Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman - Toni Waidacher


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sind eben nur schwache Menschen.«

      »Du also auch?« forschte Sebastian nach.

      »Wie meinst du das?« fragte Ottfried blinzelnd.

      »Ich mein’, bist du auch schwach und handelst gegen jedes bessere Wissen?«

      »Ich weiß gar nicht, wovon du redest«, gab sich der Bischof unschuldig.

      »Dann will ich dich mal aufklären«, antwortete der Seelsorger. »Ich red’ von deinem Auto, das am Samstag durch St. Johann gefahren ist. Die ganze Zeit hab’ ich mich gefragt, was das zu bedeuten haben könnte. Bei mir warst du net, und nach Engelsbach war’s der falsche Weg. Jetzt glaub’ ich beinah’, daß dein Sekretär mit einem bestimmten Auftrag dorthin geschickt wurde…, ich sag’ nur – Brandhuber-Loisl.«

      Der Bischof wurde unruhig.

      »Also, was du dir da einredest!«

      Die Empörung klang nicht ganz echt.

      »Also stimmt’s«, sagte Sebastian und schüttelte den Kopf. »Wie oft haben wir über den Burschen geredet, und wie oft hast du gesagt, daß er hinter Gittern gehört? Und dann läßt du dir selbst was von seinen obskuren Mitteln beschaffen!«

      »Ich weiß ja, daß es dumm von mir war«, gab Ottfried Meerbauer zu. »Aber ein bissel gelindert hat der Tee schon.«

      »Gelindert ja. Aber net wirklich geholfen, die Ursache zu beseitigen. Ich geb’ ja zu, daß viele Krankheiten auf natürlichem Wege geheilt werden können. Aber doch keine Gallensteine!«

      Er schüttelte wieder den Kopf.

      »Ach, Ottfried, jetzt werd’ erst mal wieder gesund. Wir reden ein andermal weiter darüber.«

      »Ja«, nickte der Bischof, »bei einem guten Essen, von deiner Haushälterin gekocht.«

      *

      Es war eine schlaflose Nacht gewesen, die Tina hinter sich gebracht hatte. Wie betäubt war sie in ihrer kleinen Wohnung angekommen, hatte nicht einmal die Tasche ausgepackt, sondern sich in den Sessel geworfen und nur noch geweint.

      Es war alles aus. Was so schön begonnen hatte, war in einer Katastrophe geendet. Nie wieder würde sie Andreas, der eigentlich Adrian hieß, unter die Augen treten können. Sie schämte sich für ihre Eltern, für die sie nur noch Verachtung empfand.

      Wie hatten sie der Familie Greininger nur so etwas antun können?

      Tina verstand es nicht, und die Beweggründe waren ihr auch egal. Sie wußte nur, daß sie die große Liebe ihres Lebens verloren hatte, denn das war der Mann gewesen, der einst auf dem Hof wohnte und von dort vertrieben worden war.

      Irgendwann, es war schon spät in der Nacht, zwang sie sich, ins Bett zu gehen. Aber auch dort lag sie wach und wartete auf den Morgen, während ihr tausend Gedanken durch den Kopf gingen.

      Schließlich stand sie wieder auf. Im Küchenschrank fand sie eine Packung Kaffee. Andere Lebensmittel waren nicht da. Tina hatte sie mit nach Hause genommen, als ihr Urlaub begann.

      Zu Hause, dachte sie, es war nie mein Zuhause, weil es einem anderen fortgenommen worden war. Und jetzt hatte sie auch noch die Eltern verloren.

      Wieder weinte sie bittere Tränen.

      Der starke Kaffee weckte ihre Lebensgeister. Tina trank ihn in kleinen Schlucken und überlegte, was sie anfangen sollte. Ihr Urlaub hatte gerade erst begonnen. Vielleicht war es am besten, ein paar Tage wegzufahren, um auf andere Gedanken zu kommen und zu vergessen.

      Gleichzeitig wußte sie, daß sie Adrian, ganz egal, wie weit sie von ihm fort war, nie würde vergessen können. Und so saß sie da und ließ die Zeit verstreichen.

      Im Gegensatz zu ihrer Annahme blieb das Telefon stumm. Tina hatte schon gestern abend damit gerechnet, daß ihre Eltern anrufen würden. Daß sie es nicht taten, war ihr gleichgültig. Sie hätte den Hörer ohnehin nicht abgenommen.

