Die Klinik am See Staffel 3 – Arztroman. Britta Winckler

Die Klinik am See Staffel 3 – Arztroman - Britta Winckler


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ändern.«

      »Ich muss es zumindest noch einmal versuchen. Wenn er sich wirklich von mir abwendet, dann ist die Operation völlig sinnlos.«

      »So dürfen Sie nicht denken. Sie sind noch so jung.« Er hätte ihr noch viel zu diesem Thema sagen können, aber er verzichtete darauf.

      »Ich kann nicht hierbleiben. Ich werde mein Gepäck holen.« Sie sah ihn an, versuchte zu erklären. »Ich kann mich doch nicht gegen Moritz’ Willen operieren lassen.«

      »Hat er es Ihnen verboten?«, fragte der Arzt.

      Sonja schüttelte den Kopf. »Er hat einfach die Praxis verlassen.«

      »Sehen Sie!«, trumpfte Dr. Bernau auf. »Es liegt also nur an Ihnen. Es würde nichts ändern, wenn Sie jetzt Ihrem Mann nachfahren würden. Sprechen hätte er hier auch mit Ihnen gekonnt. Er hat sich völlig verrannt. Im Moment können Sie nichts ausrichten, hat es doch nicht einmal der Chef fertiggebracht, ihn zur Vernunft zu bringen.«

      »Ich glaube, ich habe alles falsch gemacht«, kam es leise von Sonjas Lippen.

      »Nein! Ihr Mann ist es, der sich unmöglich benimmt. Lassen Sie den Eingriff machen, erst dann versuchen Sie, wieder Kontakt mit ihm aufzunehmen. Wenn er will, kann er sich dann selbst davon überzeugen, dass alles problemlos verlaufen ist.« Und wenn er nicht will, dann schicken Sie ihn zum Teufel, setzte er in Gedanken hinzu. »Die Operation ist wichtig, für Sie und auch für ihn«, sagte er laut. »Sie müssten dies doch endlich begreifen. Dr. Lindau und auch Frau Dr. Westphal haben mit Ihnen doch darüber gesprochen.«

      Sonja nickte, seine Worte begannen in ihr zu fruchten.

      »Dann kommen Sie! Wir wollen in die Klinik zurückgehen. Ich werde dort wahrscheinlich bereits vermisst.« Er sah sie fest an. »Sie müssen mir aber versprechen, keine weitere Dummheit mehr zu machen. Sie bleiben hier, Sie versuchen sich zu entspannen. Und noch etwas, Sie brauchen wirklich keine Angst zu haben. Sie werden morgen kaum etwas spüren, und dann ist alles wieder in Ordnung.«

      Wie ein kleines Mädchen nickte Sonja erneut. Dr. Bernau hatte es geschafft. Sie ließ sich in die Klinik zurückführen.

      *

      Moritz Baldau saß in der kleinen Wohnung von Hilga Zöllner. Er saß auf dem Sofa und starrte vor sich hin. Daher bemerkte er auch nicht, wie sie sich verführerisch in den Hüften wiegte. Hilgas Augen verengten sich. Seit geraumer Zeit versuchte sie nun schon, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Schließlich riss ihr die Geduld. Mit in die Seiten gestemmten Händen stellte sie sich von ihn hin.

      »Was soll das? Wie lange willst du noch hier herumsitzen?« Ihr Ton war scharf. Moritz hob den Kopf. Er fand nichts mehr Reizvolles an ihr. Er fuhr sich über die Augen.

      »Du hast mir versprochen, dass wir einen Ausflug machen. Wir wollten nach Baden-Baden fahren. Ich habe mich so darauf gefreut.« Ihre Stimme wurde wieder schmeichelnd. Sie bückte sich zu ihm hinab, fuhr ihm spielerisch durch das Haar.

      Moritz fing ihre Hand ein. Die Berührung war ihm unangenehm. »Entschuldige«, murmelte er, »aber ich kann nicht.«

      »Du denkst wieder an sie!« Wütend stieß es Hilga hervor. »Es war völlig unnötig, dass du gestern gleich nach Auefelden gefahren bist. Ich saß hier und wartete. Was hat dir diese Fahrt nun gebracht?«

      »Ich hätte mir anhören sollen, was Dr. Lindau zu sagen hatte.«

      »Was?« Hilgas Empörung schlug nun hohe Wellen. »Tut es dir etwa leid, nicht in der Klinik geblieben zu sein?«

      »Ich weiß nicht!« Moritz seufzte, er fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar. »Vielleicht habe ich wirklich zu wenig Rücksicht auf Sonja genommen. Dr. Lindau sprach von Beschwerden.«

      »Na hör mal! Der Mann steckt doch mit deiner Frau unter einer Decke. Du selbst hast dies doch behauptet.«

      »Ich weiß nicht! Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, dass ich mich geirrt habe.« Moritz erhob sich.

