Jagd nach dem Glück. Barbara Cartland

Jagd nach dem Glück - Barbara Cartland


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er zu den reichsten, begehrenswertesten amerikanischen Junggesellen. Er besitzt eine astronomische Anzahl von Ölfeldern, dazu Eisenbahnlinien, Schiffahrtsgesellschaften und - der Himmel mag wissen, was sonst noch alles.«

      Endlich schien die Herzogin verstanden zu haben, worauf ihr Mann hinauswollte.

      »Natürlich müssen wir unser Bestes tun und Mr. Wilbur helfen, sich hier einzuleben. Aber warum hat er einen so großen englischen Landsitz gekauft?«

      »Das führt mich zu einem weiteren Punkt, den ich in Erfahrung gebracht habe«, entgegnete der Herzog voller Genugtuung. »Wilbur sagte mir, er wolle einige Pferde kaufen, insbesondere Jagdpferde. Er wird an der Quexby-Jagd teilnehmen.«

      Nun wandte er sich zu seiner Nichte.

      Offenbar vermutete er, sie wäre mit ihren Gedanken anderswo, denn er fragte in scharfem Ton: »Hast du mir zugehört, Alita?«

      »Ja, Onkel Lionel.«

      »Dann sei so nett und sorge dafür, daß die Pferde, denen du so viel Zeit widmest, möglichst gut aussehen, wenn Mr. Wilbur sie begutachtet.«

      »Das werde ich tun, Onkel Lionel.«

      »Ich werde mit Bates besprechen, welchen Preis wir verlangen sollen.«

      »Ich weiß viel besser als Mr. Bates, was man bei einer Auktion dafür bekommen könnte«, sagte Alita.

      Ein kurzes Schweigen trat ein, als würden dem Herzog die Kenntnisse seiner Nichte mißfallen. Doch dann nickte er widerstrebend.

      »Also gut, ich werde das mit dir diskutieren. Jetzt erhältst du Gelegenheit, zu beweisen, daß du mir mit Recht eine so große Summe für unsere Stallungen entlockst hast.«

      »Sicher wird Mr. Wilbur keine besseren Pferde finden, zumindest nicht in diesem Teil des Landes.«

      »Hoffentlich irrst du dich nicht!«

      »Verkauf bloß nicht zu viele Pferde, Papa!« bat Hermione schmollend. »Ich möchte mir für die Jagd in diesem Jahr die besten aussuchen. Die Tiere, die ich in der letzten Saison ritt, waren viel zu wild und machten mir richtig Angst.«

      Alita blickte über den Tisch zu ihrer Kusine hinüber und überlegte nicht zum ersten Mal, welch ein Fehler es war, daß Hermione überhaupt ritt. Die Tochter des Herzogs fürchtete sich vor jedem Pferd, so sanft es auch sein mochte, und wirkte viel attraktiver, wenn sie in einer Kutsche oder einem Ponywagen zu einem Jagdtreffen und dann wieder nach Hause fuhr, ohne sich sportlich zu betätigen.

      Doch Hermione wußte sehr wohl, daß ihr eine Jagd die günstigsten Chancen bot, wenn sie fern von der steifen Förmlichkeit ihres Elternhauses einen Gentleman kennenlernen wollte. Deshalb zwang sie sich jeden Winter, mit den Fuchshunden zu jagen, obwohl sie, was ihrer Kusine nicht entging, jede einzelne Sekunde eines solchen Ereignisses haßte.

      »Wie viele Pferde möchte Mr. Wilbur kaufen?« fragte die Herzogin.

      »Ich hoffe, eine ganze Menge«, entgegnete ihr Mann. »Wir können das Geld weiß Gott brauchen.«

      Sie seufzte.

      »Über dieses Thema wollte ich mit dir sprechen, Lionel, hatte aber beschlossen, bis nach deiner Rückkehr von Windsor zu warten.«

      »Falls du mich um eine Erhöhung des Haushaltsgelds oder um völlig unnötige Dekorationsgegenstände bitten willst, kannst du dir den Atem sparen!« erwiderte er mit scharfer Stimme.

      Dann lenkte er seine Aufmerksamkeit auf die Times, schlug sie unter lautem Geraschel auf und faltete sie säuberlich zusammen, um wie immer zuerst den Leitartikel zu lesen.

      »Du hast leicht reden, Lionel!« klagte die Herzogin. »Aber die Vorhänge im Salon sind schon furchtbar fadenscheinig, und Hermione braucht ein paar neue Kleider für den Winter. Sie kann doch auf den Bällen nicht dieselben Sachen tragen wie letztes Jahr.«

      Alita wußte, daß ein endloser Monolog drohte, sobald ihre Tante beginnen würde, eine Liste der Dinge aufzustellen, die sie für das Schloß und ihre Tochter benötigte. Hastig schob das Mädchen den Stuhl zurück.

