Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band. Hans Dominik

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so ganz anders klingt, als … Ihr Herz spricht.«

      »Mein Herz? Ja! Wir wollen doch sachlich bleiben. Ich denke, jetzt handelt es sich doch darum, was zu tun ist. Fahren Sie nicht sofort dorthin?«

      »Gewiß, ich muß es und … doch …«

      »Warum zögern Sie? Gibt es jetzt etwas Wichtigeres für das Haus Harlessen?«

      Uhlenkort starrte mit zusammengezogenen Brauen vor sich hin.

      »Wichtiger? Was ist jetzt wichtiger? Wüßte ich es … Der Weg nach Süden oder der nach Norden? Nach Norden?«

      »Sie könnten einen anderen schicken. Mit Vollmachten versehen.«

      »Einen anderen?« Uhlenkort strich sich über die Stirn.

      »… ja, könnte ich den ersten besten nehmen. Aber hier! Den Schurken wird nicht so leicht beizukommen sein. Sie würden dem, den ich schicke, Hindernisse in den Weg werfen. Ehe er sie überwunden hat, wäre es doch geschehen … wäre es zu spät! Gewiß habe ich hier in New York Verbindungen. Wen könnte ich da wählen? Wer wäre der energische, vertrauenswürdige Mann, dem ich die Sache … ?«

      »Und wäre es eine Frau?«

      »Eine Frau!« Er drehte sich nach ihr um und sah ihr fragend ins Gesicht.

      »Eine Frau? Wie? Sie, Christie? Sie wollten? Sie wären bereit, diese nicht leichte Mission zu übernehmen?«

      Christie nickte.

      Er sprang auf und durchmaß den Raum. Dann blieb er kurz vor ihr stehen. Die Zweifel, die in ihm kämpften, prägten sich auf seinen Zügen aus. Christie sah es.

      »Sie haben kein Vertrauen. Ich sehe es.«

      »Vertrauen? Christie. Zu keinem Menschen in der Welt hätte ich mehr Vertrauen als zu Ihnen.«

      Eine tiefe Röte überzog ihr Gesicht.

      »Aber das ist eine Aufgabe, welche die Tatkraft eines Mannes von der größten Energie verlangt … und …«

      »Tatkraft und Energie? Was wissen Sie von meinem Lebensweg mehr, als was Ihnen das Pinkerton Office sagte. Es gab da mehr als einmal Situationen, an denen ein Mann vielleicht gescheitert wäre. Meine Kräfte werden sich bei einem Werk verdoppeln, das ich unternehme … für die Firmen Harlessen und Uhlenkort.«

      Er trat dicht vor sie hin. Seine Hände legten sich auf ihre Schultern.

      »Christie! Ja! Du wirst es tun. Dir wird es gelingen. Ich glaube an dich! Und dann wirst du zurückkehren … zurück zu uns nach Hamburg.«

      Unter dem Vorsitz des Staatschefs Harlessen waren die europäischen Ministerpräsidenten in Bern versammelt. Sorge lag auf allen Gesichtern.

      Wohl hatte der Beschluß des amerikanischen Kongresses die drückende Atmosphäre, die über Europa lagerte, gereinigt. Die Panik, die Europa ergriffen hatte, war gewichen. Die Führenden aber waren damit der Sorge nicht ledig geworden. Walter Uhlenkort war es, der sie auf verborgene Gefahren aufmerksam gemacht hatte.

      Er hatte eine Reihe von Verdachtsmomenten gegen die Canal Company. und gegen deren Leiter Guy Rouse vorgebracht, die, nur den Regierungsmitgliedern bekannt, diese mit neuer großer Sorge erfüllten.

      Uhlenkort, der Hamburger Kaufmann, Kaufmann und Diplomat im Nebenberuf? Nein und doch ja. Seine umfassende Welterkenntnis, durch jahrelangen Aufenthalt im Auslande erworben, seine großen persönlichen Beziehungen in allen Teilen der Welt, sein kaufmännischer Weitblick, seine rücksichtslose Energie, wo es Nottat, hatten ihm einen Namen in der Weltwirtschaft erworben, in der Weltwirtschaft, die sich jetzt enger als je mit der Weltpolitik verband. Die europäische Außenpolitik hatte schon öfter als einmal den Nutzen seiner Informationen verspürt.

      Seine Beziehungen zu dieser Politik waren im Laufe der Zeit immer enger geworden. Mehrfach war ihm eine amtliche Stelle angeboten worden, doch hatte er stets abgelehnt. Abgelehnt mit dem Hinweis, daß er in seiner unabhängigen Stellung dem Staat mehr nützen könne.

