Fürstenkrone Staffel 8 – Adelsroman. Maria Czigler Bianca
unklug von deinem Vater, das gesamte Familienvermögen zu belasten«, mokierte sie sich, als sie eine Tasse vor Philipp abstellte.
Philipp unterdrückte ein Seufzen, als Fiona aussprach, was er dachte. Stattdessen sagte er: »Vater hat an das Medikament geglaubt. Es ist ja auch gut.«
»Dennoch war es unklug. Ich hoffe wirklich, Herr Rehmann kann das Qualitätsproblem lösen.« Fiona ließ ein Stück Zucker in ihre Tasse gleiten. »Ich würde äußerst ungern dein Eigentum versteigern lassen.«
Philipp verschluckte sich fast an seinem Cappuccino. »Das ist recht drastisch ausgedrückt.«
»Sicherlich. Aber so etwas kommt vor. Gar nicht mal so selten.« Fiona sah ihn an, und ein Lächeln stahl sich in ihre Züge. »Aber in deinem Fall ist das völlig überflüssig, Darling.«
Philipp hob fragend eine Augenbraue.
Fiona legte ihre Hand auf Philipps. »Heirate mich«, sagte sie schlicht.
Philipp glaubte, sich verhört zu haben. Doch ein Blick in Fionas grüne Augen sagte ihm, dass sie es völlig Ernst meinte. Tausend Gedanken schossen gleichzeitig durch Philipps Kopf. Fiona schien noch immer in ihn verliebt zu sein. Der Besitz wäre gerettet. Er würde nie mit Katharina zusammen sein können. O Gott, Katharina! Ihr lächelndes Gesicht mit den blauen Augen und den blonden offenen Haaren stand vor seinem inneren Auge. Katharina! Wenn er irgendetwas in diesem Leben wollte, dann sie.
Mühsam schob Philipp die Gedanken an sie beiseite und kam in die Gegenwart zurück. »Fiona«, sagte er betont ruhig, »unsere Beziehung hat vor zwei Jahren nicht funktioniert. Sie würde auch jetzt nicht funktionieren.«
Fiona runzelte die Stirn und zog die Hand fort. »Dein Vater hat dir das eingeredet. Er war immer gegen unsere Beziehung. Es störte ihn, dass wir Daldorfs nicht adelig sind. Geld allein reicht ja nicht. Um ein Mensch zu sein, muss man auch noch einen fünfhundert Jahre alten Stammbaum haben. Verdammter Standesdünkel!«
Philipp starrte Fiona mit wachsender Bestürzung an. Es stimmte zwar, dass sein Vater sehr standesbewusst gewesen war. Es stimmte auch, dass er Fiona Daldorf nie gemocht hatte. Doch die Wünsche und Vorstellungen seines Vaters waren nicht der Grund, aus dem er, Philipp, sich von Fiona getrennt hatte.
»Fiona, Vater hatte keinen Einfluss …«
Sie hörte ihm nicht zu, sondern beendete ihre Ausführungen: »Aber jetzt bist du der Fürst und kannst tun, was du willst.«
Philipp schnaubte unwillkürlich. Könnte er tun, was er wollte, würde er Katharina heiraten.
Fiona missdeutete sein Schnauben. »Aber es ist wahr! Deine Eltern sind tot. Dein Vater kann dir nicht mehr in deine Heiratspläne hineinreden.«
»Fiona, es geht nicht darum, was Vater gewollt hätte. Ich liebe dich nicht«, sagte Philipp eindringlich. »Deine ewige Eifersucht hat mich fast in den Wahnsinn getrieben. Um es ganz deutlich zu sagen:
Ich habe mich von dir getrennt, weil ich nicht mehr mit dir zusammen sein wollte. Aus keinem anderen Grund.« Er erhob sich. »Ich glaube es ist besser, wenn ich jetzt gehe.«
Fiona erhob sich ebenfalls. Sie war blass geworden und ihr Blick unsicher. »Das meinst du nicht im Ernst. Ich weiß, dass du das nicht im Ernst meinst. Wir haben so gut zueinander gepasst. Denk in Ruhe nach. Ich würde alles tun, um dich glücklich zu machen, das weißt du. Ich wäre eine wunderbare Fürstin. Ich bin es gewohnt, mich in Gesellschaft zu bewegen. Wir waren ein wunderschönes Paar. Alle haben das gesagt. Wir können es wieder sein.«
»Fiona. Nein. Zwischen uns beiden ist es aus. Endgültig.« Philipp legte die Hand auf den Türgriff.
»Aber du kommst doch am Samstag? Zu dem Ball?«
Philipp verblüffte der Themenwechsel. Er sah sie an. In ihren Augen lag ein derart flehender Ausdruck, dass Philipp es nicht über sich brachte, abzulehnen. »Sicher«, sagte er.
