Das Kapital (Alle 3 Bände). Karl Marx
zu. Man sieht jedoch, daß diese Wertwechsel unabhängig sind von der Verwertung der Baumwolle im Spinnprozeß selbst. Wäre die alte Baumwolle noch gar nicht in den Arbeitsprozeß eingegangen, so könnte sie jetzt zu 1 sh. statt zu 6 d. wieder verkauft werden. Umgekehrt: Je weniger Arbeitsprozesse sie noch durchlaufen hat, desto sichrer ist dies Resultat. Es ist daher Gesetz der Spekulation, bei solchen Wertrevolutionen auf das Rohmaterial in seiner mindest verarbeiteten Form zu spekulieren, also eher auf Garn als auf Gewebe und eher auf die Baumwolle selbst als auf das Garn. Die Wertänderung entspringt hier in dem Prozeß, der Baumwolle produziert, nicht in dem Prozeß, worin sie als Produktionsmittel und daher als konstantes Kapital funktioniert. Der Wert einer Ware ist zwar bestimmt durch das Quantum der in ihr enthaltnen Arbeit, aber dies Quantum selbst ist gesellschaftlich bestimmt. Hat sich die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit verändert - und dasselbe Quantum Baumwolle z.B. stellt in ungünstigen Ernten größeres Quantum Arbeit dar, als in günstigen - , so findet eine Rückwirkung auf die alte Ware statt, die immer nur als einzelnes Exemplar ihrer Gattung gilt , deren Wert stets durch gesellschaftlich notwendige, also auch stets unter gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen notwendige Arbeit gemessen wird.
Wie der Wert des Rohmaterials, mag der Wert bereits im Produktionsprozeß dienender Arbeitsmittel, der Maschinerie usw., wechseln, also auch der Wertteil, den sie dem Produkt abgeben. Wird z.B. infolge einer neuen Erfindung Maschinerie derselben Art mit verminderter Ausgabe von Arbeit reproduziert, so entwertet die alte Maschinerie mehr oder minder und überträgt daher auch verhältnismäßig weniger Wert auf das Produkt. Aber auch hier entspringt der Wertwechsel außerhalb des Produktionsprozesses, worin die Maschine als Produktionsmittel funktioniert. In diesem Prozeß gibt sie nie mehr Wert ab, als sie unabhängig von diesem Prozeß besitzt.
Wie ein Wechsel im Wert der Produktionsmittel, ob auch rückwirkend nach ihrem bereits erfolgten Eintritt in den Prozeß, ihren Charakter als konstantes Kapital nicht verändert, ebensowenig berührt ein Wechsel in der Proportion zwischen konstantem und variablem Kapital ihren funktionellen Unterschied. Die technischen Bedingungen des Arbeitsprozesses mögen z.B. so umgestaltet werden, daß, wo früher 10 Arbeiter mit 10 Werkzeugen von geringem Wert eine verhältnismäßig kleine Masse von Rohmaterial verarbeiteten, jetzt 1 Arbeiter mit einer teuren Maschine das hundertfache Rohmaterial verarbeitet. In diesem Fall wäre das konstante Kapital, d.h. die Wertmasse der angewandten Produktionsmittel, sehr gewachsen und der variable Teil des Kapitals, der in Arbeitskraft vorgeschoßne, sehr gefallen. Dieser Wechsel ändert jedoch nur das Größenverhältnis zwischen konstantem und variablem Kapital oder die Proportion, worin das Gesamtkapital in konstante und variable Bestandteile zerfällt, berührt dagegen nicht den Unterschied von konstant und variabel.
Siebentes Kapitel
Die Rate des Mehrwerts
1. Der Exploitationsgrad der Arbeitskraft
Der Mehrwert, den das vorgeschoßne Kapital C im Produktionsprozeß erzeugt hat, oder die Verwertung des vorgeschoßnen Kapitalwerts C stellt sich zunächst dar als Überschuß des Werts des Produkts über die Wertsumme seiner Produktionselemente.
Das Kapital C zerfällt in zwei Teile, eine Geldsumme c, die für Produktionsmittel, und eine andre Geldsumme v, die für Arbeitskraft verausgabt wird; c stellt den in konstantes, v den in variables Kapital verwandelten Wertteil vor. Ursprünglich ist also C = c + v, z.B. das vorgeschoßne Kapital von 500 Pfd.St. = 410 Pfd.St. + 90 Pfd.St. Am Ende des Produktionsprozesses kommt Ware heraus, deren Wert = c + v + m, wo m der Mehrwert, z.B. 410 Pfd.St. + 90 Pfd.St. + 90 Pfd.St. Das ursprüngliche Kapital C hat sich in C' verwandelt, aus 500 Pfd.St. in 590 Pfd.St. Die Differenz zwischen beiden ist = m, einem Mehrwert von 90. Da der Wert der Produktionselemente gleich dem Wert des vorgeschoßnen Kapitals, so ist es in der Tat eine Tautologie, daß der Überschuß des Produktenwerts über den Wert seiner Produktionselemente gleich der Verwertung des vorgeschoßnen Kapitals oder gleich dem produzierten Mehrwert.