      Er blieb der freie Kaufmann, aber er war in steter enger Verbindung mit den politischen Geschäften. Eine Stellung, die ihm ohne ausgesprochene Vollmachten eine gewisse Handlungsfreiheit gab. Eine Stellung, die bei den Eifersüchteleien der europäischen Staaten sogar offen oder versteckt manchen Protest veranlaßte, die aber durch die glückliche Hand, die er in so vielen schwierigen Situationen zeigte, immer mehr gekräftigt wurde.

      Als Vertrauensmann des Europäischen Staatenbundes hatte man ihn nach Washington gesandt. In Gemeinschaft mit Vertretern der amerikanischen Regierung sollte er die von dieser angeordneten Sicherheitsmaßregeln noch einmal nachprüfen.

      Um drei Uhr wurde er erwartet. Die Uhr schlug drei. Uhlenkort trat in den Raum. Nach kurzer Begrüßung seines Oheims und der Versammlung stattete er seinen Bericht ab. Die Mienen der Zuhörer begannen sich zu entspannen. Die umfassenden Vorsichts- und Kontrollmaßregeln, welche die amerikanische Regierung angeordnet und durchgeführt hatte, wirkten beruhigend.

      Er fuhr fort: »Formell und äußerlich ist alles in bester Ordnung …«

      Hier machte er eine Pause. Fragend ruhten die Blicke der Versammlung auf ihm.

      »Ich sagte soeben: formell und äußerlich. Anders, meine Herren, ist es mit meiner persönlichen Auffassung der Sachlage.«

      Seine Miene verfinsterte sich, seine Stirn krauste sich.

      »Trotz allem, ich komme von jenem Verdacht nicht los …«

      Im Augenblick umschwirrte ihn ein Fragengewirr.

      »Es ist die Persönlichkeit des Leiters der Gesellschaft, es ist jener Mr.

      Rouse, der mich nicht aufatmen läßt. Seine sprichwörtliche Skrupellosigkeit … diese geradezu zur Schau getragene Indifferenz bei den Kongreßberatungen … Die Äußerung des Kapitäns Wesserton, der mit mir die Kontrollreise machte – er ist mir seit langem persönlich bekannt und machte mir seine Mitteilungen unter vier Augen im Vertrauen –, daß die besten Meßmethoden raffinierte Nebenschaltungen nicht aufdecken könnten … das alles, meine Herren, läßt mich nicht zur Ruhe kommen.«

      Die Spannung der Versammlung machte sich gewaltsam Luft.

      Stimmengewirr. Erregte Fragen und Ausrufe. Für und wider. Gelassen, mit leichtem Achselzucken ließ Uhlenkort die Flut abebben.

      »Den Vorwurf des Pessimismus, den mir manche von Ihnen gemacht haben, will ich gern auf mich nehmen, ich bin auch bereit, Mr. Rouse alles abzubitten, wenn …«

      Eine Stunde später saß der Staatspräsident mit seinem Neffen zusammen. Noch einmal hatten sie die Lage besprochen. Dann hatte Uhlenkort über sein Zusammentreffen mit Christie berichtet.

      Die Affäre in Valparaiso … die Abreise Christies dorthin mit weitgehenden Vollmachten. Ruhig hatte er die erregten Einwendungen seines Oheims angehört. Mit den Worten: Sie ist eine Harlessen, eine echte Harlessen, hatte er den Oheim schließlich gewonnen und war schließlich mit den Worten gegangen: »Deine Telegramme erreichen mich für die nächsten Tage in Spitzbergen.«

      Der Tag der Sprengung war gekommen. Um elf Uhr vormittags sollte der elektrische Funke, von Washington ausgesandt, die Minen zur Explosion bringen. Es lag in der Natur des amerikanischen Volkes, daß ein solches Ereignis auch äußerlich feierlichen Ausdruck fand.

      Was da geschehen konnte, war geschehen.

      Zuerst der Akt der Sprengung selbst. Nach jenem geschichtlichen Vorbild der Sprengung des Höllentors im New Yorker Hafen sollte er vor sich gehen. Ein Drücken eines Kontaktknopfes durch den Repräsentanten der amerikanischen Nation, den Staatspräsidenten, sollte die Sprengung bewirken.

      Die Betätigung des Kontaktes mußte die Gewalt der Explosion entfesseln. Die feierliche Handlung sollte im Hause der New Canal Company in Washington vor sich gehen. Der Staatspräsident Parker mit den übrigen Mitgliedern der Regierung war zu diesem Zweck in der zehnten Vormittagsstunde vom Weißen Haus herübergekommen.

      Eine ungeheure Spannung


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