G.F. Barner Staffel 2 – Western. G.F. Waco

G.F. Barner Staffel 2 – Western - G.F. Waco


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er rastet in der knallenden Hitze des Mittages, reitet dann fast bis Mitternacht, und er bricht am Morgen weit vor dem Morgenrot wieder auf. Pferde sind nicht so genügsam wie Maulesel, sie vertragen die Hitze bedeutend weniger.

      Angus hat das Feuer entfacht und schneidet sich vom Speck einige Scheiben ab. Bohnen, Speck, Maisbrot und in einem Beutel getrocknete Pflaumen, das ist alles, was er an Eßbarem besitzt. Natürlich kann er auch Kaffee kauen, aber den trinkt er nun doch lieber.

      Er hatte sich bei einem Mexikaner eine Schafskeule gekauft, aber sie stinkt schon. Angus steht wütend auf. Dann schleudert er die Keule weg, aber es ist wohl nicht weit genug. Er glaubt immer noch den Gestank zu riechen und ärgert sich. Jedoch ist er zu faul, jetzt aus dem Schatten in dieser Mulde zu gehen und das Fleisch einzugraben. Jeder vernünftige Mann gräbt hier solche Dinge ein. Niemand, der eine Ahnung von dem heißen Land beiderseits des Rio Grande hat, läßt einen Kadaver liegen. Geier kommen dann sehr bald. Aber im Fall, daß jemand Verfolger hinter sich vermutet, gräbt er erst recht alles ein, was Geier anziehen kann.

      Angus Haley ißt. Er legt sich danach zwischen den Cochillas, die man auf der amerikanischen Seite Chollas nennt, in den Schatten.

      Die Chollas werden bis zweieinhalb Meter, manchmal auch drei Meter hoch. Sie gleichen kleinen Bäumen und spenden genügend Schatten. Rechts von ihm, weniger als zehn Schritt entfernt, stehen einige Orgelpfeifenkakteen, einige sind bis zu viereinhalb Yards hoch.

      Schatten genug, seine Pferde dösen. Er hat das Gewehr neben sich liegen und blickt sich noch einmal um.

      Nichts zu sehen.

      Danach macht er die Augen zu.

      Und er muß ungefähr anderthalb Stunden geschlafen haben, als er das Krächzen hört.

      Geier!

      In dieser Sekunde macht er die Augen auf, sieht die Geier auf einem umgestürzten Orgelpfeifenkaktus sitzen und hört sie krächzen. Anscheinend wissen sie jedoch genau was ihnen blüht, denn kaum greift er zum Gewehr, als sie hochflattern und aufsteigen.

      »Die Keule«, sagt er grimmig und spuckt angewidert aus, als ihm der Geruch in die Nase kommt.

      »Pfui Teufel, ich hätte sie doch vergraben sollen. Dieser Gestank… Die Sonne auf dem Fleisch – brrr!«

      Er schüttelt sich, dann geht er los, sieht den Hang empor und klettert keine fünf Schritt. Als er sein Messer in den Boden rammt, sieht er sofort Steine, er flucht und geht zurück.

      Er ist nun zwischen den Orgelpfeifen und den Chollas.

      »Also gut«, sagt er brummend. »Dann eben hier – oder dort vielleicht?«

      Keine zehn Schritt weiter ist noch eine Stelle, die nach weichem Boden aussieht. Er geht mit langen Schritten hin und sticht sein Messer in den Boden, um festzustellen, ob Steine unter der Oberfläche sind. Es sind Steine.

      Die Sonne brennt in seinen Nacken. Hier weht Wind, weil die Chollas drüben so dicht stehen. Also zurück und dicht neben seinem Lagerplatz ein Loch graben.

      Angus geht zurück, wieder mit langen Schritten.

      Und in dem Augenblick, in dem er sich aufrichtet und zurückgeht, sagt der eine der beiden Männer oben, kurzatmig und heiser:

      »Er ist ein Kreuz gegangen, hast du gesehen – hast du gesehen? Da ist er, der Bursche. Und ein Kreuz ist er gegangen. Weißt du, was das heißt?«

      Er ist hager, der Jose schnauft vom Klettern und sieht nach unten. Er liegt unter einem Teddybären-Cholla und schwitzt. Seine kleinen, stechenden Augen haben die Mulde unter Kontrolle.

      Der andere ist mittelgroß, heißt Pedro, trägt ein ausgefranstes Hemd, derbe Stiefel und hat einen durchlöcherten Hut auf. Er sieht nicht anders als einer der zahlreichen Banditen der Grenze aus und kneift jetzt die Lider zusammen. Wenn ihre Kleidung auch nichts taugt, ihre Waffen sind in Ordnung.

