Dracula. Брэм Стокер

Dracula - Брэм Стокер


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ge­wor­den; sie ha­ben mir schon seit Jah­ren, lan­ge ehe ich den Ent­schluss fass­te nach Eng­land zu ge­hen, vie­le, vie­le fro­he Stun­den be­rei­tet. Durch sie habe ich ihr großes, schö­nes Eng­land ken­nen­ge­lernt, und es ken­nen, heißt es lie­ben. Ich seh­ne mich da­nach, in den dicht­be­leb­ten Stra­ßen Ihres un­ge­heue­ren Lon­don zu pro­me­nie­ren, mit­ten in dem Ge­trie­be und Ge­wüh­le der Men­schen, teil­zu­neh­men an ih­rem Le­ben, ih­ren Schick­sa­len, ih­rem Ster­ben und an all dem, was eben Lon­don zu dem macht, was es ist. Aber lei­der ken­ne ich Ihre Spra­che nur aus Bü­chern. Sie, mein Freund, wer­den na­tür­lich sa­gen, ich spre­che sie.«

      »Aber, Graf«, rief ich aus, »Sie ken­nen und be­herr­schen das Eng­li­sche durch­aus.« Er ver­beug­te sich mit erns­ter Mie­ne.

      »Ich dan­ke Ih­nen, mein Freund, für Ihre schmei­chel­haf­te Aner­ken­nung; aber ich fürch­te trotz­dem, dass ich erst ein klei­nes Stück auf dem Wege vor­ge­schrit­ten bin, den ich ganz zu­rück­zu­le­gen ge­den­ke. Es ist ja rich­tig, ich ken­ne die Gram­ma­tik und die Wör­ter, aber ich weiß sie doch nicht zu ver­wen­den.«

      »Aber«, wie­der­hol­te ich, »Sie spre­chen aus­ge­zeich­net.«

      Ich ver­si­cher­te ihm, dass ich ger­ne al­les tun wer­de, was in mei­nen Kräf­ten stün­de, und frag­te ihn, ob ich die­ses Zim­mer je­der­zeit be­tre­ten dür­fe, wenn es mir be­lie­be. »Ja, ge­wiss«, sag­te er und füg­te hin­zu:

      »Sie kön­nen im Schloss hin­ge­hen, wo Sie wol­len, au­ßer da­hin, wo die Tü­ren ver­schlos­sen sind; da­hin wer­den Sie ja üb­ri­gens auch gar nicht wol­len. Es hat sei­ne Grün­de, dass die Din­ge nun ein­mal so sind; und sä­hen Sie mit mei­nen Au­gen und hät­ten Sie mei­ne Er­fah­run­gen, so wür­den Sie mich noch leich­ter be­grei­fen.« Ich er­wi­der­te ihm, dass das ja ganz selbst­ver­ständ­lich sei, und er fuhr fort:

      »Wir sind hier in Trans­syl­va­ni­en, und Trans­syl­va­ni­en ist nicht Eng­land. Un­se­re Wege sind nicht die Ih­ri­gen und man­ches möch­te Ih­nen son­der­bar er­schei­nen. Nach al­lem, was Sie ge­hört ha­ben, wis­sen Sie ja oh­ne­hin, dass sich hier selt­sa­me Din­ge er­eig­nen.«

      Dies führ­te zu ei­ner aus­ge­dehn­ten Kon­ver­sa­ti­on, und da ich be­merk­te, dass er ger­ne plau­de­re, und sei es nur um des Plau­derns wil­len, so frag­te ich ihn vie­les über die Din­ge, die ich bis­her ge­se­hen oder sonst wie er­fah­ren hat­te. Zu­wei­len lenk­te er das Ge­spräch ab oder un­ter­brach es, an­geb­lich weil er nicht ge­nau ver­stan­den habe, im All­ge­mei­nen aber ant­wor­te­te er mir of­fen auf alle ge­stell­ten Fra­gen. Als dann die Zeit vor­rück­te und ich et­was küh­ner wur­de, frag­te ich ihn über ei­ni­ge der ku­rio­sen Din­ge der ver­gan­ge­nen Nacht, so u.a., warum der Kut­scher den blau­en Flämm­chen nach­ge­gan­gen sei. Ob es wirk­lich wahr wäre, dass die­se Flämm­chen ver­gra­be­ne Schät­ze an­zeig­ten? Er er­klär­te mir, dass all­ge­mein der Glau­be ver­brei­tet sei, dass in ei­ner be­stimm­ten Nacht des Jah­res – tat­säch­lich war es ge­ra­de die letz­te Nacht, in der alle bö­sen Geis­ter freie Bahn ha­ben soll­ten – blaue Flam­men sich an den Plät­zen zei­gen, wo ein ver­bor­ge­ner Schatz lie­ge.

