Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher
reichen Bauern angeln und dann hier die Herrin spielen wollen.
Himmel, warum war er bloß net früher hinter das gekommen, was sich in seinem Haus abspielte?
Schon von Anfang an hätte er da einen Riegel vorgeschoben.
Was, wenn die beiden schon mehr, als nur Händchen gehalten haben? Wenn die Magd vielleicht schon in guter Hoffnung…?
Net auszudenken!
Hubert Sonnenleitner schüttelte den Kopf. Er konnte es immer noch nicht fassen. Erst Kathrin, die sich diesem armen Schlucker an den Hals warf, der auf eine dicke Mitgift spekulierte, und jetzt auch noch Toni, sein Erstgeborener, der einmal den Hof erben und das Lebenswerk seines Vaters weiterführen sollte.
Plötzlich schluchzte er auf, und seine kräftigen Schultern zuckten. Doch dieser Zusammenbruch währte nur Sekunden, dann richtete sich der Bauer auf und schlug mit der Faust auf den Tisch.
»Der werd’ ich’s zeigen, der Bande!« murmelte er zerknirscht. »Enterben werd’ ich sie, net einen Krümel bekommen s’ von mir. Net einen!«
*
Kathrin staunte nicht schlecht, als ihr Bruder und Ria auf den Hof kamen. Allerdings ahnte sie gleich, daß dies nicht einfach nur so ein Besuch war. Toni trug immer noch seine Arbeitskleidung, genau wie Ria, die lediglich die Küchenschürze abgebunden hatte. Zuerst befürchtete sie, daß ihrem Vater etwas zugestoßen sein könne.
»Ist was passiert?« fragte sie angstvoll. »Mit Vater?«
»Nein«, schüttelte Toni den Kopf. »Jedenfalls net, was du vielleicht denkst. Rausgeworfen hat er uns.«
»Was?«
Ria stand mit hängenden Schultern da und nickte.
»Du kannst dir net vorstellen, was ich durchgemacht hab’, seit du fort bist«, sagte sie.
Kathrin sah die beiden an. Hatte sie ihre Ahnung doch nicht getrogen; Toni und Ria waren ein Paar.
»Ja, es stimmt«, erklärte der Bruder auf ihre Frage. »Aber das ist net der Auslöser, sondern wie Vater Ria und mich behandelt hat. Du machst dir kein Bild.«
»Also, jetzt kommt erst mal herein und erzählt«, forderte sie die beiden auf.
Sie setzten sich in die Küche, und Toni und Ria erzählten abwechselnd von den Geschehnissen daheim. Kathrin konnte nur entsetzt den Kopf schütteln, aber was sie hörte, entsprach genau dem, wie sie ihren Vater kannte.
»Was wollt ihr denn jetzt anfangen?« fragte sie.
»Keine Ahnung«, antwortete Toni schulterzuckend. »Aber zurück gehen wir net. Das steht fest.«
Kathrin überlegte. Am besten war es wohl, wenn sie erst einmal hierblieben.
»Entscheiden kann ich das allerdings net«, sagte sie. »Da müssen wir den Wolfgang fragen.«
»Wie ist’s denn eigentlich so zwischen euch?« erkundigte sich Ria.
Kathrin seufzte.
»Wie soll’s sein? Er ist der Bauer, und ich die Magd. Mehr net.«
»Wann kommt er denn wieder heim?« fragte Toni. »Ich wüßt’ nämlich schon ganz gern, wo ich heut’ nacht schlafen kann.«
»Keine Sorge«, beruhigte Kathrin ihn. »Er wird schon nix dagegen haben, daß ihr eine Weile bleibt.«
Vielleicht, überlegte sie, gibt ihm das, was jetzt zu Haus’ vorgefallen ist, ja einen Anstoß, über uns beide nachzudenken.
Sie sah auf die Uhr.
»Er wollt’ zu den Feldern hinaus. Ich denk’, in ein, zwei Stunden ist er wieder da. Bis dahin überlegen wir schon mal, wie wir diese verfahrene Situation wieder auseinander bringen. Irgendwas muß da geschehen. Vater kann ja den Hof schließlich net allein bewirtschaften.«
Sie stand auf, um Kaffee zu kochen.