Indes erfordert diese Tautologie eine nähere Bestimmung. Was mit dem Produktenwert verglichen wird, ist der Wert der in seiner Bildung aufgezehrten Produktionselemente. Nun haben wir aber gesehn, daß der aus Arbeitsmitteln bestehende Teil des angewandten konstanten Kapitals nur ein Stück seines Werts an das Produkt abgibt, während ein andres Stück in seiner alten Existenzform fortdauert. Da das letztre keine Rolle in der Wertbildung spielt, ist hier davon zu abstrahieren. Sein Hineinziehen in die Rechnung würde nichts ändern. Nimm an, c = 410 Pfd.St. bestehe aus Rohmaterial zu 312 Pfd.St., Hilfsstoffen zu 44 Pfd.St. und im Prozeß verschleißender Maschinerie von 54 Pfd.St., der Wert der wirklich angewandten Maschinerie betrage aber 1.054 Pfd.St. Als vorgeschossen zur Erzeugung des Produktenwerts berechnen wir nur den Wert von 54 Pfd.St., den die Maschinerie durch ihre Funktion verliert und daher dem Produkt abgibt. Rechneten wir die 1.000 Pfd.St. mit, die in ihrer alten Form fortexistieren als Dampfmaschine usw., so müßten wir sie auf beiden Seiten mitrechnen, auf Seite des vorgeschoßnen Werts und auf Seite des Produktenwerts , und erhielten so resp. 1.500 Pfd.St. und 1.590 Pfd.St. Die Differenz oder der Mehrwert wäre nach wie vor 90 Pfd.St. Unter dem zur Wertproduktion vorgeschoßnen konstanten Kapital verstehen wir daher, wo das Gegenteil nicht aus dem Zusammenhang erhellt, stets nur den Wert der in der Produktion verzehrten Produktionsmittel.
Dies vorausgesetzt, kehren wir zurück zur Formel C = c + v, die sich in C' = c + v + m und eben dadurch C in C' verwandelt. Man weiß, daß der Wert des konstanten Kapitals im Produkt nur wieder erscheint. Das im Prozeß wirklich neu erzeugte Wertprodukt ist also verschieden von dem aus dem Prozeß erhaltnen Produktenwert, daher nicht, wie es auf den ersten Blick scheint, c + v + m oder 410 Pfd.St. + 90 Pfd.St. + 90, sondern v + m oder 90 Pfd.St. + 90 Pfd.St., nicht 590 Pfd.St., sondern 180 Pfd.St. Wäre c, das konstante Kapital, = 0, in andren Worten, gäbe es Industriezweige, worin der Kapitalist keine produzierten Produktionsmittel, weder Rohmaterial noch Hilfsstoffe, noch Arbeitsinstrumente, sondern nur von Natur vorhandne Stoffe und Arbeitskraft anzuwenden hätte, so wäre kein konstanter Wertteil auf das Produkt zu übertragen. Dies Element des Produktenwerts, in unsrem Beispiel 410 Pfd.St., fiele fort, aber das Wertprodukt von 180 Pfd.St., welches 90 Pfd.St. Mehrwert enthält, bliebe ganz ebenso groß, als ob c die größte Wertsumme darstellte. Wir hätten C = 0 + v = v, und C', das verwertete Kapital, = v + m, C' - C nach wie vor = m. Wäre umgekehrt m = 0, in andren Worten, hätte die Arbeitskraft, deren Wert im variablen Kapital vorgeschossen wird, nur ein Äquivalent produziert, so C = c + v, und C' (der Produktenwert) = c + v + 0, daher C = C'. Das vorgeschoßne Kapital hätte sich nicht verwertet.
Wir wissen in der Tat bereits, daß der Mehrwert bloß Folge der Wertveränderung ist, die mit v, dem in Arbeitskraft umgesetzten Kapitalteil vorgeht, daß also v + m = v + Dv (v plus Inkrement von v) ist. Aber die wirkliche Wertveränderung und das Verhältnis, worin sich der Wert ändert, werden dadurch verdunkelt, daß infolge des Wachstums seines variierenden Bestandteils auch das vorgeschoßne Gesamtkapital wächst. Es war 500, und es wird 590. Die reine Analyse des Prozesses erheischt also von dem Teil des Produktenwerts, worin nur konstanter Kapitalwert wieder erscheint, ganz zu abstrahieren, also das konstante Kapital c = 0 zu setzen, und damit ein Gesetz der Mathematik anzuwenden, wo sie mit variablen und konstanten Größen operiert und die konstante Größe nur durch Addition oder Subtraktion mit der variablen verbunden ist.
Eine andre Schwierigkeit entspringt aus der ursprünglichen Form des variablen Kapitals. So im obigen Beispiel ist C' = 410 Pfd.St. konstantes Kapital + 90 Pfd.St. variables Kapital + 90 Pfd.St. Mehrwert. Neunzig Pfd.St. sind aber eine gegebne, also konstante Größe, und es scheint daher ungereimt, sie als variable Größe zu behandeln. Aber 90 Pfd.St. oder 90 Pfd.St. variables Kapital ist hier in der Tat nur Symbol für den Prozeß, den dieser Wert durchläuft. Der im Ankauf der Arbeitskraft vorgeschoßne Kapitalteil ist ein bestimmtes Quantum vergegenständlichter Arbeit, also konstante Wertgröße, wie der Wert der gekauften Arbeitskraft. Im Produktionsprozeß selbst aber tritt an die Stelle der vorgeschoßnen 90 Pfd.St. die sich betätigende