Starmord am Wörthersee. Roland Zingerle

Starmord am Wörthersee - Roland  Zingerle


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ich muss Ihnen dafür nur meine Seele verkaufen, oder?“

      Sie musterte ihn von oben bis unten. „Mit Ihrem Körper wär ich schon ganz zufrieden.“

      Heinz spürte, wie ihm heiß und kalt wurde und wie sich ein Lächeln in seinem Gesicht breitmachte; ein mittlerweile ungewohntes Gefühl. „Lassen Sie uns weiterverhandeln, Verführerin.“

      „Ich für mein’n Teil hab mein Angebot gemacht.“

      „Und ich weiß, dass ein so verlockendes Angebot immer einen Haken hat.“

      „Wenn Sie schön cool bleiben, dann passiert Ihnen nix. Und zwei oder drei Hunnis sind ja wohl drinne, nö?“

      Heinz hätte am liebsten laut losgelacht, was ebenfalls ein schönes Gefühl war, doch er verkniff es sich. „Dazu würde ich gerne einmal wissen, wen ich vor mir habe.“

      „Anne Schneider.“ Die junge Frau reichte ihm grazil die Hand. „Ich bin Saskia Frenzens Visagistin. Und bitte sagen Sie jetzt nich, Sie hätten gedacht, ich wär die Schneiderin, den Witz hab ich nämlich schon mal gehört.“

      „Heinz Sablatnig. Setzen wir uns?“ Er deutete auf die Schalensessel, von denen je zwei und zwei um niedrige, runde Tische gruppiert waren; ein stilistisch den 1960ern angelehntes Arrangement.

      Noch ehe sie saßen, hatten sie sich gegenseitig schon das Du angeboten. Heinz’ Vorhaben, Anne dezent auszufragen, erwies sich als überflüssig, da die Visagistin von sich aus bereitwillig alles erzählte, was Heinz wissen wollte, und noch mehr.

      „Du hast Glück, ich warte hier nämlich gerade auf Saskia, wir wollen zum Starnacht-Gelände rüberfahren. Ich hab’s bei unserer Ankunft zwar nich gesehen, aber stimmt es, dass das ganz nahe liegt?“

      „Ja, keine zweihundert Meter Luftlinie entfernt“, bestätigte Heinz, „aber der Lendkanal liegt dazwischen, durch den müsstest du durchschwimmen.“

      „Durch ’nen Kanal, igitt.“ Sie verzog angewidert das Gesicht und fuhr fort, noch ehe Heinz das Missverständnis richtigstellen konnte: „Aber okay, dann sind wir mit dem Wagen ja gleich drüben. Heute Abend ist nämlich die Generalprobe, weißt du? Und morgen die eigentliche Veranstaltung.“

      „Ich weiß, aber ich habe noch nicht so recht begriffen, was den Unterschied ausmacht. Es ist doch beide Male dasselbe Programm und vor Publikum, oder?“

      „Ja schon, aber morgen ist die Fernsehübertragung. Live! Da kommen die ganzen Promis hin, die in die Kameras grinsen wollen. Zwanzig Jahre Starnacht, verstehst du?“

      „Und die Generalprobe heute hat weniger Glamour?“

      „Nee, natürlich nich. In Wahrheit wird ja auch die heutige Show aufgezeichnet. Sollte morgen das Wetter so saumäßig sein, dass die Starnacht nicht stattfinden kann oder im TV nich gut rüberkommt, senden sie die Show von heute.“

      Das leuchtete Heinz ein. Bei einer Open-Air-Show mit so hohem Kosteneinsatz wollte der Veranstalter das Wetterrisiko verringern. Außerdem konnte er so doppelt so viele Eintrittskarten verkaufen – gut durchdacht.

      „Du hast gesagt, ihr fahrt jetzt schon hinüber, ist das nicht ein bisschen früh?“

      Anne sah ihn mit gespielter Fassungslosigkeit an. „Mann, bist du doof. Da findet doch erst mal die Einstellprobe statt. Saskia muss sich mit der Regie und den Moderatoren bequatschen und zieht dann ihr Ding durch, damit die Licht- und Tontechniker ihre ganzen Einstellungen vornehmen können. Und ich schau mir derweil meinen Arbeitsplatz im Backstage-Bereich an. Ich muss ja die Chefin vor ihrem Auftritt auf Vordermann bringen. Aber jetzt zu dir, mein Goldkind, sind wir im Geschäft? Fünfhundert?“ Sie flatterte mit den Augenbrauen und grinste dabei betont unverschämt.

      „Ich fürchte, da muss ich dich enttäuschen. Ich bin nämlich keine von den Skandalblatt-Ratten.“

      „Macht gar nix, ich red auch gerne mal mit ’ner seriösen Zeitung.“ Sie grinste.

