Butler Parker Staffel 5 – Kriminalroman. Günter Dönges
tat so, als wolle er sich umwenden, um zu gehen. Er forderte damit den jungen Mann förmlich heraus. Was allerdings auch von Parker beabsichtigt worden war. Wie gesagt, er wollte endlich zu Taten schreiten.
Der junge Mann sah sich veranlaßt, das Wurfmesser auf Josuah Parker zu schleudern. Normalerweise hätte dieses Messer unbedingt treffen müssen. Doch in diesem Falle war ein gewisser Josuah Parker das Ziel.
Blitzschnell kippte Parker seine t Melone herum und fing mit der tiefen Innenseite das gefährliche Messer geschickt auf. Im gleichen Moment lag der feste, schwere Griff auch schon in der Hand des Butlers.
Der junge Mann sperrte seinen Mund weit auf.
Parkers Gesicht zeigte hingegen einen deutlich blasierten Ausdruck. Für ihn war das nur eine Kleinigkeit gewesen.
»Ich benötige von Ihnen nur einige präzise Angaben«, sagte er höflich, aber dennoch energisch. »Ich finde, wir haben unnötige Zeit vertan. Wer sind Sie? Für wen arbeiten Sie...?«
Der junge Mann hatte sich von seinem ersten Schock erholt. Er schnaubte vor Wut und Ärger. Er übersah das Messer in der Hand des Butlers und schien ernsthaft mit dem Gedanken zu spielen, sich auf den Gegner zu werfen.
»Lassen Sie doch diese geplanten Kindereien«, wies Butler Parker den jungen Mann zurecht.
Doch der wollte nicht hören. Er war erpicht darauf, zu fühlen. Und er fühlte dann auch. Nämlich die Faust des Butlers, in die er sich förmlich hineingestürzt hätte.
Das Resultat war vernichtend. Für den jungen Mann nämlich. Er stöhnte auf, hielt sich an einer Sessellehne fest, um dann langsam in sich zusammenzusinken. Er merkte Sekunden danach nicht, daß der Butler ihm erneut die Taschen durchsuchte.
Diesmal hatte die Suche Erfolg.
Der junge Mann trug jetzt eine Brieftasche, die der Butler erst einmal an sich nahm. Den Inhalt wollte er sich später ansehen. Es galt, das Hotelzimmer sorgfältig zu durchsuchen.
Parker begann erst einmal mit den beiden Koffern. Er holte sämtliche bereits verstauten Wäschestücke hervor und legte sie als ordnungsliebender Mensch vorsichtig auf die Couch. Dann fingerte und wühlte er die Deckel und die Böden der beiden Koffer sehr sorgfältig ab. Die beiden Koffer enthielten keine Geheimfächer.
Josuah Parker ging jetzt die einzelnen Wäschestücke durch, faltete sie auseinander und schließlich wieder zusammen.
Blieb zuletzt nur noch die Kleidung des jungen Mannes. Es war für den Butler selbstverständlich, daß er sie genau durchsuchte. Vor allen Dingen die Nähte und die Wattierungen der Schultern. Schließlich landete Parker bei den Schuhen, die er dem noch immer Ohnmächtigen von den Füßen zog.
»Daß ich nicht gleich mit den Schuhen angefangen bin«, sagte sich Josuah Parker zufrieden, als er im rechten Schuh das Seidenfutter aufriß, das mit Klebestoff behelfsmäßig gegen das Leder gedrückt war. Eine mit den Fingern kaum vernehmbare Verdickung hatte ihn aufmerksam werden lassen. Bald hielt er ein Blatt Seidenpapier in der Hand, auf dem einige Zahlengruppen standen.
Parker wußte, was er zu tun hatte.
Er griff in seine Manteltasche, förderte sein Notizbuch hervor und zog den kleinen Bleistift aus der Schlaufe. Mit geübter Hand fertigte er in aller Schnelligkeit eine Kopie der Zahlengruppen an, um danach das Seidenpapier wieder zusammenzufalten und zurück in den Schuh zu stecken. Der zähe Klebstoff heftete das Innenfutter sofort wieder gegen das Leder. Parker beeilte sich, dem jungen Mann wieder die Schuhe anzuziehen und verließ dann auf dem schnellsten Weg das Zimmer Nummer 16.
Kein Mensch in der Hotelhalle achtete auf ihn, als er zurück auf die Straße ging. Parker bemühte sich um ein Taxi, fand einen freien Wagen und tauschte eine Banknote gegen die Willigkeit des schlau aussehenden Fahrers ein.
