Butler Parker Staffel 5 – Kriminalroman. Günter Dönges
Wanders, mißtrauisch ist der doch längst«, antwortete Mike Rander. »Linen ist gerissen. Er weiß genau, daß er unter Kontrolle steht.«
»Wenn unsere Theorie stimmt, muß er darüber im Bilde sein, wie Debtor seinerzeit mit dem Geld entwischen konnte«, meinte Lieutenant Wanders. »Ich möchte sogar noch weitergehen: er ist von Debtor bezahlt worden.«
»Anzunehmen, aber leider nicht zu beweisen«, sagte Rander. »Warum bringen wir Linen nicht in Wallung? Warum jagen wir ihm keine Angst vor seinem damaligen Partner ein? Er weiß zuviel, also dürfte er auf der Liste der Personen stehen, die Debtor umbringen läßt.«
»Vielleicht ist das der Weg, ihn zum Reden zu bringen«, pflichtete Lieutenant Wanders dem Anwalt bei. »Das heißt, uns sind die Hände gebunden. Linen wurde damals außer Verdacht gesetzt. Ohne neue Beweise können wir nichts unternehmen.«
»Dann werden eben Parker und ich das für Sie tun«, schlug Mike Rander vor. »Wir brauchen uns an keine Dienstvorschrift zu halten. Ich frage mich immer und immer wieder, wie Debtor samt Geld verschwinden konnte.
»Mir ist das auch ein Rätsel«, sagte Wanders. »Ich habe mir alle Akten noch einmal genau angesehen. Ich komme einfach nicht auf die Lösung.«
»Wir leider auch nicht«, sagte Rander. »Aber abgesehen davon, Lieutenant, wie verhält sich dann John Bleeding, der lebenslänglich bekommen hat?«
»Mann, Rander, darüber darf ich ja gar nicht reden.«
»Es bleibt doch unter uns.«
»Sie bringen mich in des Teufels Küche«, meinte Wanders. »Aber gut, im Interesse unserer Zusammenarbeit will ich antworten. John Bleeding schweigt sich aus.«
»Ein so ausgekochter Bursche pflegt auch von der Zelle aus Kontakt zur Außenwelt, oder nicht?«
»Seine Post wird wie üblich kontrolliert«, sagte Wanders. »Er schreibt sich regelmäßig mit seiner Lana Mussel. Aber die Briefe sind unverfänglich. Scheint eine alte Freundin von ihm zu sein.«
Mike Rander gelang es, sein Gesicht zu beherrschen. Bei Josuah Parker war das eine Selbstverständlichkeit.
»Kennt man die Freundin?«
»Verlangen Sie nicht zuviel«, erwiderte Wanders. »Wir arbeiten erst seit knapp zwei Tagen an diesem Fall. Die Mussel wohnt in Chicago und ist in einem Nachtbetrieb beschäftigt. Einzelheiten kenne ich nicht. Halten Sie diese Frau für wichtig?«
»Sie etwa nicht?« gab Rander zurück.
»Na ja, man wird sich mit ihr befassen«, meinte Wanders. »Vielleicht handelt es sich nur um eine Deckadresse.«
»Damit ist wohl zu rechnen.«
Mehr sagte Rander nicht. Nachträglich konnte er unmöglich erklären, daß bereits Bracer auf einen Mussel hingewiesen hatte. Zudem war der Anwalt sich klar darüber, daß auch Lieutenant Wanders ihm einige wichtige Dinge verschwiegen hatte.
Schließlich arbeiteten sie nicht zum ersten Male zusammen...
*
Am späten Nachmittag machten Mike Rander und sein Butler sich auf den Weg zu Lemmy Linen.
Im Einverständnis mit Lieutenant Wanders wollten sie den Besitzer des Schrottplatzes unter Druck setzen. Handhaben dazu boten sich reichlich. Wenn sie Glück hatten, brach Linen vielleicht zusammen und legte sogar ein Geständnis ab.
Die Sonne ging bereits unter, als sie den Schrottplatz erreichten. Sie ließen den Wagen draußen vor dem Tor stehen und betraten den unübersichtlichen Platz.
Hier inmitten der hohen Brandmauern war es ziemlich dunkel geworden. Daher hatte Linen schon Licht in seiner Steinbaracke. Rander und Parker hielten auf den langgestreckten Bau zu, bewegten sich aber so leise wie möglich, weil sie plötzlich und ohne Vorbereitung vor Linen erscheinen wollten.
