Gesammelte Werke. Isolde Kurz

Gesammelte Werke - Isolde Kurz


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Häu­schen ver­schö­nern zu hel­fen. Der jun­ge Satt­ler stif­te­te die Zeich­nung zu dem holz­ge­schnitz­ten Trep­pen­ge­län­der, wo­durch der In­nen­raum sei­nen har­mo­ni­schen Ab­schluss fand. Er­win, der sich aus Deutsch­land ein­stell­te, bann­te mir auf die noch un­ge­tünch­te Wand mei­nes Ar­beits­zim­mers dem Schreib­tisch ge­gen­über eine hei­ter-erns­te ste­hen­de Muse, de­ren Ge­gen­wart mir so wohl­tat, dass ich mich erst nach Jah­ren ent­schlie­ßen konn­te, die Wand über­strei­chen zu las­sen. Auch Tho­le kam im ers­ten Jüng­lings­al­ter und brach­te mir einen sei­ner tö­ner­nen Rit­ter auf ge­wapp­ne­tem Roß, wor­an er sich schon als Kna­be ver­sucht hat­te. Wer sich am al­ler­tä­tigs­ten um die Aus­schmückung des neu­en Hau­ses müh­te, war Rö­mer, der wie die an­de­ren Freun­de aus Flo­renz nach­kam. In sei­ner zu­grei­fen­den Art warf er sich gleich auf die In­nen­ein­rich­tung, zeich­ne­te die noch feh­len­den Stücke des Haus­rats, die alle dem länd­li­chen Stil des Gan­zen an­ge­passt sein muss­ten, half mir Tü­ren, Ge­län­der, Wand­schrän­ke mit fest­li­chen Far­ben strei­chen, mal­te die grie­chi­sche In­schrift, die mir der Phi­lo­lo­ge un­ter mei­nen Freun­den, Ernst Mohl in Pe­ters­burg, ver­fas­sen half, auf den De­cken­bal­ken, nahm auch gleich alle Ge­gen­stän­de, Men­schen, Fern­sich­ten auf sei­ne fo­to­gra­fi­sche Plat­te und ver­brei­te­te wie im­mer viel Be­we­gung um sich her, wo­bei er die lie­bens­wer­tes­ten Sei­ten sei­nes We­sens ent­fal­te­te. Das Ge­lun­gens­te, was von sei­ner Hand in For­te dei Mar­mi zu­rück­b­lieb, sind die zwei schö­nen, in Stein ge­haue­nen Fi­sche rechts und links vom Ein­gang. In den schild­ar­ti­gen Schluss­stein des Tor­bo­gens mei­ßel­te er das astro­no­mi­sche Zei­chen des Stein­bocks, mein selbst­ge­wähl­tes Wap­pen, das auch schon im In­nern an­ge­bracht war, ein. Län­ge­re Zeit stand die­se Be­krö­nung zu mei­nem Dan­ke. Da fand Hil­de­brand ei­nes Ta­ges, dass ein blo­ßes Sym­bol als Ab­schluss ober­halb des in den Fi­schen dar­ge­stell­ten le­ben­di­gen Le­bens un­be­frie­di­gend wir­ke. Ich dach­te an­ders, denn ich ver­moch­te in dem Zei­chen des Stein­bocks, als dem Aus­druck für den be­deut­sams­ten Him­mels­vor­gang, die Au­fer­ste­hung des Lich­tes, nichts Ta­del­haf­tes zu er­bli­cken, da doch das Sym­bol ei­ner an­de­ren Au­fer­ste­hung, das Kreuz, die höchs­ten Dome krönt. Aber ehe ich mich’s ver­sah, war der Stein von der Hand, die ihn ge­mei­ßelt hat­te, zer­hau­en und ver­stüm­melt; es war auch gleich ein neu­er Stein beim Stein­metz be­stellt, wor­auf ein fi­gür­li­ches Re­lief aus­ge­führt wer­den soll­te. Al­lein der Stein wur­de nicht recht­zei­tig ge­lie­fert, das Le­ben schob sich mit sei­nen Zu­fäl­lig­kei­ten, Miss­s­tim­mun­gen und Miss­ver­ständ­nis­sen da­zwi­schen und die Be­krö­nung des To­res blieb für im­mer ver­stüm­melt, nun sel­ber Sym­bol für eine durch lan­ge Jah­re schön ge­we­se­ne und am spä­ten Ende, mehr noch durch frem­de als durch ei­ge­ne Schuld der Be­tei­lig­ten, in lau­ter Dis­so­nan­zen aus­ein­an­der­ge­sprun­ge­ne Freund­schaft.

      *

      Das Ein­rich­ten ei­nes neu­en Hau­ses ge­hört ge­wiss zu den reins­ten und er­le­sens­ten Freu­den des Le­bens. Es ist die Rück­kehr in die glück­li­che See­le des Kin­des, das sei­ne Pup­pen­stu­be nicht schön ge­nug aus­stat­ten kann. Und wenn die Mit­tel nicht von An­fang an da sind, um al­les auf ein­mal aus­zu­füh­ren, son­dern erst durch geis­ti­ge Ar­beit nach und nach er­schwun­gen wer­den müs­sen, so dau­ert die un­schul­di­ge, sich im­mer er­neu­ern­de Freu­de nur um so län­ger. Das Tisch­ge­schirr hat­te ich schon im Lauf des Win­ters bei Can­tagal­li bren­nen las­sen nach ei­nem schö­nen länd­li­chen Mus­ter, des­sen freu­di­ge Far­ben in die Far­big­keit des Haus­ge­räts ein­stimm­ten, denn nach den har­ten Jah­ren, die hin­ter mir la­gen, soll­te in dem Son­nen­häus­chen, wie wir es nann­ten, al­les auf Schim­mer und Freu­de ge­stimmt sein. Es durf­te mir fort­an kein Tag ver­ge­hen ohne eine neue Ver­schö­ne­rung, und wenn es nur ein selbst­ge­fer­tig­tes Stuhl­kis­sen war. In all dem Um­trieb nahm sich mei­ne gute Mut­ter wie ein her­zu­ge­flo­ge­ner klei­ner Vo­gel aus, der vom Ge­sim­se her ver­wun­dert zu­schaut, was die Men­schen al­les zum Da­sein nö­tig ha­ben. Aber sie war glück­lich. Der Sta­chel, der sie rast­los von Ed­gar zu mir, von mir zu Ed­gar trieb, ruh­te, denn un­se­re Häu­ser la­gen nur hun­dert Schrit­te von­ein­an­der.