      „Was sagt da deine Chefin dazu?“

      „Was meinste? Dass ich Insider-Infos verhökere? Da mach dir mal nich meine Sorgen. Also, Deal?“

      Heinz lachte gequält. „Nein, kein Deal. Ich gehöre echt nicht zur Medienmeute.“

      „Wohin denn?“

      „Ich ... ich bin ...“ Heinz zögerte. Er wollte sich den glücklichen Vorteil, an Annes – und damit an Saskia Frenzens – Seite bleiben zu können, nicht durch eine halbgare Lüge kaputtmachen. „Sagen wir es so: Bei Wörthersee-Events möchte man, dass es Frau Frenzen auch rundum gut geht, deshalb ...“

      Annes Lachen schnitt Heinz das Wort ab. „Alles klar, irgend so’n Spinner hat wieder ’nen Drohbrief geschickt, hab ich Recht?“ Heinz war so baff, dass er nicht einmal versuchte, sich zu verstellen. Anne Schneider plapperte indessen weiter: „Da musst du dir nich ins Hemd machen, Hero, das is bei uns an der Tagesordnung. Nich dran denken – nich verrenken, so lautet meine Devise.“

      „Du weißt davon?“

      „Ich weiß gar nix, aber ich bin ’n alter Hase in dem Geschäft, da macht man einiges mit. Vor sechs oder sieben Jahren lernte ich ’nen Typ kennen, der war Musiker. Der war bei Best Heads unter Vertrag und hat mich zu der Agentur gebracht. Die haben mir dann immer Jobs vermittelt, und vor zwei Jahren oder so blieb ich bei Saskia hängen.“

      „Wie das?“

      „Wir verstanden uns auf Anhieb gut. Sie mochte meine Arbeit, und ich hatte kein Problem damit, herumzureisen. Da trifft man wenigstens immer interessante Männer.“

      Heinz bekam ihren zweideutigen Blick nur am Rande mit, seine Aufmerksamkeit war auf einen der Lifte gerichtet, aus dem soeben eine junge Frau trat und sich suchend umsah. Sie war in Jeans und T-Shirt gekleidet, trug Turnschuhe und eine Schirmkappe, und ihr braunes Haar war zu einem langen Pferdeschwanz zusammengebunden.

      Anne sprang auf und winkte mit beiden Armen. „Juhuu, hier bin ich!“ Die junge Frau am Lift wurde auf sie aufmerksam und kam mit federndem Schritt näher. So ohne Make-up und in Freizeitkleidung hätte Heinz Saskia Frenzen kaum erkannt. Aber obwohl, oder vielleicht gerade weil sie so natürlich war, wirkte die unbändige Lebendigkeit, die von ihr ausging, umso stärker. Für ihr junges Alter war ihr Auftreten ungewöhnlich selbstbewusst.

      „Saskia, darf ich dir Heinz vorstellen? Den Nachnamen hab ich mir nich gemerkt.“

      Heinz erhob sich und reichte ihr die Hand. „Sablatnig, angenehm.“

      Saskia Frenzen musterte ihn mit neugierigem Blick und schenkte ihm ein freundliches Lächeln, das aufrichtig wirkte. Der Druck ihrer Hand war fest. „Saskia, freut mich.“ Ihre Stimme klang dunkel, volltönend. „Du hast wieder ’nen neuen Freund gefunden?“, sagte sie zu Anne, und Heinz glaubte, eine Spur von Vorwurf darin zu hören. Ihr norddeutscher Dialekt war nicht so ausgeprägt wie der ihrer Visagistin, Heinz erinnerte sich gelesen zu haben, dass Saskia aus Bayern stamme.

      „Nee, der kommt von der Wörthersee-Events“, antwortete Anne geheimnisvoll. „Weißt du, man sorgt sich um deine Sicherheit.“ Beim letzten Wort malten ihre Finger Gänsefüßchen in die Luft.

      Saskia lachte hell auf und meinte zu Heinz: „Ach, wieder ’n Liebesbrief von einem meiner Fans? Dabei musst du dir nichts denken, so was kommt immer wieder mal vor.“ Sie wandte sich an ihre Visagistin. „Anne, wir müssen los, der Wagen ist schon da.“

      „Echt? Isses schon 12.15 Uhr?“

      „Nein, aber der Fahrer hat an der Rezeption angerufen, dass er früher hier ist, und die haben mir Bescheid gegeben.“ Und zu Heinz meinte sie verschmitzt: „Kommst du auch mit? Mich beschützen?“

      „Mit dem größten Vergnügen“, erwiderte dieser galant und erntete damit einen weiteren neugierigen Blick von Saskia, doch diesmal war ihr Lächeln verhalten.

      Die Sängerin ging zur Rezeption und gab ihren Zimmerschlüssel ab. Dabei erhaschte ihr Blick einen gutaussehenden


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