      »Würdest du mich bitte entschuldigen, Tante Emily? Nach allem, was uns Onkel Lionel erzählt hat, wartet sehr viel Arbeit auf mich.«

      »In etwa einer Stunde komme ich in den Stall«, kündigte der Herzog an. »Dann reden wir über die Preise der Tiere, die wir verkaufen werden.«

      »Gut, Onkel Lionel.«

      In aller Eile verließ Alita das Zimmer, und der Herzog bemerkte: »Sie sieht wie eine Vogelscheuche aus, und das wird jeden Tag schlimmer. Kannst du nicht ein bißchen mehr auf ihre äußere Erscheinung achten?«

      »Wozu?« fragte die Herzogin. »Du weißt genauso gut wie ich, daß sie sich nirgends blicken läßt. Aber was ich mit dir erörtern wollte . . .«

      Sie befand sich wieder auf altbekanntem Terrain, und Alita, die den Korridor hinabrannte, war froh über ihre Flucht. Sie stürmte in ihr Schlafzimmer, legte das Kleid ab, das sie beim Frühstück angehabt hatte, und schlüpfte in ihr Reitkostüm. Es war alt und abgetragen, stammte aber von einer teuren Schneiderin, und der Schnitt hatte im Lauf der Jahre nichts von seiner Wirkung verloren. Und Alita sah darin ganz anders aus als in dem häßlichen, formlosen braunen Fetzen. Sie nahm sich keine Zeit, um in den Spiegel zu blicken. Stattdessen schlüpfte sie in ihre Reitstiefel, ergriff die dünne Peitsche und lief wieder den Korridor entlang.

      Diesmal benutzte sie eine Hintertreppe und erreichte den Teil des Schlosses, der dem Stall am nächsten lag. Es war ein kühler Herbsttag. Die Blätter hingen noch an den Bäumen, und im Garten blühten ein paar letzte Rosen. Doch davon merkte Alita nichts auf ihrem Weg zu den Stallungen. Sie dachte nur an ihre geliebten Pferde. Bei ihnen verbrachte sie jede Minute, wenn die Tante ihr keine langweiligen Hausarbeiten aufbürdete.

      »Sam! Sam!« rief sie.

      Ein alter Reitknecht trat aus einem der Stalltore, und sie fragte in einem munteren Ton, den sie niemals anschlug, wenn sie mit ihrer Verwandtschaft sprach: »Was glauben Sie, was Seine Gnaden mir soeben erzählt hat, Sam?«

      »Keine Ahnung, Miss Alita, aber es scheint Sie zu freuen.«

      »Marshfield House ist verkauft worden.«

      »Das habe ich schon gehört.«

      »Und Sie haben mir nichts gesagt?«

      »Ich hab’s erst gestern abend erfahren, Miss, unten im ,Green Duck‘. Angeblich ist der neue Eigentümer ein Amerikaner.«

      Sam sprach das Wort so komisch aus, daß Alita lachen mußte.

      »Und ein sehr reicher. Seine Gnaden möchte ihm unsere Pferde verkaufen. Wenn wir einen guten Preis dafür kriegen, können wir ein paar Zuchthengste kaufen, vielleicht sogar erstklassige Stuten.«

      »Hoffentlich behalten Sie recht, Miss«, erwiderte Sam, der an einem solchen Glücksfall zu zweifeln schien.

      »Mr. Wilbur kommt demnächst hierher, also müssen wir alles tun, damit die Tiere möglichst vorteilhaft aussehen.«

      Nach einer kleinen Pause fügte sie hinzu: »Ob er was von Pferden versteht, weiß ich nicht. Ich glaube, einige Amerikaner im Westen sind gute Reiter. Aber nach allem, was Seine Gnaden sagte, dürfte Mr. Wilbur eher ein Geschäftsmann aus New York sein.«

      »Wahrscheinlich kann er den Kopf eines Pferdes nicht von seinem Schweif unterscheiden«, meinte Sam.

      »Also wird er keine Ahnung haben, was unsere Tiere wert sind.«

      Mit leuchtenden Augen schaute sie den alten Reitknecht an.

      »Kommen Sie, Sam, machen wir uns ans Werk! Wir müssen ihn tief beeindrucken, dann können wir ihm vielleicht eine ganze Menge von seinen Dollars aus der Tasche ziehen, ehe er merkt, wie ihm geschieht.«

      Sie wartete keine Antwort ab, sondern eilte durch das offene Tor.

      Die Langstone-Stallgebäude waren vom Vater des Herzogs erbaut worden, der


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