»Nichts von ihm zu sehen«, sagte Mike Rander nach einem prüfenden Blick durch das Fenster. Vorsichtig ging er ein paar Schritte weiter und öffnete die Tür zu der Baracke.
Er hatte sich nicht getäuscht.
Linen war nicht in seinem Bau. Wohin mochte er gegangen sein?
»Wenn Sie erlauben, Sir, möchte ich mich gern auf dem Schrottplatz umsehen«, schlug Parker vor.
»In Ordnung, und ich. werde hinaus zu dem Beamten gehen, den Wanders dort irgendwo aufgestellt hat. Der muß ja wissen, ob Linen seinen Platz verlassen hat.«
Josuah Parker schritt würdevoll auf dem Schrottplatz umher und suchte nach Lemmy Linen. Leicht war das nicht. Hochgetürmte Autowracks versperren immer wieder die Sicht. Dicht bei den Brandmauern war es bereits so dunkel, daß er seine starke Handlampe einschalten mußte.
Der Schein tastete über einige ausgeschlachtete Vehikel und kletterte an einem Dreibein hoch, in dem ein Flaschenzug hing.
Sekunden später wußte Parker, was sich abgespielt hatte. Unter einem hochgekanteten Fahrzeugwrack entdeckte er ein Beinpaar. Der ausgediente Flaschenzug hatte scheinbar seine Last nicht mehr halten können. Lemmy Linen war von einem alten Straßenkreuzer erschlagen worden.
Bevor Parker zurück zu Mike Rander gehen konnte, erschien der junge Anwalt bereits mit einem unscheinbar aussehenden Mann, der sich als Kriminalbeamter vorstellte.
»Linen hat den Platz nicht verlassen und bis vor einer Viertelstunde gearbeitet«, sagte der Beamte.
»Er wird nie wieder arbeiten können«, antwortete Parker und wies auf das Beinpaar.
»Donnerwetter«, rief Mike Rander aus. »Lemmy Linen ist umgebracht worden. An einen Unfall kann ich einfach nicht glauben. Hat irgendeine Person den Schrottplatz betreten, Sergeant?«
»Ich habe nichts gesehen.«
»Verständigen Sie Lieutenant Wanders von der Mordkommission«, empfahl Rander dem Beamten. »Was sagen Sie dazu, Parker? Wieder einmal zu spät gekommen.«
»Der Sergeant machte einen guten Eindruck«, erwiderte Parker. »Ich möchte unterstellen, daß er den Zugang zum Schrottplatz nicht aus den Augen gelassen hat.«
»Sie denken also an einen geheimen Zugang, Parker?«
»Ich denke an den Kanalschacht, Sir.«
»Dieser Sache werden wir sofort auf den Grund gehen«, schlug Mike Rander vor. »Wo sind die beiden Einstiegsschächte?«
Sie verließen das Dreibein und suchten nach den Einstiegen. Parker, der sich ihre Lage gemerkt hatte, fand sie auf Anhieb. Einer davon war derart mit Schrott zugedeckt, daß es rein unmöglich war, den Kanaldeckel zu öffnen. Der zweite Einstieg war frei.
Rander bemühte sich sofort, den gußeisernen Deckel anzuheben. Aber dazu reichten seine Kräfte bei weitem nicht aus. Parker, der mit der Taschenlampe geleuchtet hatte, sah mehr als Anwalt Rander.
»Schmutzspuren, die noch frisch sind«, stellte er fest.
»Leuchten Sie mal genauer hin«, bat Rander seinen Butler. Nun sah auch er, daß feuchter, schmieriger Dreck an der Zementfassung des Einstiegs klebte.
»Wenn mich nicht alles täuscht, Sir, muß dieser übelriechende Dreck aus dem Kanal kommen«, sagte Parker. »Der Platz ist nämlich vollkommen trocken.«
»Das werden wir gleich haben.«
Zusammen mit Parker machte Rander sich daran, den schweren Deckel anzulüften, aber das erwies sich ohne Hebel als undurchführbar.
»Wie mag man den Deckel von innen hochbekommen haben?« fragte Mike Rander. »Der ist ja zentnerschwer.«
Parker hatte sich inzwischen um ein Brecheisen gekümmert und schob das in die Öffnung. Gemeinsam mit Rander versuchte nun auch er, den schweren Deckel anzuheben, aber wieder blieb alle Mühe ohne Erfolg.
»Das ist mir rätselhaft«, meinte Rander. »Hallo, Sergeant, helfen Sie uns doch mal.«
Der Polizeibeamte