Die Klinik am See Staffel 3 – Arztroman. Britta Winckler

Die Klinik am See Staffel 3 – Arztroman - Britta Winckler


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      »Moritz …« Sie schluckte. Ihre Stimme wollte ihr nicht gehorchen. »Du kennst doch Dr. Lindau. Wir lernten ihn in Lugano kennen. Er ist Chefarzt der Klinik am See in Auefelden.« Die letzten Worte hatte sie hastig hervorgestoßen. Nun schwieg sie erleichtert. Er hatte ihr zumindest zugehört.

      »Dr. Lindau«, wiederholte er. Sekundenlang war er verwirrt. Dann war da wieder sein spöttisches Lachen. »Nein! Willst du mir etwa sagen, dass Dr. Lindau dein Geliebter ist?«

      Ihr Gesicht färbte sich rot, ihre Augen blitzten. »Wie kannst du nur so etwas von Dr. Lindau denken? Er ist ein feiner Mann. Du willst nicht verstehen. Ich war in Auefelden, aber …«

      »Erspar mir die Einzelheiten! Es ist unwichtig, bei wem du gewesen bist. Am besten wird es sein, du fährst gleich wieder dorthin zurück, woher du gekommen bist.« Seine Lippen pressten sich aufeinander.

      »Darüber muss ich mit dir reden. Ich hätte es dir vorher sagen sollen … Ich wollte es auch.«

      »Wozu? Es ist nun einmal geschehen! Wir haben uns eben geirrt. Wir hielten etwas für Liebe, was keine Liebe war.«

      »Moritz, nein … Du verstehst nicht!« Sie war voller Verzweiflung. »Wie kannst du nur so etwas denken?«

      »Deine Lügen sind nicht mehr nötig. Wenigstens den Mut zur Ehrlichkeit solltest du besitzen. Glaubst du etwa, ich bin heute Nacht hier gewesen?« Er lachte, aber das Lachen war voller Bitterkeit. »Ich habe eine tolle Nacht verbracht!«

      »Moritz, was hast du getan?« Sie trat einen Schritt zurück, sah ihn an, wollte nicht glauben, was er angedeutet hatte.

      »Für wie dumm hältst du mich eigentlich? Ich habe schon lange gemerkt, dass mit dir etwas nicht stimmt. Ich habe deinen Beteuerungen nicht mehr geglaubt. Und trotzdem war ich ein Narr. Ich kam früher nach Hause, weil ich mich mit dir aussprechen wollte.« Schmerzlich zuckte es in seinem Gesicht. »Ich habe viel nachgedacht und wollte nicht glauben, dass du …« Hastig wandte er sich ab. Er wollte nicht wahrhaben, dass es wehtat.

      »Ich bin nach Auefelden gefahren, weil ich mit Dr. Lindau sprechen musste.«

      Er fuhr herum. »Lass endlich Dr. Lindau aus dem Spiel! Ich bin froh, dass ich früher zurückgekommen bin. Ich habe es nicht nötig, mich von dir betrügen zu lassen. Andere Frauen wissen meine Qualitäten zu schätzen.«

      »Bitte, Moritz, sprich nicht so!«

      »Ich habe nicht die Absicht, dir etwas vorzumachen.« Sein verächtlicher Blick nagelte sie wieder fest. Sie brachte es nicht fertig, den Abstand zwischen sich und ihm zu überwinden, dabei hätte sie sich so gern an seine Brust geworfen. »Ja«, fuhr er fort, »ich war auch nicht hier diese Nacht. Du kennst doch Hilga, Hilga Zöllner?« Er lächelte spöttisch, es tat ihm gut, ihr wehzutun. »Sie ist eine tolle Frau! Das hätte ich nicht gedacht.«

      »Du warst bei ihr?« Der Boden unter Sonjas Füße schwankte erneut. Sie griff hinter sich, um sich festzuhalten.

      »Hast du etwa erwartet, dass ich in der leeren Wohnung sitze und mir die Augen nach dir ausweine?« Er lachte, obwohl ihm überhaupt nicht zum Lachen zumute war. Mit raschen Schritten ging er an ihr vorbei zur Tür und stieß sie weiter auf. »Du kannst ruhig nach Auefelden zurückkehren.«

      Sonja stand da und war nicht fähig, etwas zu sagen, sie konnte sich auch nicht rühren.

      »Bitte, wenn du nicht gehst, dann gehe ich!«

      In Sonja kam Bewegung. »Moritz, bitte, warte! Wir müssen miteinander sprechen. Ich kann dir beweisen …«

      Er fiel ihr scharf ins Wort. »Es reicht mir! Ich habe in der vergangenen Nacht nicht viel geschlafen, ich gehe zu Bett. Wenn ich aufstehe, dann möchte ich dich nicht mehr sehen.« Er drehte sich um, seine Schritte verhallten auf der Treppe.

