Jawort unter fremden Sternen. Barbara Cartland
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Jawort unter fremden Sternen
Barbara Cartland
Barbara Cartland E-Books Ltd.
Vorliegende Ausgabe ©2015
Copyright Cartland Promotions 1985
Gestaltung M-Y Books
1. 1885
„Ich höre, du verläßt uns, Theydon“, begann D’Arcy Charington. Er machte es sich in dem reservierten Abteil bequem und zündete eine Zigarre an.
„Der Premierminister hat mich gebeten, den Fernen Osten zu besuchen, zuerst Singapur“, antwortete Lord Saire. „Ich soll Bericht erstatten, wie der Handel im allgemeinen läuft und wie unsere weltberühmten Diplomaten mit ihrer Arbeit fertig werden.“
D’Arcy Charington lachte.
„Das klingt enorm, aber ich beneide dich ganz sicher nicht.“
„Es ist mal etwas anderes.“
„Das klingt, als würdest du dich freuen, von England fortzukommen. Ich habe das Gefühl, das Wochenende hat dir nicht gefallen.“
„Es war genauso abwechslungsreich wie immer“, bemerkte Lord Saire gelangweilt.
„Guter Gott, Theydon! Du bist schwer zufriedenzustellen. Ich glaube, es gab mehr schöne Frauen als sonst in der Welt und der Prinz schien sich hervorragend zu amüsieren.“
„Der Prinz amüsiert sich immer, wenn schöne Frauen in der Nähe sind.“
„So zynisch du auch sein magst, Theydon, aber du mußt zugeben, daß sie sehr schön sind.“
Auch Lord Saire steckte sich eine Zigarre an, dann erwiderte er langsam: „Ich dachte letzte Nacht, daß sie sich benehmen, als seien sie Göttinnen auf dem Olymp und wir nur arme Sterbliche zu ihren Füßen.“
Fragend sah D’Arcy Charington ihn an.
„Eines weiß ich sicher, Theydon, du lagst noch nie einer Frau zu Füßen, so schön sie auch gewesen sein mag.“
„Wirklich, D’Arcy, du sprichst wie in den Romanen, die wir in Paris zusammen gelesen und aus dem Fenster geworfen haben!“
„Aber wir hatten unseren Spaß, Theydon, oder nicht? Und du mußt zugeben: So verführerisch die Französinnen auch sind, an die Schönheit der Engländerinnen reichen sie nicht heran.“
„Nicht immer sind es die klassischen Züge und ein wohlgeformter Körper, die einen Mann anziehen“, meinte Lord Saire.
„Was dann?“
Als Lord Saire nicht antwortete, fuhr er fort: „Das ist das Problem mit dir, Theydon, dir geht es zu gut. Du bist zu reich, siehst zu gut aus, bist bei allem zu erfolgreich - und das hat dich verdorben! Du bist übersättigt - das ist das richtige Wort, Kamerad - übersättigt. Du weißt nicht, wie gut es dir geht!“
„Vielleicht würde ich mich einmal bemühen müssen und selber jagen.“
Charington lachte.
„Ich dachte mir schon, daß Gertrude dieses Wochenende zu sehr hinter dir her war. Sie war schon immer sehr besitzergreifend, und wenn sie einmal einen Mann in ihren Klauen hat, gibt sie ihn nicht so schnell wieder her.“
Als Saire auch diesmal nichts erwiderte, konnte er nicht widerstehen und fügte hinzu: „Vielleicht ist es gut zu gehen, solange du noch kannst. Es würde mir wirklich nicht gefallen, dich hinter Gertrudes Wagen gespannt zu sehen!“
„Das beabsichtige ich auch bestimmt nicht“, entgegnete Lord Saire entschlossen.
Sein Freund lächelte in sich hinein. Er wußte nun, warum in Lady Gertrude Lindleys schönen Augen zweifellos ein ärgerliches Funkeln zu sehen gewesen war, auf der Gesellschaft des Duke of Melchester am vergangenen Wochenende.
Die eingeladenen Damen waren alle mit Angehörigen des Hochadels verheiratet oder verwitwet.
