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könnte wie der Vater. Bei Clemens schien es, als würde er sich genauso entwickeln. Doch diese verpfuschte Ehe hatte ihn wohl zur Vernunft gebracht.

      »Weiß Claire von dieser anderen Frau?« fragte Mary stockend.

      »Nein, das weiß niemand, nicht mal Raphaela selbst.«

      Mary sah auf. »Du sprichst von Raphaela Norman?« fragte sie atemlos. »Aber sie ist noch ein halbes Kind.«

      »Sie ist eine junge Frau, Mama. Die Jahre vergehen schnell. Sie ist dreiundzwanzig. Du wirst sicher sagen, daß sie zu jung für mich sei, und vielleicht denkt sie das auch, aber ich weiß, daß sie mich mag.«

      »Sie ist in unserer Firma tätig, gerätst du dadurch nicht in einen Gewissenskonflikt?«

      »Das bestimmt nicht. Ich werde angespornt, mich mehr für die Firma zu engagieren, was Claire aber nicht zu wissen braucht. Ich habe auch selten Gelegenheit, mit Raphaela allein zu sprechen. Sie ist ja auch ganz anders als die Frauen, die ich bisher kennenlernte. Eigentlich wollte ich aber gar nicht über sie sprechen.«

      »Es freut mich, daß du es doch getan hast.«

      »Du bist aber auch die einzige, Mama. Claire darf davon keinesfalls etwas erfahren, sie würde Raphaela das Leben zur Hölle machen.«

      »Du wirst doch nicht glauben, daß Claire sich nicht mit anderen Männern amüsiert?«

      »Das weiß ich, und es macht mir nichts aus. Es ist nur gut, daß sie mir selbst zuspielt, was für die Scheidung nützlich sein wird. Daran wird sie wohl nicht denken.«

      Doch darin täuschte er sich! Es war ihr in den Sinn gekommen, daß Clemens mehr wußte, als ihr lieb sein konnte und beschloß, für die nächste Zeit doppelt vorsichtig zu sein, denn auf eine Scheidung wollte sie es nicht ankommen lassen, solange sie nichts gegen ihn anführen konnte.

      Sie bekam es plötzlich mit der Angst, denn der gestrige Gefühlsausbruch von Clemens hatte sie gewarnt. Er meinte es ernst, und Claire sah ihre Felle davonschwimmen, bevor sie einen fetteren Fisch an Land gezogen hatte.

      Es hatte ihr schon nicht behagt, daß Clemens bei den Campens immer nur zweite Wahl geblieben war, aber als Marius in die Klinik kam, hatte sie Hoffnung geschöpft, daß sie nun doch First Lady werden würde, denn insgeheim wünschte sie auch ihre Schwiegermutter bereits ins Jenseits. Claire kannte keine ehrlichen, herzlichen Gefühle, bei ihr war alles, was sie an positiv scheinenden Gefühlsäußerungen von sich gab, gespielt, nur im Zorn konnte sie sich nicht verstellen.

      Sie hatte es darauf angelegt, einen reichen Mann zu finden, der zudem noch einen bekannten und wohlklingenden Namen hatte, denn sie war eine geborene Müller, aber Clemens war der einzige, der sich von ihr hatte hereinlegen lassen. Von ein paar anderen war sie nur ausgelacht worden, als sie die Masche mit der Schwangerschaft versucht hatte.

      Clemens war zu dieser Zeit nichts als ein Playboy gewesen, der oberflächlich und genußsüchtig in den Tag hineinlebte. Marius, der nichts mit Frauen im Sinn hatte und sie auch nicht richtig beurteilen konnte, hatte gehofft, daß sich Clemens durch die Heirat ändern würde, erhob keine Einwände gegen Claire, aber er gab sich auch keine Mühe, sie richtig kennenzulernen. Er hatte seine Arbeit, und die einzige Frau, die eine Bedeutung für ihn hatte, war seine Mutter. Clemens hatte ihn enttäuscht, aber er war zu tolerant, um es zu einem Zwist kommen zu lassen.

      Claire hatte anfangs auch versucht, ihre Wirkung an Marius auszuprobieren, aber alle Versuche waren abgeprallt. So fraß sich ein tiefer Groll auf ihn in ihr ein, denn sie ertrug es nicht, wenn man sie nicht beachtete.

