Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme. Jodocus Temme

Die wichtigsten Werke von Jodocus Temme - Jodocus Temme


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Name?’

      ‘Heinrich Hausmann, Majestät’

      ‘Woher?’

      ‘Aus Westfalen.’

      ‘Brave, tüchtige Leute, die Westfalen!’ sagte der König.

      Jetzt galt es.

      ‘Aber, Majestät —’ sagte ich.

      Er sah mich verwundert an.

      ‘Keine braven Leute?’

      ‘Gewiss, gewiss, Majestät. Aber mich hat man aus meiner Heimat gestohlen, geraubt. Ich war Seminarist, zum Schullehrer bestimmt —’

      Der König unterbrach mich.

      ‘Du kannst also lesen und schreiben?’

      ‘Zu Befehl Majestät.’

      ‘Dann kannst Du es zum Unteroffizier bringen.’

      Damit ging der König weiter.

      Ihm nachgehen, aus dem Gliede treten durfte ich nicht Aber nachrufen wollte ich ihm, um meine Freilassung ihn bitten.

      Da trat der Hauptmann von Steinau zwischen ihn und mich, und er sah mich so feindlich drohend an, dass ich kein Wort mehr hervorbringen konnte.

      Seine drohende Miene gewahrte aber auch die Madame Rietz, und sie wusste wohl genau, was sie zu bedeuten habe.

      ‘Herr von Steinau!’ sagte sie leise zu ihm.

      ‘Befehlen?’ erwiderte er.

      ‘Tun Sie dem Menschen nichts.’

      ‘Gnädige Frau —’

      ‘Ich bitte Sie darum!’

      ‘Aber seine Frechheit!’

      ‘Ihr Ehrenwort, Herr von Steinau, dass ihm nichts geschieht!’

      Sie hatte ihm ihre Hand hingehalten.

      Er musste sie nehmen und seine Lippen auf den Handschuh drücken.

      ‘Habe ich es?’ fragte sie.

      ‘Zu Befehl.’

      Die Madame Rietz, Euer Hochwürden — ich will eine solche Frauensperson nicht verteidigen — aber sie hatte auch ihre guten Seiten, und ihr mitleidiges Herz haben viele arme Leute dankbar rühmen müsse.«

      »Hm«, sagte der Domherr, halb für sich, »ob der Herr von Steinau ihr darum die Hand küsste, die Frau des Kammerdieners gnädige Frau nannte und Befehle von ihr annahm? — Erzählen Sie weiter!«

      Der Schullehrer Heinrich Hausmann erzählte weiter.

      »Der König musste das Flüstern der Beiden gehört haben. Er wandte sich um. Dabei sah er auch mich. Mein Plan war gescheitert; ich erhielt meine Freiheit nicht wieder. Ein schwerer Schmerz, eine vollständige Niedergeschlagenheit hatten mich plötzlich ergriffen. Die Aufregung vorhin musste mir die Gesichtsfarbe gehoben haben, jetzt musste ich leichenblass aussehen. Das sah der König.

      ‘Halte Er den Burschen gut, dass er den Dienst aushalten kann’, sagte der König zu dem Hauptmann.

      Ich wurde gut gehalten in der Kompanie, aber was half es mir? Ich blieb Sklave, und der Dienst war ohnehin schwer genug. Ich war erst achtzehn Jahre alt; mein Körper war noch mitten in seiner Entwicklung; war ich frühzeitig ungewöhnlich lang in die Höhe geschossen, so fehlten den Knochen und Gliedern desto mehr die Kräfte. Nach sechs Wochen fing ich an, in meinem linken Fuße zuerst eine Mattigkeit und dann zugleich einen Schmerz zu fühlen, die immer mehr zunahmen; auf der linken Seite musste ich immer die schwere Muskete tragen.

      Nach drei Wochen musste ich den Fuß nachziehen; noch drei Wochen später konnte ich nur völlig lahm gehen. Der Hauptmann hatte anfangs gemeint, ich verstelle mich; dann wurde er besorgt; darauf musste der Kompaniechirurgus mich untersuchen. Der meinte, es sei das Wachstum; es werde sich schon geben; ich werde sogar. noch größer werden. Aber ich wurde nicht größer; das Bein schwoll mir auf; ich konnte nicht darauf treten; der Regimentsdoktor musste kommen, mich untersuchen. Er machte ein sehr bedenkliches Gesicht. Ich wurde in das Lazarett gebracht, auf einem Streckbett festgeschnallt. Da lag ich, ohne mich rühren zu können, drei Monate. Die Geschwulst in meinem Fuße hörte auf, der Schmerz auch; aber als ich wieder aufstand, war das kranke Bein einen Zoll kürzer als das gesunde; ich war ein Hinkender.

