Leni Behrendt Box 1 – Liebesroman. Leni Behrendt
auch mit ihr so lustig sprechen würde. Aber dann klang seine Stimme entweder gelassen – oder ironisch – oder gar so eiskalt wie gestern. Und da sollte sie ihr Herz nicht vor ihm hüten…?
Nein, sie hielt es nicht mehr länger im Bett aus. Also sprang sie auf, huschte ins Badezimmer, duschte fast kalt und ging dann ins Ankleidezimmer, um nach passender Garderobe zu suchen. Aber wer die Wahl hat, der hat nun einmal die Qual, aus der die eintretende Zofe sie dann erlöste.
»Guten Morgen, Frau Gräfin«, grüßte sie erschrocken. »Ist es denn schon so spät?«
»Nicht später als sonst, Tina. Ich bin heute nur früher aufgestanden.«
»Ich weiß, wegen des Geburtstages«, strahlte die adrette Kleine jetzt. »Darf ich Frau Gräfin Glück wünschen – so ganz doll viel Glück?«
»Herzlichen Dank, Tina. Glück kann man immer gebrauchen. Und nun machen Sie mich mal recht schön.«
»Als ob die Frau Gräfin das nicht sowieso ist«, tat Tina nonchalant ab. »So eine schöne und süße Herrin wie ich hat keine andere Zofe.«
»Ist doch nur gut, daß Sie für mich eingebildet sind«, lachte Doro so köstlich jungfrisch und froh, daß Tina sie ganz verklärt ansah.
Und dieses goldige Lachen hörten noch drei andere Menschen. Es flatterte durch das geöffnete Fenster zu ihnen hin, die auf der Terrasse saßen und rasch noch ein kleines Frühstück nahmen. Denn man konnte nicht wissen, wann das festliche steigen würde.
»Na also«, meinte der Baron, der Gattin dabei einen verschmitzten Blick zuwerfend. »Unser Vöglein zwitschert ja schon wieder munter, nicht wahr, Herr Graf?«
»Na, ist doch bloß gut, daß Sie diesmal nicht ein Pferd als Vergleich stellten«, war die lachende Erwiderung. »Dann hätten Sie nämlich wiehern sagen müssen.«
»Siehst du, da hast’s…«, wollte Jo sich ausschütten vor Lachen über des Eheherrn verdutztes Gesicht. »Ja, ja, mein Lieber, wer den Schaden hat…«
»Dem tut der Spott nicht weh«, trat der Hausherr hinzu. »So eine lustige Gesellschaft laß ich mir am frühen Morgen schon gefallen. Gefrühstückt wird hier? Großartig! Da halte ich vor Begeisterung mit.«
»Nur nicht so laut, Herr Graf«, warnte Jo. »Sonst hört das noch unser geliebter kleiner Vielfraß und erscheint ganz unprogrammäßig verfrüht.«
»Man ja nicht«, schmunzelte Bertram. »Dann wären die beiden Mamachen kreuzunglücklich, die mit so viel Liebe den Gabentisch aufbauen.«
»Ist Ruth denn schon hier?«
»Jawohl, mein Sohn. Georg und Jörn müssen Handlanger spielen, während es mir gelang, auszukneifen.«
Und dann sahen sie mal erst verblüfft auf Doro, die plötzlich dastand. Und dann brach stürmische Heiterkeit los, die noch zunahm, als Bertie trocken bemerkte:
»Also doch das Festprogramm verpatzt. Kriech bloß untern Tisch, Dörth.«
»Warum denn?«
»Damit deine beiden Mamachen und das eine Papachen keinen Schlaganfall kriegen, wenn sie dich hier sehen. Du sollst nämlich mit Trompetenstoß geweckt werden, geschmückt…«
»Wie ein Galapferdchen zum Parademarsch.«
»Also, Graf Edzard, das ist ja nun nicht nett von Ihnen. Und Sie habe ich bisher für einen seriösen Menschen gehalten. Na ja – und da haben wir die Bescherung.«
Damit meinte er die beiden Damen, die auf die Terrasse traten und die entzückende junge Gräfin anstarrten wie etwas Grausiges. Mamachen Ruth erholte sich zuerst von ihrem Schreck.
