ich der Geschichte zu weit vor.

      Kennst du die Geschichte zu deinem Vornamen? Du wurdest nach einem der größten Abenteurer aller Zeiten benannt: Sir Francis Drake. Dein Vater bewunderte seinen Mut, und das hat vermutlich sein Schicksal besiegelt. Dein richtiger Nachname ist Ramsey. Drake Ramsey. Deine Mutter und ich hatten unsere Namen nach dem Tod deines Vaters geändert, und deinen natürlich auch. Warum du also nicht mehr Ramsey heißt, ist eines der Hauptthemen dieses Briefes.

      Dein Vater hat dich über alles geliebt. Worte können seine Freude darüber, dass du auf die Welt gekommen bist, gar nicht ausdrücken. Dass du ihn selbst nie wirklich kennenlernen wirst, bricht mir das Herz.

      Dein Vater, Ford Ramsey, war ein Abenteurer. Ein Schatzjäger. Er war ein guter Mann, aber er hatte etwas Wildes an sich, das sich nicht im Zaum halten ließ. Deine Mutter wusste das, als sie ihn heiratete, doch es machte ihr nichts aus.

      Er wurde getötet, als er eine Inka-Stadt suchte, die Überlieferungen zufolge den größten Schatz aller Zeiten beherbergen soll. Das Notizbuch enthält alle seine Recherchen und Überlegungen dazu, bis zu dem Punkt, da er nach Südamerika aufbrach. Wenig später erreichte uns die Nachricht, dass er im Dschungel umkam – ermordet unter


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