»Ich werde Ihnen sagen, welchem Wagen wir später folgen werden«, sagte Josuah Parker. »Inzwischen können Sie aber die Uhr laufen lassen. Sie sollen nicht zu kurz kommen.«
»Solche Fahrgäste wünsche ich mir öfter«, meinte der Fahrer. »Wann und wo können wir uns Wiedersehen?«
Parker schmunzelte andeutungsweise und ließ den Hoteleingang nicht aus den Augen. Schon einmal hatte sich sein Beobachten sehr gelohnt, war es ihm dadurch doch gelungen, sich an die Fersen von Louis und Buck zu heften. Überraschend schnell erschien der junge Mann, dessen Name Parker immer noch nicht kannte. Die Zeit war knapp gewesen, um sich den Inhalt der Brieftasche genau anzustehen.
Der junge Mann ging ohne Koffer, aber im Besitz einer Aktentasche, ein Stück die Straße hinunter, winkte zweimal vergebens ein Taxi ab und schaffte es schließlich, in einen dritten Wagen zu gelangen.
»Folgen Sie dem Taxi, in das der junge Mann gestiegen ist«, sagte Parker.
»Sieht harmlos aus, der Junge...!«
Parker nickte nur. Er hätte dem Fahrer zwar eine recht aufregende Geschichte erzählen können, verzichtete aber darauf.
Der junge Mann dirigierte sein Taxi von der Hauptstraße herunter und ließ es hinüber zum See rollen. Dann ging es zurück in die City, hinüber in den östlichen Stadtteil und schließlich in eine ruhige Straße, in der noch eine Anzahl von Häusern aus der Zeit der Jahrhundertwende standen.
Geistesgegenwärtig fuhr der Fahrer, in dessen Wagen Parker saß, weiter, als das beschattete Taxi plötzlich anhielt. Der Butler wendete sich um und sah, in welches Haus der junge Mann hineinging. Auf Wechselgeld schien er nicht gewartet zu haben.
»Sie können jetzt halten«, sagte Parker. »Ich werde wohl bald wieder zurück sein...!«
Josuah Parker verließ den Wagen, ging auf das betreffende Haus zu, betrat den langen Korridor und horchte nach oben. Leider war er doch zu spät gekommen. Der junge Mann war auf der Treppe nicht mehr zu sehen und zu hören. Parker ließ sich dadurch nicht aus der Fassung bringen.
Er ging zurück in den Hauseingang und betrachtete sich eingehend die angebrachten Firmenschilder. Ein Zahnarzt war vertreten, ein Schneider mit einem unaussprechlichen ungarischen Namen, eine Hebamme wohnte im Haus, und unter weiteren Leutchen auch ein gewisser Gary Lommers, seines Zeichens Spezialist für Fernsehantennen.
Warum der Butler ausgerechnet auf diesem Gary Lommers tippte, wußte er selbst nicht zu sagen. Aber sein Gefühl riet ihm, es doch einmal mit dieser Adresse zu versuchen.
Parker huschte eilig die Treppen nach oben, informierte sich auf den einzelnen Gängen, daß er Lommers’ Büro noch immer nicht erreicht hatte und landete schließlich auf dem letzten Treppenabsatz. Und genau dort fand er die gesuchte Tür.
Parker ging natürlich schleunigst wieder nach unten. Das heißt, natürlich nur so weit, bis er den nächsten Treppenabsatz erreicht hatte. Er verschwand auf dem dunklen Korridor dieser Etage und faßte sich erst einmal in Geduld. Er konnte nur hoffen, daß sich der junge Mann nicht zu lange bei dem Spezialisten für Antennen aufhielt. Falls er wirklich dort oben war, was Josuah Parker ja nicht mit Bestimmtheit sagen konnte.
Nun, er hatte wieder einmal sagenhaftes Glück.
Oben, auf dem Treppenabsatz, wurde wieder eine Tür geöffnet. Eine Baßstimme, die sich bemühte, gedämpft zu reden, erklärte gerade, irgendwer solle tunlichst nicht noch einmal erscheinen, sondern nur per Telefon auf weitere Nachrichten warten.
Schritte waren auf der Treppe zu hören.
Parker erkannte den jungen Mann, der langsam und nachdenklich die Treppe hinunterstieg. Er wirkte jetzt auf den Butler wie ein geprügelter Hund. Die Unterhaltung mit Lommers schien nicht besonders erfreulich für ihn gewesen zu sein.
Der junge Mann hatte die Straße erreicht. Er übersah das weit hinten parkende Taxi, wendete sich in die entgegengesetzte Richtung und ging dann recht schnell weiter. So, als sei ihm plötzlich eine Idee gekommen.
Parker winkte dem Taxifahrer zu, der langsam mit seinem Wagen heranrollte.
»Ich denke, daß ich Sie jetzt nicht mehr benötige«, sagte der Butler.