      Der Hauptmann fluchte schrecklich.

      ‘Was ist da zu machen, Doktor?’ fragte er den Regimentsarzt.

      ‘Den Burschen laufen lassen, Herr Hauptmann.’

      Der Hauptmann fluchte ärger.

      ‘Es ist nicht möglich. Der König erkundigt sich nach dem Menschen. Er hat mir befohlen, ihn gut zu halten. Ich riskiere meinen Abschied, wenn ich die Entlassung des Burschen melden müsste. Wissen Sie denn gar kein Mittel, Doktor?’

      ‘Es ließe sich noch eins versuchen.’

      ‘Nennen Sie es.’

      ‘Wir brechen dem Menschen das nur durch Krümmung verkürzte Bein und heilen es ihm dann wieder gerade.’

      ‘Das geht?’

      ‘Wenn es glückt, ja.’

      ‘Auf der Stelle, Doktor. Es muss glücken.’

      Ich vergesse es nie, wie dem Hauptmanne die Augen leuchteten. Mir wollten vor Schreck die Sinne vergehen.

      ‘Auf der Stelle lässt es sich nicht machen’, sagte der Arzt. ‘Da müssen erst längere Vorbereitungen getroffen werden.’

      ‘Ich gebe es gar nicht zu; es ist mein Bein!’ rief ich.

      Ich wurde ausgelacht.

      ‘Du hast nichts zu sagen!’

      Ich wurde in ein einsames Zimmer gebracht, in dem nur Vertraute des Hauptmanns zu mir kamen. Der Doktor traf seine Vorbereitungen. Nach vier Wochen kam er mit drei oder vier Chirurgen, mit Instrumenten und Maschinen, mit Schienen und Bandagen. Zwei Unteroffiziere kamen mit ihnen. Die Unteroffiziere mussten mich halten, dass ich mich nicht wehren konnte. Die Chirurgen entkleideten mich. Der Doktor zerbrach mir mit einer Maschine den Fuß. Es war ein furchtbarer Schmerz. Von dem Schmerz will ich Ihnen jedoch nichts sagen; mein Zorn, meine Wut aber— doch wozu soll ich Ihnen auch davon erzählen? -

      Der zerbrochene Fuß wurde mir eingeschient. Dann musste ich wieder ein Vierteljahr festgeschnallt aus dem Streckbett liegen. Als ich aufstand, war der Fuß beinahe so kurz und völlig so steif wie vorher.

      Der Hauptmann fluchte entsetzlich.

      Der Doktor machte ein verlegenes Gesicht.

      ‘Der Bursche hielt nicht still bei der Operation’, wollte er sich herausreden.

      ‘Ich bin verloren’, rief der Hauptmann. ‘Ich komme auf die Festung! Der König hat sich nach dem Menschen erkundigt; ich habe ihn mit allerlei hinhalten müssen. Doktor, ist denn gar nichts mehr zu machen?’

      ‘Man müsste es versuchen, das Bein noch einmal zu brechen; diesmal mit größerer Vorsicht.’

      ‘Lassen Sie den Burschen binden, dass er keine Sehne rühren kann’, rief der Hauptmann.

      Hochwürdiger Herr, wie mir damals zu Mute war, das kann ich Ihnen gar nicht sagen. Ich weiß nur, dass ich weinen musste wie ein Kind. Ich rief meinen Vater und meine Mutter zu Hilfe, die so weit von mir waren — ich war allein, so ganz allein, ganz in der Gewalt der grausamen Menschen, die kein Erbarmen, kein Herz hatten!

      Das Bein wurde mir noch einmal zerbrochen. Ich litt entsetzliche Schmerzen, entsetzliche Qualen. Und es war alles vergeblich gewesen. Ich blieb lahm wie vorher; mein ganzer Körper war zugleich ruiniert. Es verging beinahe ein Jahr, bis ich aus dem Lazarett entlassen werden konnte. Was sollte aus mir werden, als ich es verlassen hatte? Soldat konnte ich nicht bleiben.

      Man wollte mich auch,


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