Er verließ Fionas Büro und kam in die Schalterhalle. Unangenehm wurde er sich der neugierigen Blicke bewusst, die die Angestellten ihm zuwarfen. Er hörte Absätze hinter sich auf dem Marmorboden klappern, dann hakte Fiona sich bei ihm unter. Ein Blick zur Seite zeigte ihm, dass sie sich wieder völlig in der Gewalt hatte. Sie würde der Öffentlichkeit nie ein anderes Bild als das absoluter Souveränität zeigen.
»Ich muss doch den vornehmsten Kunden meiner Bank zur Tür begleiten«, erklärte sie mit einem Lächeln.
Der Fürst hätte sie am liebsten abgeschüttelt. Stattdessen passte er seinen Schritt dem ihren an. Es gehörte sich nicht, eine Dame in der Öffentlichkeit bloßzustellen. Auf der Freitreppe, die zur Daldorf-Bank führte, ließ er sie los.
»Auf Wiedersehen, Fiona.«
Fiona legte ihm plötzlich die Arme um den Hals und hauchte einen Kuss auf seine Lippen. »Denk über das nach, was ich sagte. Es war mir Ernst damit.« Sie ließ ihn los, drehte sich um und ging in die Bank zurück.
Philipp sah ihr noch eine Weile nach, irritiert von ihrem Verhalten.
*
Auf der anderen Straßenseite saß Komtess Katharina seit zwei Stunden über einer Akte. Sie versuchte sich auf die Schilderung eines Verkehrsunfalls zu konzentrieren, doch vergeblich. Immer wieder schweiften ihre Gedanken zu Philipp ab. Er liebte sie! Der Gedanke hob Katharinas Stimmung und ließ ihr Herz schneller schlagen. Sie erinnerte sich noch gerne an ihr Treffen vom Vortag, als sie – durchnässt, glücklich – durch Lübeck geschlendert und schließlich heimgefahren waren. Sie seufzte und schob den Gedanken beiseite. Zum dritten oder vierten Mal begann sie, den Schriftsatz des Klägeranwalts zu lesen. Das Telefon klingelte. Katharina griff zum Hörer und meldete sich.
Die Rechtsanwaltsgehilfin, Frau Fischer, war in der Leitung. »Komtess Erlenburg, da ist ein Herr Arno Winderfeld in der Leitung.«
»Graf«, verbesserte Katharina automatisch. »Er ist mein Vetter. – Wie er mich wohl hier gefunden hat? Bitte verbinden Sie mich doch.« Es klickte in der Leitung. »Ja? Arno?«
»Katharina! Schön dass ich dich erreiche. Deine Mutter hat mir gesagt, wo ich dich finden könnte.« Die dunkle, laute Stimme ließ in Katharina das Bild ihres Cousins entstehen. Er war groß und kräftig, und seine blonden Locken waren immer zu lang.
»Hallo!« Katharina freute sich. »Wie schön, dass du anrufst. Wir hören selten genug voneinander.«
»Was nicht nur an mir liegt, Cousinchen«, sagte Arno mit dröhnender Stimme. »Wie auch immer. Ich bin nächste Woche bei euch im kalten Norden und dachte, wir könnten uns treffen.«
»Kalter Norden? Wir haben über dreißig Grad«, ging Katharina auf seinen Spott ein. »Aber ein Treffen wäre wunderbar! Wann kommst du?«
»Ich habe Montag einen Termin in Hamburg. Danach könnte ich bei dir vorbeischauen.«
Katharina kam ein Gedanke. »Ich habe eine Idee. Tante Irene wohnt auf einem Reiterhof, Gut Lindenhain. Buche doch für eine Nacht ein Zimmer auf dem Gut. Dann könnten wir am Sonntag ausführlich miteinander reden, und Montag kannst du bequem nach Hamburg fahren.«
Arno stimmte zu, und Katharina gab ihm die Telefonnummer von Herrn Witte.
Als sie aufgelegt hatte, beschloss Katharina, eine Pause zu machen. Sie konnte sich sowieso nicht konzentrieren. Sie holte sich eine Tasse Kaffee am Automaten, der bei Frau Fischer im Büro stand, und kehrte in ihr eigenes zurück. Mit der Tasse in der Hand stellte sie sich ans Fenster und sah hinaus auf die lebhafte Fußgängerzone. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie freute sich auf Arnos Besuch. Ihre Gedanken wanderten weiter zu Philipp. Sie war so glücklich, seit er sie am Samstag geküsst hatte. Katharina berührte sanft mit dem Finger die Lippen bei der Erinnerung. Sie fühlte sich einfach wunderbar, verliebt wie sie war. Es gab nur einen einzigen Wehrmutstropfen: Philipp schien etwas zu beschäftigen, und er sagte ihr nicht, was. Sie liebte ihn und wollte alles mit ihm teilen, auch seine Probleme. Doch sie wusste, dass Männer oft ihre Sorgen für sich behielten. Sie kannte das von ihren Eltern. Ihre Mutter klagte häufig,