Systemische Schulsozialarbeit. Annette Just
werden, ebender jeweiligen Systemlogik entsprechend.
Auch Schule ist ein solches System: Schule »denkt, wie sie denkt«, weil sie es in Hunderten von Jahren nicht anders gelernt und ihre eigenen Muster entwickelt hat. Nun kann/soll der Schule ein »Andersdenken« nicht per Rezept verordnet werden. Verändern tut sie sich ständig. Das zeigt ihre Geschichte.
In den folgenden Abbildungen wollen wir versuchen:
•die »Herkunft« von Schule anhand ihrer Entwicklung über fast 600 Jahre zu skizzieren (Abb. 3)
•die »Basis« Schule metaperspektivisch in ihrer vorgegebenen Ordnung zu skizzieren (Abb. 4)
•das Schulleben in seinen System- und Umweltdifferenzierungen aus der Perspektive des Individuums zu beschreiben (Abb. 5)
•das Individuum im Kontext seiner Herkunftssysteme mit Bezug zur Schule darzustellen (Abb. 6).
Ein Schulleiter sagte einmal, Schule gleiche einer Festung, die ihr Inneres verteidige, und fügte hinzu, aber es gibt auch viele Türen, die zum Mitmachen einladen. Gehen wir mit dem Schulleiter einen Schritt weiter. Wir stellen uns die vorgegebene Ordnung »Schule« an der Basis vor. Hier blickt man aus der Metaperspektive zwar auf geordnete Strukturen, weniger aber auf das Individuum (das Kind, den Jugendlichen, den Lehrer, den Elternteil), das in der Vielfalt von Umwelteinflüssen seine Identität finden muss.
Dieser etwas andere Blick auf Schule lässt unterschiedliche Systeme in einem Wechselwirkungsgefüge vermuten. Der Blick macht deutlich, dass ein System aus zusammengesetzten Elementen, die eine geordnete Ganzheit bilden, besteht. Es kann davon ausgegangen werden, dass jedes System über eine eigene innere Struktur verfügt.
Abb. 3: 600 Jahre Schulwesen (wo bleibt eigentlich das Kind?)
Familie Müller ist anders als Familie Meier und Klasse A anders als Klasse B. Das ist nicht neu. Jedoch kann die Haltung neu sein, unterschiedliche Systeme zu entdecken und Verhalten daran zu orientieren. Konzentrieren wir uns nur auf ein einzelnes kleines Element aus der Abbildung 4, befindet sich jedes System (Einzelner, Gruppe, Organisation) in einer Vielfalt von Umwelten und Beeinflussung, die es nur anhand seiner inneren Beschaffenheit sehen und nutzen kann. Die Abbildung veranschaulicht die unterschiedlichen Systeme und Subsysteme:
Abb. 4: Schulsystem (Systeme und Elemente in Systemen, die jeweils auch Umwelten füreinander darstellen)
•»Andere Systeme« meint außerhalb des Geltungsbereiches Schule vorhandene Gegebenheiten, die bis in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft reichen.
•»Umwelt Schule« meint das unmittelbare Umfeld (Kommunen, Behörden, Bildungspolitik, Wissenschaften usw.), die das System »Schule» in unterschiedlicher Form tangieren oder mit ihm zusammenarbeiten.
•»System Schule« meint das Schulleben/den Schulalltag und die innere Organisation.
•»Systeme im System Schule« meint Schulklassen, Jahrgangsstufen, Arbeitsgruppen, sonstige Gruppen.
•Elemente in System und Subsystemen meint alle einzelnen Mitglieder in den jeweiligen Systemen.
•»Der Einzelne im Gesamtsystem« meint die einzelne Person.
Die gestrichelten Grenzen machen deutlich, dass jedes einzelne System von weiteren Systemen umgeben ist, die jeweils wieder Umwelten oder Subsysteme füreinander darstellen.
Abb. 5: Schulleben aus der Perspektive des Individuums (Legende: L = Lehrer, Fl = Fachlehrer, E = Eltern, F = Familien)
Abbildung 5 zeigt den schulischen Kontext im Hinblick auf den Einzelnen in seinem unmittelbaren schulischen Umfeld. Für jeden Einzelnen geht es um die aus seinem Herkunftskontext gelernten Bewältigungsmechanismen, die er in das jeweilige System hineinbringt, mit denen er im Schulalltag gute oder schlechte Erfahrungen macht.
Abb. 6: Herkunftssysteme
Schließlich zeigt Abbildung 6 den Einzelnen in seiner Ursprungsfamilie. Mit den dort gelernten Mustern und Erfahrungen besucht ein Kind/Jugendlicher die Schule. Jedes Familiengenogramm hat andere Strukturen. Der Blick auf seine Mikro-, Meso-, Exo- und Makroebene zeigt, dass das soziokulturelle Umfeld das Familienleben in dem Maße beeinflusst, wie die erlernten familiären Werte, Normen und Regeln auf die Entwicklung und Individualität des Kindes/Jugendlichen zurückwirken.
Auch das ist nicht neu. Der ökosystemische Ansatz beschreibt die unterschiedlichen Ebenen als Einflussfaktoren der menschlichen Entwicklung und Sozialisation, die Bronfenbrenner (1981,1990) als interdisziplinäres Aktionsmodell darstellt. Diese Perspektive eröffnet, dass das Kind, der Jugendliche, der Lehrer, der Elternteil mit ihren jeweiligen Biografien in der Schule und dem, was erwartet wird und wie gelernt werden soll, unterschiedlich umgehen. Wenn Lernen und/oder Verhalten nicht gelingen, ist der Blick einer systemischen Schulsozialarbeit auf das Gesamtsystem zu richten, da ein Umfeld immer auch Teil eines Ganzen und ein Individuum immer auch Teil eines Systems ist.
2Das bedeutet, dass Schulen im Bedarfsfall Fachkräfte für Schulsozialarbeit auf veranschlagten Lehrerplan- oder Lehrerstellen beschäftigen können. Dazu entscheiden Schulleitungen nach Beratung in der Lehrer- und Schulkonferenz (z. B. § 65 Abs. 1, SchulG NRW), ob ein Antrag auf Öffnung einer Lehrerstelle für die Beschäftigung einer Fachkraft für Schulsozialarbeit gestellt werden soll.
3Ausbildung z. B. nach dem Lernkonzept am Institut für Schulentwicklungsforschung, IFS, in Dortmund; Ausbildungsdauer ca. 200 Stunden.
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