»Mal sehen«, meinte sie, während sie das Pulver in die Filtertüte gab, »vielleicht kann Pfarrer Trenker mit Vater reden. Er wollte ihn ohnehin aufsuchen. Ich werd’ ihn gleich mal anrufen.«
»Sag’ mal«, wollte Ria wissen, »was sagt der Wolfgang eigentlich zu dem Gerede über euch?«
Kathrin zuckte die Schultern.
»Ich weiß es net. Vermutlich ist’s ihm egal, wie mir auch.«
Auch wenn es längst wieder elektrischen Strom auf dem Pahlingerhof gab, so wurde der Kaffee doch immer noch mit der Hand aufgebrüht.
»Dann habt ihr also auf dem Hof auch schon davon gehört«, stellte Kathrin fest und goß kochendes Wasser auf das Kaffeepulver.
»Na ja, du weißt ja, wie schnell so etwas herum ist.«
»Sogar von wilder Ehe reden s’«, mischte sich Toni ein. »Diese Hornochsen!«
»Laß sie reden«, winkte Kathrin ab. »Mich interessiert’s net.«
Sie sah ihren Bruder und die Magd an.
»Sagt mal, ihr beiden«, meinte sie lächelnd, »wie lang’ geht das eigentlich schon mit euch?«
»Na, so ein gutes Jahr schon«, antwortete Ria verschmitzt.
Toni schmunzelte seine Schwester ebenfalls an.
»Hast es net bemerkt, was?«
Kathrin schüttelte den Kopf.
»Habt es ja auch ganz schön geheim gehalten«, sagte sie, und in ihrer Stimme schwang ein leiser Vorwurf mit. »Mir hättet ihr’s ja wenigstens sagen können.«
Sie kam an den Tisch und stellte die Kaffeekanne ab. Dann legte sie den beiden die Hände auf die Schultern.
»Egal, jedenfalls freu’ ich mich für euch«, sagte sie aufrichtig. »Die Ria ist fleißig; so eine Frau zu bekommen, kann sich jeder Mann nur wünschen. Und du, Toni, wenn das mit Vater mal wieder in Ordnung kommt, dann wirst’ eines Tages ein genauso tüchtiger Bauer sein wie er.«
Sie holte Tassen herbei und schenkte ein.
»So, und jetzt ruf’ ich Pfarrer Trenker an.«
Sie ging in den Flur zum Telefon und wählte die Nummer des Pfarrhauses. Es dauerte nicht lange, bis sie die vertraute Stimme des Geistlichen hörte.
Sebastian Trenker holte tief Luft, als er diese Neuigkeit erfuhr.
»Freilich red’ ich mit eurem Vater«, versprach er. »Eigentlich hab’ ich’s ja schon längst tun wollen. Jetzt duldet’s wirklich keinen Aufschub mehr.«
Sie sprachen noch ein paar Worte, dann legte Kathrin wieder auf. Draußen hörte sie Wolfgang auf den Hof fahren.
Seit sie ihm den Arbeitsvertrag vorgelegt hatte, war das Verhältnis zwischen ihnen einigermaßen normal. Der Bauer akzeptierte ihre Anwesenheit, aber wenn Kathrin gehofft hatte, die alten Gefühle in ihm wieder erwecken zu können, so wurde sie enttäuscht. In dieser Hinsicht verhielt sich Wolfgang ihr gegenüber kühl und distanziert.
Jetzt hoffte sie, daß er Ria und Toni Asyl gewähren würde. Sie öffnete die Haustür und ging ihm entgegen.
*
Die Nachricht, die er eben erhalten hatte, alarmierte den Bergpfarrer. Und er machte sich Vorwürfe, den Sonnenleitnerbauern nicht schon eher aufgesucht zu haben. Aber es war ihm zuviel dazwischengekommen, das nicht hatte aufgeschoben werden können, und am letzten Sonntag, als Sebastian vorgehabt hatte, den Bauern um ein Gespräch zu bitten, war der gar nicht in der Kirche gewesen.
Der gute Hirte von St. Johann gab seiner Haushälterin Bescheid, daß er für eine Weile fort sein würde, und ging hinaus.
Sein Auto, das er nur in den seltensten Fällen benutzte, stand ansonsten in einer Garage, die sich in einer Nebenstraße befand. Sebastian war gerade den Kiesweg hinuntergegangen und in die Straße eingebogen, als