Gesammelte Erzählungen von Jakob Wassermann. Jakob Wassermann
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Jakob Wassermann
Gesammelte Erzählungen von Jakob Wassermann
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- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-0840-1
Inhaltsverzeichnis
Schläfst du, Mutter?
Die Schaffnerin
Die Mächtigen
Ruth
Der niegeküßte Mund
Treunitz und Aurora
Hilperich
Die Schwestern:
Der goldene Spiegel:
Was über den Spiegel beschlossen wurde
Von Helden und ihrem Widerspiel
Die Gefangenen auf der Plassenburg
Herr de Landa und Peter Hannibal Meier
Die Geschichte des Grafen Erdmann Promnitz
Faustina
Der Mann von vierzig Jahren
Der unbekannte Gast
Adam Urbas
Golowin
Lukardis
Ungnad
Jost
Oberlins drei Stufen
Sturreganz
Der Aufruhr um den Junker Ernst
Der Geist des Pilgers:
Selbstbetrachtungen
Olivia oder Die unsichtbare Lampe
Sabbatai Zewi
Schläfst du, Mutter?
I.
Peter Vogelsang Geht auf den Grillenfang, Hat eine lange Nase Und Ohren wie ein Hase
Ich lasse sie schreien, die Knirpse, dachte Peter und schritt würdevoll seine Straße fürbaß. Das Spottgedicht stammte vom Herrn Lehrer selbst, aber Peter war fest überzeugt davon, daß ihn diese »Kinderei« gleichgültig lasse. Wenn er in den Zwischenpausen träumerisch, fast tiefsinnig im Schulhof stand, hinten am Zaun, wo man auf den Fluß hinabsehen konnte, der so ruhig und so klar vorbeiströmte, oder wenn er abseits von dem Knäuel der Aufgeregten mit nachdenklich verschränkten Armen dastand, mußte ihn oft die spöttische Mahnung des Lehrers aus seinem Sinnen wecken. Aber Peter lächelte nur, und dieses Lächeln war nicht ohne eine gewisse Geringschätzung; denn er war bei seinen neun Jahren schon ein beachtenswerter Philosoph, der über den lieben Gott bereits sein ganz bestimmtes Urteil hatte.
Es war ein Mittwoch-Nachmittag und er ging spazieren. Er trug einen dünnen Spazierstock aus Weichselrohr, die Mutter hatte ihn gestern erst gekauft, und damit hieb er fortwährend auf die Einfassung des Trottoirs los, gerade als könne er sich damit von einer Summe innerer Zweifel befreien. Am Lilienplatz ertönten die Schmiedehämmer und das war ein heller, fast klagender Laut. Peter blieb stehen, denn diese Töne fesselten ihn sehr. Klang es nicht, wie wenn die alten und berühmten Recken mit ihren Schwertern aufeinander loshieben? Wahrlich, wenn man die Augen schloß, so konnte man glauben, Laurin kämpfe in vollem Gewaffen mit Dietrich von Bern. Dann sah er noch zu, wie einem Pferd die Hufeisen erneuert wurden,