Leni Behrendt Box 1 – Liebesroman. Leni Behrendt

Leni Behrendt Box 1 – Liebesroman - Leni Behrendt


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solche in der Kapelle zugegen, die sonst ausnahmslos von den Untergebenen der Herrschaft Brandungen dicht gefüllt war. Es wurde manch ein Tränlein zerdrückt, denn der Pfarrer sprach kurz, aber ergreifend. Er hatte als Trauspruch das Bibelwort gewählt: »Wenn ich mit Menschen- und Engelzungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts weiter als ein tönend Erz oder eine klingende Schelle.«

      Gütig sah er dabei das Brautpaar an – und da liefen denn doch der Braut die Tränen über die Wangen. Der bange Blick suchte den Mann an ihrer Seite, der ihr herzlich zunickte und warm mit der Rechten das bebende Händchen umschloß.

      Beim Ringwechsel klang es wie ein Engelchor hell und jubelnd von der Empore. Da stand der Lehrer, der unter den Schülern die besten Sänger ausgesucht hatte, und die nun mit Inbrunst sangen, was die jungen Kehlen hergeben wollten.

      Als man die Kapelle verließ, ging gerade die Wintersonne unter, blutrot wie ein Feuerball. Rosig von dem Widerschein leuchtete der Schnee, es war ein fast unwirkliches Bild. Trotz der nur ganz kurzen Strecke fuhr man des eisigen Wetters wegen im Schlitten dem Schloß zu, wo ein kleines, aber auserlesenes Mahl wartete, an dem außer den drei Trutzgers nur noch die beiden Trauzeugen teilnahmen.

      Nach dem Essen verabschiedeten sich die beiden Herren, weil zu Hause die Weihnachtsfeier auf sie wartete, und dann war das junge Paar mit dem Vater zusammen unter sich. Die Bescherung für die Untergebenen hatte bereits am Vormittag stattgefunden, und nun schloß sich, anläßlich der Hochzeit, eine Extrafeier für alle an, die zu Brandungen gehörten. Graf Rasmus hatte sich dabei sehr spendabel gezeigt, und man war mit seinem Gebieter wieder einmal von ganzem Herzen zufrieden.

      So konnte man denn im Schloß die Bescherung im engsten Kreise begehen. Detlef fand auf seinem Platz unter anderen nützlichen Dingen auch eine Brieftasche, in der ein Scheck steckte, über dessen Höhe dem Beschenkten das Blut ins Gesicht stieg. Doch ehe er sprechen konnte, zog der Schwiegervater ihn rasch hinter den Tannenbaum und sagte tiefernst:

      »Mach keine Geschichten, Junge, hörst du? Was der Vater schenkt, muß der Sohn als selbstverständlich hinnehmen.«

      Er hätte seine Stimme dabei gar nicht so zu dämpfen brauchen, denn Rosita war mit ihrem Gabentisch so beschäftigt, daß sie gar nicht darauf achtete, was um sie herum vorging. Da lag aber auch alles darauf, was ein weibliches Herz beglücken konnte. So eine richtige kleine Aussteuer für die verwöhnte Dame.

      »Nun, Röslein, zufrieden?« fragte der Vater lächelnd, und kläglich sah sie ihn an.

      »Paps, ich weiß ja gar nicht, was ich damit anfangen soll. Muß ich das wirklich alles tragen?«

      »Will ich meinen«, schmunzelte er. »Du hast ja jetzt einen Mann, für den du dich schön machen mußt.«

      »Legt Detlef denn so großen Wert darauf?«

      »Und wie, kleine Frau«, entgegnete er lachend. »Du mußt immer die Schönste sein, damit ich mich nicht nach anderen Frauen umzusehen brauche.«

      »Dafür bist du ja viel zu anständig«, brachte sie so drollig heraus, daß nun auch der Vater ganz herzlich lachte.

      »Na, Röslein, sei deiner Sache nicht so sicher. Bedenke, daß Detlef drei Jahre lang das Leben eines Globetrotters führte und vielen eleganten und charmanten Frauen begegnet ist. Da mußt du dich schon anstrengen, um wenigstens einen bescheidenen Vergleich aushalten zu können.«

      »Ihr wollt mich bloß ärgern«, zog sie ein allerliebstes Schnutchen. »Aber gebt euch keine Mühe, ich falle darauf nicht herein, ich bin glücklich.«

      »Freut uns sehr, Kleines. Aber wie wär’s denn, wenn du den Hochzeitsstaat ablegen und in eines der niedlichen Kleid­chen schlüpfen würdest? Du wirkst nämlich so furchtbar feierlich, daß wir uns ganz bedrückt dadurch fühlen.«

      »Laß mich doch so wie ich bin, Paps.«

      »Dann leg wenigstens den Schleier ab.«

      Sie tat es, wobei Detlef ihr behilflich war. Sorgfältig legte er das duftige Gebilde über einen Sessel, griff dann die Händ­chen und drückte sie nacheinander zart an die Lippen.