      »Er sucht«, sagt Pedro japsend und starrt verstört in die Mulde hinab. »Tatsächlich, er sucht. Hier muß es sein – hier. Ich begreife nicht, woher er es weiß, wie Rual an diesen Fleck gekommen sein soll. Aber hier muß es sein. Damnado, er beginnt zu graben, sieh doch hin, er gräbt schon, er will es ausgraben.«

      Sie sehen sich an, in ihren Augen ist plötzlich wilde Gier.

      »Der gräbt«, sagt Jose beinahe so laut, daß es bis unten zu hören sein kann. »Madre, er gräbt, der Kerl, er macht ein Loch, er gräbt den Boden auf. Sieh nur, wie er wühlt, wie er sich anstrengt. Mach nur ein schönes großes Loch, Mann, damit du gleich hinein…«

      »Por todos Santos«, ächzt der andere und ballt die Hände zu Fäusten.

      »Da ist es – da! Und wir Narren haben gedacht, daß er damals drüben geblieben, daß er es dort versteckt hat. Wir Narren, wo haben wir gesucht? Natürlich, er hat drei Tage Zeit gehabt, drei ganze Tage, um es zu vergraben. Und hier ist es trocken. Da, er bückt sich ganz tief hinein, er hat es, er hat es!«

      Sie sehen beide mit glitzernden Augen und halb offenen Mündern auf den gekrümmten Rücken Angus Haley und erkennen deutlich, daß er sich anstrengt.

      Das ist es, hier ist der Platz. Und jetzt hat er etwas gefunden, vielleicht ist es ein Griff, der ihm aus dem Boden entgegenragt? Er muß kräftig ziehen, hat beide Hände drin in diesem Loch, das er ausgegraben hat.

      »Schnell«, sagt Jose keuchend. »Mach schnell, er hat es gefunden, mehr brauchen wir nicht zu sehen. Er hat es, er wird es herausheben wollen. Schnell!«

      Der Pedro mit dem herabhängenden Schnurrbart hat schon das Gewehr.

      Neunzig Schritt etwa, weiter ist es nicht.

      Klick! macht die Patrone, als sie in die Kammer gleitet und der Verschluß sich zuschiebt.

      »Da hat er es«, sagt Jose höhnisch, »gefunden, für uns gefunden, was? Bueno, das ist gut…«

      Der andere zielt schon.

      Über dem Korn taucht die Kaktee auf. Die wie Federbüschel aussehenden Stachel der Cholla liegen im Visier. Und dann senkt sich der Lauf langsam. Der Finger beginnt sich zu krümmen.

      Unter ihnen spannt Angus Haley die Muskeln und legt sich zurück.

      Sand liegt auf dem Stein, den er herausheben will, feiner, rieselnder Sand, der von den Seiten des Loches nachfällt.

      »Nun, du Biest«, sagt Angus keuchend. »Du mußt heraus, ich werde es schon schaffen, kommst du, kommst du jetzt?«

      Er spannt sich wild an.

      Aber da rutschen seine Hände jäh ab.

      Angus Haley kracht in einem Busch auf den Rücken.

      Und über ihm drückt der Mexikaner ab.

      »Por dios!«

      Es ist nur ein scharfer, erschrockener Laut, der von dem Mexikaner kommt und der im dröhnenden Hall des Gewehres untergeht.

      Der Knall fegt über die Mulde hinweg, die Kugel kommt mit einem wilden jaulenden Schlag gegen den Haufen kleiner Steine, den Angus schon herausgeschleudert hat und prallt wimmernd ab.

      Angus Haley aber liegt auf dem Rücken und hört das wilde, fauchende Singen der Kugel über sich. In seinen Ohren ist das Singen, dann kommt der brüllende Hall im Bruchteil einer Sekunde hinterher.

      Er wirft sich herum und sieht auf dem Hang den starken schwarzgrauen Pulverschleier aufwehen.

      Da, denkt Angus, da sind sie. Rual hat es gesagt, er hat nicht im Fieber gesprochen, nicht eine Sekunde irre geredet, es ist wahr, mein Gott!

      Er rollt sich ab, er rollt schnell nach links.

      Dann kommt der nächste Krach. Und diesmal streift die Kugel mit einem bösen, scharfen und brennenden Schmerz seinen rechten Unterarm. Der Schmerz läßt ihn aufspringen. Er kommt hoch, macht einen verzweifelten Satz und wirft sich der Länge nach hin.

      Noch ist er nicht an der Cholla, noch ist er nicht an seinem Gewehr.


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