Einige der Herren, wie Lord Saire und D’Arcy Charington, waren zwar unverheiratet, wurden aber von ihren Gastgeberinnen heimlich mit einigen der Schönen in Verbindung gebracht.
Oder aber sie wurden als „Füchse“ eingeladen, um von den Damen gejagt zu werden, die - wie D’Arcy Charington oft gesagt hatte - ihre Eroberungen präsentierten wie Indianer ihre Skalps.
Als er ihn jetzt betrachtete, mußte sich D’Arcy - wie schon so oft - eingestehen, daß Lord Saire zweifellos der bestaussehendste Mann war.
Es schien fast unfair, daß er darüber hinaus noch reich und äußerst intelligent war.
Der Premierminister und auch sein Vorgänger hatten Lord Saire Aufgaben übertragen, die nie zuvor einem Mann dieses Alters übertragen worden waren.
Offiziell gehörte er dem Außenministerium an, hatte aber inoffiziell Diplomatenstatus. So bereiste er die ganze Welt und legte anschließend mehr oder weniger private, persönliche Berichte vor. „Wann reist du ab?“ erkundigte sich D’Arcy nach einigen Minuten des Schweigens.“
„Übermorgen.“
„So bald schon! Hast du es Gertrude erzählt?“
„Ich finde es ratsam, nie jemanden von meiner Abreise zu informieren. Ich hasse Abschiedsszenen, und wenn ich zu schreiben verspreche, halte ich es nie.“
„Nun“, meinte D’Arcy, „du bist auf dem Weg zu neuen Weiden, und vielleicht bin ich auch neidisch. Hier wird es nicht viel Abwechslung geben, wenn die Jagd vorüber ist. Der Prinz spricht davon, nach Cannes zu fahren. London wird leer sein.“
„Du solltest dich vielleicht Seiner Königlichen Hoheit anschließen.“
„Das würde ich nicht ertragen! Wenn ich die Wahl hätte, käme ich lieber mit dir.“
Lord Saire lächelte.
„Nichts würde dir weniger gefallen. Es gibt nicht nur viel Katzbuckeln vor einheimischen Nabobs, es kann auch manchmal ausgesprochen unbequem sein. Du würdest dich wundern, wenn du wüßtest, wie ich manchmal gehaust habe!“
„Kann kaum schlimmer gewesen sein als in der Armee“, erwiderte sein Freund.
„Das ist wahr“, stimmte Lord Saire zu. „Ich hatte die Manöver und die geistlosen Unterhaltungen, die wir in der Messe führten, schon fast vergessen.“
„Es war nicht viel schlimmer als die Unterhaltung, die wir am Wochenende über uns ergehen lassen mußten.“
„Ich glaube fast, ich werde allmählich zu alt für das alles“, meinte Lord Saire.
„Mit 31 Jahren?“ rief D’Arcy aus. „Mein lieber Theydon, du mußt krank sein. Bist du etwa verliebt?“
„Die Antwort darauf ist ein entschiedenes Nein! Falls du mich noch nicht verstanden haben solltest: ich bin nicht verliebt. Ich habe auch nicht die Absicht, mich zu verlieben.“
„Wie schön für den Premierminister! Der alte Knabe hat immer Angst, er könnte dich verlieren. Neulich sagte er zu meinem Vater: ,Ich verliere mehr junge Männer durch Liebesaffären als auf dem Schlachtfeld.‘“
„Nun, da kann dein Vater ihn beruhigen! Liebe paßt nicht in meine Pläne, und darum wird sie auch nicht die des Premiers durchkreuzen.“
„Aber irgendwann mußt du mal heiraten.“
„Warum?“;
„Hauptsächlich, weil du einen Erben brauchst. Jemand muß diese ganzen Besitztümer doch übernehmen.“ Nachdenklich fügte er hinzu: „Ich habe schon oft gedacht, dass Saire House eine Herrin und ein halbes Dutzend Kinder fehlen, um es bewohnbar zu machen. So ist es zu perfekt, um ein Heim zu sein.“
„Mir gefällt es so. Und außerdem: Kannst du dir mich mit einer Ehefrau vorstellen?“
„Sehr gut sogar! Gertrude würde mit den Saire-Diamanten bezaubernd aussehen!“
„Ich