      Es war ein Albtraum! Gleich würde sie aufwachen, und Moritz würde da sein und sie in die Arme nehmen. Aber Moritz kam nicht zurück. Sie ließ sich auf den Stuhl fallen. Jetzt konnte ihr wirklich nur noch Dr. Lindau helfen.

      *

      Pfeifend eilte Dr. Bernau die Treppe hinunter. Er hatte Feierabend, und er hatte vor, diesen zu genießen. Die Frage war nur noch, welches Lokal er zuerst aufsuchen wollte. Er war Junggeselle und wohnte in der Klinik. Die Glastüren glitten vor ihm auseinander, er betrat die Halle. Im Vorbeigehen nickte er zur Portierloge hin. Da keine Besuchszeit mehr war, herrschte Ruhe in der Halle. Im letzten Moment sah er die Gestalt, die etwas zusammengesunken auf der Bank saß. Das war doch das hübsche junge Mädchen, das ihm gestern schon aufgefallen war. Er war der Weiblichkeit sehr zugetan, so verhielt er auch sofort den Schritt.

      Weinte dieses schöne Kind etwa? Dr. Bernau brachte es nicht fertig, weiterzugehen. Er vergaß, dass er die Klinik so schnell wie möglich hatte verlassen wollen. So trat er vor sie hin. Sie war wirklich entzückend, aber sie schien sehr aufgeregt zu sein. Er räusperte sich, und Sonja fuhr zusammen.

      Dr. Bernau sah in große blaue Augen. Er konnte den Blick nicht von diesem Gesicht lassen. Unsicher sagte er. »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie erschreckt habe. Ich dachte nur … Vielleicht kann ich Ihnen behilflich sein? Ich bin Dr. Bernau, Assistenzarzt in dieser Klinik.«

      »Ja!« Sonja fuhr sich verstohlen über die Augen. Sie hätte den Arzt gern gebeten, sie in Ruhe zu lassen, aber dieser streckte ihr die Hand hin.

      »Wie gesagt, ich bin Assistenzarzt hier. Zwar habe ich bereits dienstfrei, aber wenn ich etwas für Sie tun kann?«

      Sonja musste seine Hand nehmen. Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Danke, aber ich warte auf den Chefarzt.«

      »Dr. Lindau ist nicht mehr im Haus.«

      Sonjas Kopf fuhr in die Höhe. Erschrocken sah sie ihn an. »Man sagte mir, dass er voraussichtlich noch einmal zurückkommt.«

      »Der Chef kommt öfter noch einmal in die Klinik, vor allem wenn es notwendig ist. Ich glaube aber nicht, dass dies heute der Fall ist. Auch ich konnte pünktlich Feierabend machen.«

      »Ja, das hat man mir gesagt.« Sonjas Lächeln verzerrte sich. »Aber es besteht doch Hoffnung, dass er noch kommt?«

      »Ich weiß nicht!« Werner Bernau zuckte die Achseln. Er dachte gar nicht daran, zu gehen und diese junge Frau hier allein zu lassen. Er ging um die Bank herum, setzte sich neben sie. »Ich habe Sie gestern bereits hier gesehen. Haben Sie irgendwelche Beschwerden?«

      »Im Moment nicht.« Sonja faltete die Hände, legte sie in den Schoß und sah darauf nieder.

      »Wenn Sie ärztliche Hilfe brauchen, dann können Sie sich an Dr. Hoff wenden. Er hat Dienst.«

      Sonja schüttelte den Kopf. »Ich bin bereits gestern untersucht worden.« Sie schwieg einen Augenblick, dann setzte sie hinzu: »Von Dr. Lindau und Frau Dr. Westphal.«

      »Frau Dr. Westphal ist noch in der Klinik. Wenn Sie mit ihr sprechen wollen, dann kann ich Sie zu ihr bringen.«

      Sonja setzte sich aufrecht hin. »Nein! Ich brauche die Ärztin nicht. Es geht nicht, sie kann mir nicht helfen.« Sie biss sich auf die Unterlippe.

      »Vielleicht kann ich Ihnen helfen«, bot Dr. Bernau sich erneut an.

      Sonja schüttelte den Kopf.

      »Warum nicht? Es kommt doch auf einen Versuch an.« Der Assistenzarzt beugte sich nach vorn, um ihr ins Gesicht sehen zu können.

      Sonjas Wangen färbten sich rot. Sie senkte die Lider. »Das ist sehr nett von Ihnen, ich muss jedoch mit Dr. Lindau sprechen. Er hat bereits angeboten, mir zu helfen. Ich sehe jetzt keine andere Möglichkeit.« Ihre Lippen begannen zu zittern. Wenn sie an Moritz dachte, dann konnte sie die Tränen kaum noch zurückhalten.

      Dr. Bernau bemerkte es. Das Bedürfnis, ihr zu helfen, wuchs in ihm.

      »Haben Sie schon versucht, Dr. Lindau anzurufen? Wahrscheinlich ist er nach Hause gegangen.«

      Sonja hob den Blick. »Ich kann ihn doch nicht anrufen. Nein, ich möchte ihn nicht stören.«

      »Warum


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