      Noch schö­ner als Bau­en und Ein­rich­ten war das nächs­te Ge­schäft, was ich in An­griff neh­men durf­te: das An­le­gen ei­nes Gar­tens; die­ses ver­band die ver­spreng­te See­le erst ganz mit den Heil­kräf­ten der Erde. Das Grund­stück, das die neu­en Häu­ser trug, war zu­erst Vi­g­na ge­we­sen und brach­te Trau­ben vom sel­tens­ten Wohl­ge­schmack her­vor, al­lein man konn­te sie nicht er­hal­ten, weil das Land­volk sich in un­se­rer Ab­we­sen­heit in der Pfle­ge nicht zu­ver­läs­sig er­wies. Es blieb nichts üb­rig als die kost­ba­ren Reb­stö­cke aus­zu­rau­fen und an ihre Stel­le zu­erst Lu­pi­nen, dann Pi­ni­en zu säen, die schnell em­por­wuch­sen und Schat­ten ga­ben. Im üb­ri­gen ver­fiel ich in den Feh­ler der meis­ten Neu­lin­ge, gar nicht lan­ge zu fra­gen, was Bo­den und Lage her­ge­ben kön­nen, son­dern nur was mei­nen Au­gen wohl­ge­fiel, und ich zahl­te viel Lehr­geld in den ers­ten Jah­ren. Da wa­ren mit eins die schöns­ten Baum­grup­pen schon in vol­ler Höhe wie Ku­lis­sen auf­ge­stellt, aber fast eben­so schnell ver­schwun­den, weil der Sand sie nicht näh­ren konn­te; an­de­res zer­fraß mir der See­sturm, der eine Salz­krus­te nie­der­schlägt, wo­von das zar­te­re Blatt­werk sich wie Zun­der bräunt und schwin­det. Nicht ein­mal die mit viel Mühe und Kos­ten von den Vor­ber­gen her­ab­ge­führ­ten Öl­bäu­me woll­ten mir rich­tig Fuß fas­sen, und um die Zy­pres­sen kämpf­te ich Jahr um Jahr einen har­ten Kampf. Schließ­lich sah ich wie die an­de­ren ein, dass nur das hart­ge­wohn­te Ge­schlecht der Pi­ni­en und Stein­ei­chen, wozu sich spä­ter noch der tap­fe­re, al­len Wet­tern trot­zen­de Ole­an­der ge­sell­te, und als Um­zäu­nung der dick­blätt­ri­ge Evo­ni­mus wie auch der Lor­beer, al­len Un­bil­den des un­frucht­ba­ren, sturm­durch­tob­ten Stran­des ge­wach­sen wa­ren. Man­ches lern­te ich von dem Bei­spiel mei­nes Nach­bars Van­zet­ti, der ein lei­den­schaft­li­cher Gärt­ner war und mir mit der An­la­ge sei­nes Gar­tens um ein Jahr vor­aus. Er schaff­te mit Feuerei­fer, und was ihm am schöns­ten ge­dieh, da­von brach­te er mir die Ab­le­ger, die so­gleich ein­wuch­sen und wei­ter­trie­ben, weil ja der Mut­ter­stamm schon hei­misch war. So konn­te ich schnell zwei lan­ge Pap­pel­rei­hen durch die gan­ze Tie­fe mei­nes Gar­tens zie­hen; es war der ein­zi­ge Laub­baum der sich an­pass­te, und er wuchs in we­ni­gen Jah­ren hö­her als das Dach des Hau­ses, weil noch kei­ne Nach­bar­gär­ten mit ein­drin­gen­dem Wur­zel­werk ihm Raum und Nah­rung schmä­ler­ten. Mit Pfir­sich­bäum­chen hat­te ich gleich­falls Glück, nur dass mir die Früch­te weg­gen­ascht wur­den, be­vor sie reif­ten; auch Ro­sen und an­de­re Blu­men­ar­ten ga­ben sich mit der be­schei­de­nen Nah­rung zu­frie­den. Das Was­ser muss­te noch aus dem run­den länd­li­chen Zieh­brun­nen am lan­gen Strick ge­schöpft wer­den: es war ein im Wett­ei­fer be­trie­be­nes Kunst­stück, den Ei­mer so hin­ab­zu­stür­zen, dass er sich im Kip­pen füll­te und von selbst wie­der auf­rich­te­te, um voll in die Höhe ge­zo­gen zu wer­den. Un­zäh­li­ge der schwe­ren Ei­mer zog ich Tag für Tag nach Son­nen­un­ter­gang und in der ers­ten Mor­gen­frü­he un­ter dem ängst­li­chen Wi­der­spruch mei­ner Mut­ter her­auf, um alle mei­ne An­pflan­zun­gen zu trän­ken. Da­für fei­er­te mei­ne Gar­ten­kunst auch einen Tri­umph, als ich zu­erst von al­len neu­en An­sied­lern einen Re­gen­wurm auf­zu­wei­sen hat­te zum le­ben­di­gen


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