      Dafür klingelte es an der Wohnungstür.

      Der Postbote, dachte sie und ging durch den kleinen Flur, um zu sehen, wer draußen stand.

      »Dürfen wir hereinkommen?« fragte Pfarrer Trenker.

      Tina sah Adrian hinter dem Geistlichen stehen, und ihr Herz schlug bis zum Hals hinauf.

      Er schaute sie erwartungsvoll an.

      »Was wollt ihr denn noch?« fragte sie müde. »Es ist doch eh schon alles kaputt. Meine Eltern haben sich einen Hof angeeignet, mit unrechten Mitteln, und du, Adrian, bist wie ein Racheengel in mein Leben gekommen und hast mich benutzt.«

      »Nein«, widersprach Sebastian und schüttelte den Kopf, »das hat er net. Aber vielleicht können wir hereinkommen und es drinnen besprechen.«

      Tina trat beiseite und ließ die beiden Männer eintreten.

      Adrian ging an ihr vorbei und blieb dann stehen.

      »Es ist net so, wie du denkst«, sagte er mit rauher Stimme. »Ja, es stimmt, ich bin zurückgekehrt, um den Mann zur Rechenschaft zu ziehen, den ich für das Unglück meiner Familie verantwortlich mache. Aber es war falsch. Unrecht läßt sich net durch neues Unrecht gutmachen, und das wäre es, wenn ich jetzt deine Familie vom Hof vertreiben würd’. Außerdem ist ein Umstand eingetreten, mit dem ich nie gerechnet hab’ – nämlich, daß ich mich in dich verlieben könnt’…«

      Tina schaute unsicher zu Pfarrer Trenker hinüber. Der lehnte im Türrahmen zum Wohnzimmer und nickte.

      »Du kannst ihm glauben«, bekräftigte der Geistliche. »Adrian und deine Eltern haben sich ausgesprochen. Dein Vater hat eingestanden, unrecht getan zu haben, und er bereut es aus tiefstem Herzen. Wir sind jetzt hergekommen, um zu verhindern, daß zwei Menschen, die zusammengehören, unglücklich bleiben.«

      Adrian streckte seine Hand aus.

      »Willst du mich, Tina?« fragte er. »Dann nimm meine Hand und laß sie nie mehr los.«

      Einen Augenblick zögerte sie, dann berührten sich ihre Hände. Tina bebte am ganzen Körper, als sie in Adrians Arme sank und er sie mit Küssen überschüttete.

      »Net weinen«, sagte er sanft, als er ihre Tränen sah. »Es ist vorbei. Meine Rache ist so unwichtig geworden, seit ich dich kennengelernt hab’, und jetzt soll unserem Glück auch nix mehr im Wege stehen.«

      Tina nickte selig.

      »Ja, Adrian«, sagte sie und warf sich in seine Arme.

      Der Bergpfarrer atmete erleichtert auf.

Cover Liebe auf den weiten Blick

      Die Kinder der Klasse 3 saßen mucksmäuschenstill auf ihren Plätzen und lauschten gespannt der Geschichte, die ihnen ihre Lehrerin erzählte. Lucie machte es extra spannend und legte eine kunstvolle Pause ein.

      »… und wie es weitergeht, erzähle ich euch nach den Ferien«, sagte sie lächelnd.

      Sofort hob ein Proteststurm an. Die Kleinen meinten, daß es viel zu lange dauern würde, bis zum Ende der Sommerferien, und daß sie auf gar keinen Fall bis dahin warten könnten, bis sie endlich erfuhren, wie die Geschichte von der Prinzessin und dem Drachen ausgeht.

      Lucie Berg hob beschwichtigend die Hände.

      »Schon gut«, lachte sie, »nach der Pause geht’s weiter. Und jetzt nehmt euer Frühstück, und dann raus mit euch.«

      Im selben Moment ertönte die Klingel, die das Ende der Stunde verkündete.

      Die attraktive Lehrerin steckte ein Lesezeichen zwischen die Seiten und klappte das Buch zu. Sie legte es auf den Tisch und nahm ihre Handtasche. Als letzte verließ sie das Klassenzimmer und trat auf den Flur.

      »Na, eine Stunde noch, dann haben wir es überstanden«, begrüßte sie Britta Schulz, die Kollegin, die


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