      »So, kleine Frau, jetzt siehst du schon weniger überirdisch aus. Und nun werde ich mich mal um die Silberhalsigen kümmern, die da so verführerisch aus dem Kühler ragen. Weihnacht und Hochzeit zusammen, das muß schon gebührend gefeiert werden. Meinst du nicht auch, Vater?«

      Ein Leuchten trat in dessen Augen. War es doch jetzt das erste Mal, daß Detlef ihm den Vaternamen gab. Und zwar ohne jede Hemmung, ganz einfach und selbstverständlich.

      Und nun segnete er es doch, seinem Verlangen nachgegeben und diesen geliebten Jungen durch die Heirat mit Rosita fest an Brandungen gebunden zu haben. Daß Detlef ein guter Ehemann sein würde, daran zweifelte er keinen Augenblick. Auch daß es diesem gelang, die Stacheln der »Wilden Rose« zu stutzen. Jedenfalls fühlte er sich augenblicklich als glücklichster Mensch unter der Sonne.

      Man trank genießerisch den guten Sekt, naschte dazu von dem Knabberteller und freute sich über den Weihnachtsbaum, dessen brennende Kerzen sich in dem bunten Flitter vielfarbig brachen. Durch den leisen Luftzug bewegten sich die Schaumkugeln und verursachten ein zartes, süßes Klingen.

      »Weihnacht und Hochzeit«, sagte der Vater versonnen, »Kinder, wenn das kein glückliches Omen für eure Ehe sein soll.«

      »Und wie es eines ist«, lachte Rosita, die sich einen allerliebsten Schwips angeprostet hatte. »Wenn Detlef nur tut, was ich will, dann soll er es immer gut bei mir haben.«

      Sie war einfach unwiderstehlich in ihrem strahlenden Übermut, sah bezaubernd aus in dem duftigen, schneeigen Gewand. Wirkte nun wirklich wie ein Röslein, von zarter zerbrechlicher Schönheit und Süße.

      Als man dann später nach oben ging, war Rosita so müde, daß sie sich bei Vater und Gatten einhakte und zwischen ihnen die Treppe emporstieg. Oben trennte man sich mit einem herzlichen gute Nacht, um sein Schlafgemach aufzusuchen. Es hatte in den Räumen nichts verändert zu werden brauchen, da sie von jeher nebeneinander lagen, und zwar die Rositas zwischen denen der beiden Herren. Die des Vaters durch einen kleinen Salon getrennt, die Detlefs durch eine breite Glastür, die bis dahin allerdings verkleidet gewesen war. Jetzt hatte man die Dekoration entfernt, und dem Schein ward Genüge getan.

      Also änderte sich in dem Leben Rositas nichts weiter, als daß man sie nicht mehr mit Komteß, sondern mit Frau Gräfin ansprach. Zuerst stutzte sie, dann lachte sie, und dann gewöhnte sie sich daran.

      *

      Als am nächsten Morgen die beiden Grafen am Frühstücks­tisch zusammenfanden, hatte Rosita bereits ihren gewohnten Morgenritt hinter sich. War auch schon durch die Ställe gegangen und erschien in ihrem geliebten Dreß. Die Augen strahlten, die Wangen waren gerötet von der frischen Winterluft. Die prächtigen Locken waren zerzaust, der Anzug zeigte Spuren ihrer Streifzüge.

      Unbehaglich hingen die Augen des Vaters an seinem Töchterlein, und was er früher nicht weiter tragisch genommen hatte, ließ jetzt ein Gefühl des Schuldbewußtseins in ihm aufsteigen, nämlich: bei der Erziehung seines Kindes völlig versagt zu haben. Er selbst war ein Mensch, der auf sein Äußeres viel gab, der nur im verfeinerten Stil leben konnte, der Schönheit und Harmonie um sich liebte.

      Davon hatte Rosita keine Ahnung. Sie küßte nach alter Gewohnheit die Wange der beiden Herren und nahm dann unbekümmert am Tisch Platz. Sie ließ sich das Frühstück gut munden und plauderte lebhaft von dem, was ihr am Herzen lag.

      Und das war Brandungen mit allem, was darauf lebte. Überall wußte sie genau Bescheid, war wie ein kleiner tüchtiger Inspektor.

      »Detlef, du bist ja so still«, unterbrach sie plötzlich ihr Geplauder, das wie ein munteres Bächlein dahinplätscherte. »Warum denn eigentlich?«

      »Weil du ja immer für uns alle zusammen redest«, entgegnete er trocken.

      »Du bist ja abscheulich!«

      »Danke.«

      »Kinder, nun seid mal friedlich«, zog Rasmus unbehaglich die


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