      »Was?« Hilga ballte die Hände, sie glaubte, nicht richtig gehört zu haben. »Los«, forderte sie ihn dann mit blitzenden Augen auf. »Was willst du damit sagen?«

      »Nichts! Ich muss nur ständig an die Klinik denken. Wahrscheinlich wird meine Frau gerade jetzt operiert.«

      »Das heißt mit anderen Worten, du denkst die ganze Zeit an deine Frau?« Ihr Gesicht verzerrte sich. »Du bist hier bei mir und denkst an deine Frau?« Hörbar schnappte sie nach Luft. So etwas war ihr noch nie passiert.

      »Ich wollte nicht an sie denken. Du kannst dies auch nicht verstehen. Aber sie ist meine Frau. Ich hätte Dr. Lindau aussprechen lassen müssen. Dr. Lindau ist sicher ein guter Arzt. Er leitet diese Klinik, in Lugano hat er einen Vortrag gehalten.«

      »Ich dachte, dich interessiert deine Frau nicht mehr.« Hilga ließ sich auf das Sofa fallen.

      »Habe ich das wirklich gesagt?« Moritz sah zu ihr hin. Er konnte nicht mehr sagen, was er ihr alles erzählt hatte. Er war so enttäuscht gewesen. Und jetzt? Er konnte nicht anders, er musste ständig an Sonja denken. Ließ sie sich wirklich operieren?

      »Du hast viel gesagt, mein Lieber!« Hilga sprang wieder auf. Sie legte ihm die Arme um den Nacken, ihre Lippen öffneten sich leicht. »Mich interessiert deine Frau nicht«, flüsterte sie.

      Moritz versteifte sich. Sie drängte sich enger an ihn. Der verführerische Duft ihres Parfüms stieg ihm in die Nase. Er empfand nichts mehr. Es fiel ihm ganz leicht, ihre Arme von seinem Hals zu nehmen. »Ich wollte Sonja vergessen«, sagte er.

      »Und?« Ihre vollen Lippen wölbten sich. »Wir verstanden uns doch ausgezeichnet. Ich war bereit, dir dabei zu helfen. Ich bin es auch noch immer.« Ihre Finger strichen über seine Lippen, sie lachte leise. »Ich habe sehr viel Verständnis, das weißt du doch.«

      »Ich wollte dich nicht täuschen, Hilga!« Erneut schob er ihre Hand zur Seite. »Ich dachte, du und ich … Ich wollte wirklich mit dir wegfahren.«

      »Jetzt willst du das nicht mehr?« Schlagartig veränderte sich wieder ihre Miene. Ihre Augen schleuderten Blitze.

      Moritz schüttelte den Kopf.

      »Was willst du eigentlich?«

      »Ich weiß es nicht! Ich muss jedenfalls wissen, was mit Sonja ist. Ich muss wissen, ob sie sich operieren ließ. Auch beim Chefarzt will ich mich für mein Benehmen entschuldigen.«

      »Was tust du dann noch hier?« Sie fauchte nun wie eine wütende Katze.

      »Wir waren verabredet. Gestern bin ich nach Auefelden gefahren, ohne es dir vorher zu sagen. Wahrscheinlich wollte ich heute mit dir darüber sprechen.«

      »Das darf doch nicht wahr sein!« Sie schnappte wieder hörbar nach Luft. »Was glaubst du, wer ich bin?«

      Moritz schluckte. Er verstand sich selbst in diesem Moment am allerwenigsten.

      »Du willst also wieder nach Auefelden fahren. Du willst zu ihr, während ich hier auf dich warten soll? Nein, mein Lieber! Wenn du jetzt nicht bleibst, dann brauchst du erst gar nicht mehr wiederzukommen.«

      Moritz starrte sie an, dann schüttelte er den Kopf. »Ich kann jetzt nicht bleiben. Ich dachte selbst, dass ich es könnte. Ich wollte auch.« Seine Schultern sanken nach unten.

      »Du liebst deine Frau ja noch immer«, stieß Hilga hervor.

      »Ja, ich glaube«, entgegnete Moritz offen.

      Hilga ballte die Hände. Einen Augenblick lang sah es so aus, als wollte sie sich auf ihn stürzen. »Du wagst es, dies so einfach zu sagen?«, kreischte sie dann.

      »Tut mir leid! Ich wollte dich wirklich nicht kränken. Ich dachte selbst, dass mir Sonja gleichgültig ist. Aber so ist es nicht. Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich denken soll. Hat sie mich belogen und betrogen? Vielleicht kann ich nie wieder mit ihr zusammenleben, aber ich muss jetzt wissen, wie es ihr geht.«

      »Verschwinde!«, zischte Hilga.


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