»Aber Dörth, mein Liebes, wie kannst du nur«, sagte sie kläglich. »Du hast uns unser ganzes Programm verpatzt. Warum lacht ihr denn so unbändig! Ich komme mir ganz dumm vor.«
»Laß gut sein, Utichen«, tröstete Bertram. »Es ist eben eine ganz übermütige Bande. Und nun unser Geburtstagskind einmal da ist, wollen wir auch ohne den geplanten Klimbim mit der Gratulationscour beginnen.«
»Aber vor dem Geburtstagstisch«, verlangte Ruth energisch, was dann auch geschah. Doro wanderte von einem Arm in den andern, selbst der Baron drückte sie väterlich ans Herz. Nur Edzard nicht. Der ließ es bei einem Handkuß bewenden, was in dem Trubel nicht weiter auffiel.
Der Tisch war so mit Geschenken belegt, daß Doro gar nicht wußte, was sie zuerst anschauen sollte. Und die meisten Gaben von den Eltern. Unter anderm eine wunderbare Festtoilette mit allem Drum und Dran, welche das Geburtstagskind heute abend tragen sollte.
»Freust du dich auch wirklich darüber, mein Liebes?« fragte Ruth schon zum drittenmal. »Ich habe mir bei der Auswahl so große Mühe gegeben.«
»Und hast wirklich gut gewählt, Ma. Ich danke dir von ganzem Herzen.«
Und dann hielt der Bruder ihr ein Bild unter die Nase.
»Sieh dir mal Edzard an, ist der nicht prima?« fragte er stolz. »Ich knipste ihn heimlich, als er dich mal ganz besonders verliebt ansah.«
Da lachten sie alle – und Doro atmete auf. Um den Gatten nicht ansehen zu müssen, kramte sie in ihren Geschenken, die alle mit Liebe gewählt waren. Und doch ging ihr Blick immer wieder zu dem Rosenstrauß hin, der ihr wie ein flammender Liebesgruß entgegenleuchtete. Es war die einzige Gabe des Gatten.
Als man dann später am festlich gedeckten Frühstückstisch saß, wollte Papa Sander eine schwungvolle Rede halten, doch man winkte von allen Seiten ab.
»Aber ich muß ihr doch sagen, daß sie heute einundzwanzig Jahre wurde und somit mündig ist. Also, Dörth, du kannst jetzt frei über dein Leben bestimmen!«
»Ganz falsch, verehrter Schwiegerpapa«, warf Edzard trocken ein. »Ich bin nämlich auch noch da. Und er soll ihr Herr sein.«
Zuerst Verblüffung, dann Heiterkeit, wobei Doro mittat, um nicht aufzufallen.
*
Das Rautenauer Schloß erstrahlte im Lichterglanz, hielt seine Pforten weit geöffnet. Zu Ehren der jungen Herrin, die heute Geburtstag hatte, zu Ehren des jungen Paares, das vor einem Jahr die Ehe schloß.
Und es wurde ein glänzendes Fest. Denn man brauchte ja jetzt nicht mehr zu sparen, konnte unbekümmert alle Pracht entfalten.
Was diese Grafen Sölgerthurn doch für einen Dusel hatten. Zuerst erwischte der junge Graf die reiche Erbin, und dann kam noch für die Familie die reiche Erbschaft hinzu. Teils gönnte, teils neidete man es ihnen. Aber einig war man sich darin, daß man es sich bei dieser exquisiten Feier gutsein lassen wollte.
»Nun sehen Sie sich bloß dieses Rackerchen Dörth an«, sagte die distinguierte Tischdame Edzards lachend. »Die wickelt diesen verschworenen Junggesellen ein, daß ihm Hören und Sehen vergeht. Jetzt ißt sie gar mit ihm Vielliebchen, na, da sehe ich schwarz. So gar nicht eifersüchtig, Edzard?«
»Da muß ich Durchlaucht schon mit Geibel antworten: Eifersucht macht scharfsichtig und blind, schießt wie ein Schütz – und trifft wie ein Kind.«
»Na, ich sagte schon immer, Ihr Sögerthurns seid nicht zu unterschätzen«, lachte die Dame herzlich. »Immer schlagfertig, nie um eine Antwort verlegen. Übrigens gedenke ich jetzt auf Burgen seßhaft zu werden. Und da es nur ein Hasensprung von Rautenau entfernt liegt, hoffe ich auf guten nachbarlichen Verkehr.«
»Es wird uns eine Ehre sein, Durchlaucht.«
»Na – auch ehrlich, Sie Spötter?«
»Von ganzem Herzen.«
»Dann bin ich beruhigt. Aber was fangen wir mit meinem Vetter an, der sich an der bezaubernden kleinen Dörth ganz ernstlich zu entflammen scheint. Wollen Sie mir da etwa auch mit einem Zitat antworten?«
»Gewiß, Durchlaucht: Jedem steht das Recht zu, sich an der Sonne zu wärmen.«
Zuerst sah sie ihn verblüfft an, dann lachte