      »Sol­che Schät­ze lie­gen ver­gra­ben«, fuhr er fort, »be­züg­lich der Ge­gend, durch die Sie ver­gan­ge­ne Nacht ka­men, habe ich so­gar nicht den ge­rings­ten Zwei­fel; denn es ist der Bo­den, auf dem Jahr­hun­der­te lang Wal­la­chen, Sach­sen und Tür­ken kämpf­ten. Nun, da ist schwer­lich auch nur ein Fuß­breit Erde, der nicht Men­schen­blut ge­trun­ken hat, von Freund und Feind. Das wa­ren böse Zei­ten, als die Hor­den der Ös­ter­rei­cher und Un­garn sen­gend her­an ka­men und die Ein­ge­bo­re­nen sich ih­nen ent­ge­gen­stell­ten Män­ner und Frau­en, Grei­se und Kin­der – und ih­nen in den Fel­späs­sen auf­lau­er­ten, um durch künst­li­che La­wi­nen das Ver­der­ben in die Mas­sen der Fein­de zu tra­gen. Wenn dann der Ein­dring­ling den­noch Herr wur­de, so fand er nichts mehr vor; denn was man be­saß, hat­te man der hei­mi­schen Schol­le an­ver­traut.«

      »Aber«, sag­te ich, »wie kommt es denn, dass sie so lan­ge nicht ge­ho­ben wur­den, wenn doch si­che­re An­zei­chen vor­han­den sind und man sich nur die klei­ne Mühe zu ma­chen hät­te, den Schät­zen nach­zu­gra­ben?« Der Graf lä­chel­te; da­bei zo­gen sich sei­ne Ober­lip­pen ei­gen­tüm­lich über das Zahn­fleisch zu­rück, dass die lan­gen, schar­fen Hun­de­zäh­ne her­vor­tra­ten. Er ant­wor­te­te:

      »Weil un­se­re Bau­ern fei­ge und dumm sind. Die­se Flämm­chen er­schei­nen doch nur in ei­ner ein­zi­gen Nacht, und in die­ser Nacht geht nie­mand, der nicht muss, aus sei­nem Hau­se. Selbst wenn er es wag­te, es wür­de doch zu nichts füh­ren. Und an­ge­nom­men, er merkt sich die Plät­ze, wo er Lich­ter sieht; am nächs­ten Tage hat er nicht mehr den ge­rings­ten An­halts­punkt, um sein Werk zu be­gin­nen. Ich ge­traue mir zu schwö­ren, dass auch Sie kei­nen der Plät­ze mehr fin­den wür­den.«

      »Da ha­ben Sie ganz recht«, sag­te ich dar­auf, »nur die To­ten könn­ten uns sa­gen, wo nach den Schät­zen zu gra­ben wäre.« So­gleich schlug er ein an­de­res The­ma an.

      »Bit­te«, sag­te er, »er­zäh­len Sie mir von Lon­don und dem Haus, das Sie für mich aus­ge­sucht ha­ben.« Ich ent­schul­dig­te mich einen Au­gen­blick und be­gab mich in mein Zim­mer, um die nö­ti­gen Pa­pie­re aus mei­nem Kof­fer zu ho­len. Wäh­rend ich die­se et­was in Ord­nung brach­te, hör­te ich aus dem Spei­se­zim­mer das Klap­pern von Por­zel­lan und Sil­ber, und als ich zu­rück­kam, war der Tisch ab­ge­räumt und die Lam­pe an­ge­zün­det, es dun­kel­te schon stark. Auch im Biblio­theks­zim­mer wa­ren die Lam­pen an­ge­zün­det und der Graf lag auf dem Sofa, wo­bei er Brads­haws Kurs­buch von Eng­land durch­blät­ter­te. Als ich her­ein­trat, räum­te er die Bü­cher und Zei­tun­gen vom Tisch und ver­tief­te sich dann mit mir in Plä­ne, Ur­kun­den und Zah­len al­ler Art. Er in­ter­es­sier­te sich für al­les und stell­te mir Hun­der­te von Fra­gen über das Grund­stück und sei­ne Um­ge­bung. Er hat­te, wie es mir schi­en, be­reits vor­her al­les sorg­fäl­tig stu­diert, was er über die Nach­bar­schaft in Er­fah­rung brin­gen konn­te, denn er wuss­te ei­gent­lich mehr als ich. Als ich ihm mein Er­stau­nen dar­über zum Aus­druck brach­te, sag­te er:

      »Al­ler­dings,


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