Butler Parker Jubiläumsbox 5 – Kriminalroman. Günter Dönges
Er wollte Parker zwar nicht erschießen, ihn aber doch einschüchtern und zurückdrängen.
Josuah Parker sah und erkannte diese typische Bewegung. Nicht umsonst setzte er sich schon seit Jahren mit Schlägern, Gaunern und Gangstern auseinander. Kam es zu einem Kampf, dann legte Parker immer den größten Wert darauf, mit einem Minimum an Kraft und Aufwand ein Maximum an Wirkung zu erzielen.
So auch in diesem Fall.
Mit der Sohle seines natürlich ebenfalls tiefschwarzen Schuhs trat er ganz schnell und geschickt gegen die Tischkante. Obwohl der mit Sauce bespritzte Schläger noch darauf lag, kam der Tisch in Bewegung und rammte Chet.
Die Tischkante landete nämlich genau vor seinem Bauch. Chet knickte ein, vergaß nach seinem Revolver zu greifen. Er wollte nur diesen verflixten lisch los werden, der ihn gegen die Wand drängte. Dazu brauchte er aber seine beiden Hände.
Josuah Parker hatte längst bemerkt, wie wirkungsvoll seine Salatsauce war. Sie war also auch äußerlich anzuwenden.
Ohne Hast und würdenlose Eile griff er nach einer kleinen Schöpfkelle, tauchte sie in die noch vorhandene Sauce und holte eine Portion hervor. Sie schleuderte er dann mit einer geschickten Drehung des Handgelenks in Richtung des Schlägers.
Chet wurde voll getroffen.
Er kniff zwar die Augen zu, doch als er sie versuchsweise öffnete, gerieten einige Tropfen in die Augenwinkel. Sie reichten. Nun brüllte auch Chet, als stecke er am Spieß. Weder er noch sein Partner Mike merkten, daß sie von dem Butler entwaffnet wurden. Josuah Parker war plötzlich im Besitz zweier 38er Revolver.
»Draußen am Bach können Sie sich die Augen auswaschen«, schlug er den beiden Schlägern vor. »Ich werde Ihnen gern den Weg zeigen.«
Die beiden Achtunddreißiger in Parkers Händen waren vielleicht noch überzeugender als Parkers Anerbieten, ihnen den Weg zu zeigen. Die Schläger setzten sich in Trab und liefen im Schweinsgalopp durch die hintere. Tür. Da sie nicht richtig sehen konnten, landeten sie beim Durchqueren des Gartens in hochstehendem Unkraut, das mit Brennesseln durchsetzt war. Fluchend, schimpfend und wilde Drohungen ausstoßend erreichten sie endlich das kristallklare Wasser des nahen Bachlaufs. Bis zu den Knien warteten sie in das Wasser hinaus und trieben aktive Augenpflege.
Als Parker scheinbar unabsichtlich einen Schuß löste, verloren die beiden Schläger endgültig die Nerven. Sie warfen sich nach vorn ins Wasser, als hätten sie zum Startsprung eines Wettschwimmens angesetzt. Sie wirkten dabei derart komisch, daß selbst Parker sich den Anflug eines feinen Lächelns gestattete.
Die beiden Strolche verschwanden mit der leichten Strömung hinter dem nächsten Bachknick. Parker wartete noch einen Moment ab, ging dann ins Haus zurück und widmete sich einer seiner spezialangefertigten Zigarren.
Nach diesem Zwischenfall war er sich vollkommen klar darüber, daß dieser Fall in ein akutes Stadium getreten war. Mit weiteren Besuchern war in aller Kürze zu rechnen. Es hieß also, gewisse Vorkehrungen zu treffen …!
*
Als es dunkel geworden war, verließ Josuah Parker das kleine Ferienhaus.
Trotz der Schwüle war er korrekt wie immer gekleidet. Er trug einen schwarzen Anzug, die schwarze steife Melone und schwarze Zwirnshandschuhe. Über dem linken Unterarm hing der Universal-Regenschirm, der gut für wenigstens ein Dutzend Überraschungen war. In Anbetracht der freundlichen Witterung hatte der Butler seinen Covercoat zu Hause gelassen.
Er war auf dem Weg, einen gewissen Walt Shyness zu besuchen. Dieser Mann hatte den Anstoß gegeben, daß Josuah Parker nach Alabama geflogen war. Auf ein kurzes Telefongespräch hin hatte Parker sich in Marsch gesetzt. Der Butler witterte wieder mal eine Möglichkeit, gewissenlosen und brutalen Gangstern das Handwerk zu legen. Daß sie in der Vermummung von Ku-Klux-Klan-Anhängern aufzutreten schienen, machte diesen Fall besonders interessant.
Walt Shyness wohnte am Rande des kleinen Städtchens im Hauptgebäude einer verfallenen Baumwoll-Farm. Nur die säulengeschmückte Fassade des zweistöckigen, ehemals pompösen Hauses machte noch einen halbwegs guten Eindruck. Alle anderen Gebäude waren verfallen und warteten auf den nächsten Sturm, um endgültig in sich zusammenzubrechen.
Zwei schmale, hohe Fenster im Erdgeschoß waren erleuchtet. Josuah Parker, der zu Fuß gegangen war, um allen zufälligen Beobachtern aus dem Weg zu gehen, hob ein paar kleine Steinchen hoch und warf sie gegen eines der Fenster.
Er blieb im Schatten einer großen Scheune stehen und entzog sich so dem silbrigen Vollmond, der das Land in ein fahles Zwielicht tauchte. Im Haus bellte ein Hund, der aber sofort wieder zur Ordnung gerufen wurde. Eine Tür quietschte, und Schritte näherten sich der Scheune.
»Mr. Parker?« rief eine leise Stimme.
»Keine Namen, bitte«, antwortete der Butler sofort. Er rührte sich nicht vom Fleck, bis er die näherkommende Gestalt erkennen konnte. Es handelte sich um einen mittelgroßen, etwa fünfundvierzigjährigen Mann, der ein Gewehr in der Hand hielt. Hinter diesem Mann trottete ein Hund. Es schien sich um ein altes, apathisches Tier zu handeln, denn es hob nicht mal den Kopf, als es Parker witterte.
»Hier bei mir ist alles in Ordnung«, sagte der Mann und lachte leise. »Sind Sie beschattet worden?«
»Ich glaube nicht.«
»Dann können wir ja ins Haus gehen, wie?«
»ich ziehe es vor, Sir, in der frischen Luft zu bleiben. Darf ich Sie zu einem kleinen. Spaziergang einladen?«
»Sie trauen dem Frieden wohl nicht, was?«
»Ich möchte auf jeden Fall so lange wie möglich im Hintergrund bleiben«, antwortete Josuah Parker.
»Schön, gehen wir rüber zum Wald«, schlug Walt Shyness vor. »Nach dem Theater in der vergangenen Nacht dürften die Klan-Brüder ruhig bleiben. Den Schock müssen die erst mal richtig verdauen.«
»Sie wissen, was sich zugetragen hat?«
»Alexander City spricht darüber. Und grinst teilweise, Parker. Es gibt auch noch vernünftige Leute hier bei uns.«
»Vielleicht lerne ich sie noch kennen, Sir. Darf ich Sie bitten, mir nähere Einzelheiten zu Ihrem Telefonanruf zu geben?«
Die Wiese, über die sie gingen, stieg leicht an und endete vor einem großen, zusammenhängenden Waldstück. Die U-förmig angelegten Gebäude der Farm waren wie große, dunkle Bauklötze im Mondlicht zu erkennen. Walt Shyness zündete sich in der hohlen Hand eine Zigarette an.
»Nochmals vielen Dank, Parker, daß Sie so schnell gekommen sind«, begann er mit dunkler, beherrschter Stimme. »Ein Freund von mir, der noch in Amt und Würden ist, gab milden Tip, Chikago anzurufen.«
»Sie deuteten an, Sir, Sheriff gewesen zu sein?«
»Richtig, bis vor einem Jahr war ich’s noch. Dann stellte man mir ein Bein und feuerte mich. Ich kann von Glück sagen, daß ich nicht eingesperrt wurde.«
»Darf ich nähere Einzelheiten erfahren?«
»Natürlich, Sie müssen sie sogar kennen, Parker. Kurz vor den neuen Sheriff-Wahlen wurde ich von einer Frau angerufen. Sie war anscheinend von einem Landstreicher belästigt worden. Ich setzte mich sofort in den Wagen und fuhr zu ihr. Dort passierte es dann. Ich wurde reingelegt wie ein Trottel aus der Provinz.«
»Man hatte Ihnen eine Falle gestellt, wenn ich Ihre Andeutungen richtig auslege, Sir?«
»Eine Falle, das ist das richtige Wort.« Walt Shyness atmete tief durch. »Diese Frau war genau präpariert worden. Kaum angekommen, zog sie einen Zauber auf, als hätte ich mich ihr nähern wollen. Kurz und gut, sie war eine erstklassige Schauspielerin. Ein paar Stunden danach, als ich sie bereits eingesperrt hatte, schaltete sich die Staatspolizei ein. Sie wurde aus der Haft entlassen und erhob Anklage gegen mich.«
»Kam es zu einer Verhandlung, Sir?«
»Nein, die Kollegen von der Staatspolizei rochen Lunte und drehten den Spieß um. Die Frau gab schnell