      Für Marius war es so, daß es allein Clemens’ Angelegenheit war, mit Claire auszukommen, aber er verstand seine Mutter, die nichts mit der schrillen, oberflächlichen Claire anzufangen wußte.

      *

      Nun schon wieder länger bei Bewußtsein, dachte Marius viel an seine Mutter. Unwillkürlich kam ihm auch der Gedanke, daß diese sanfte, zurückhaltende Schwester Pamela seiner Mutter sehr gefallen würde.

      Pamela war überrascht, wie gegenwärtig der Patient an diesem Morgen schon war. Freilich stand er noch unter der Wirkung der Medikamente, die ihm die Schmerzen nahmen, aber dennoch erstaunte es sie, wie rege er war. Er bemängelte sogar, daß für kurze Zeit eine andere Schwester bei ihm gewesen sei.

      »Es waren aber wirklich nur ein paar Minuten«, erklärte Pamela entschuldigend. »Ich mußte einige Formalitäten erledigen.«

      »Was für Formalitäten?« erkundigte er sich.

      »Ich brauche eine Aufenthaltsgenehmigung und eine Arbeitserlaubnis.«

      Er sah sie fragend an. »Kommen Sie aus dem Ausland?«

      Sie nickte.

      »Aus Argentinien.«

      »Macht das große Schwierigkeiten, hier tätig zu sein?«

      »Nein, das erledigt Dr. Behnisch. Ich mußte nur die Fragebogen ausfüllen, und damit kenne ich mich nicht aus.«

      »Warum sind Sie nach München gekommen?« setzte er das Fragespiel fort.

      »Ich wollte nach deutschen Verwandten suchen. Dr. Höller verhalf mir zu diesen Kontakten.«

      »Höller, der Weltenbummler?« fragte er.

      »So nennt man ihn wohl. Er ist ein sehr interessanter Mann. Man kann viel von ihm lernen. Aber ich habe inzwischen auch andere interessante Menschen kennengelernt. Herrn und Frau Dr. Norden, das Ehepaar Behnisch und nun auch Sie.«

      Er lächelte flüchtig. »Mich in einem sehr desolaten Zustand, was ist daran interessant?«

      Pamela errötete. »Ich wurde informiert, wer Sie sind, und man kann sich auch ein Urteil über einen Menschen bilden, wenn er schläft.«

      »Möchten Sie immer hierbleiben und als Krankenschwester arbeiten?«

      »Wenn es mir ermöglicht wird, wäre ich glücklich.«

      »Es ist aber ein schwerer Beruf.«

      »Es kommt darauf an, wie man es sehen will.«

      »Sie sind doch noch viel zu jung, um schon so zu denken«, sagte er.

      Er schloß die Augen, und Pamela sagte nichts mehr.

      »Erzählen Sie ruhig mehr von sich«, sagte er. »Ich höre Ihnen gern zu.«

      Es war ein wunderliches Gefühl, ihn das sagen zu hören, aber es machte sie auch verlegen.

      »Von mir aus gibt es nicht viel zu erzählen. Ich bin ohne Vater aufgewachsen. Meine Mutter ist Haushälterin bei der Witwe des französischen Botschafters, und in deren Haus habe ich mehrere Sprachen lernen können, wofür ich sehr dankbar bin. Ich habe aber auch Kranke gepflegt.«

      »Und Ihre Mutter hat Sie in die fremde Welt ziehen lassen?«

      »Ich wollte es. Ich kann sehr hartnäckig sein.«

      Wie kam sie überhaupt dazu, so zu ihm zu sprechen? Er sah sie jetzt wieder an, und in seinen Augen war ein ganz anderer Ausdruck.

      »Sie sind ein erstaunliches Mädchen, Pamela. Ich bin froh, daß Sie Zeit für mich haben, sonst würde ich hier wohl durchdrehen.«

      Er hätte sie immerzu anschauen können, so wechselvoll war ihr Mienenspiel, und ihre Stimme war ihm bereits ganz vertraut. Er liebte weiche Stimmen.

      Er hatte sich zwar nie um Frauen gekümmert, sich nie um eine bemüht, aber er war kein Frauenfeind. Das Zusammenleben mit Clemens und Claire hatte ihm jedoch den Rest von Bereitschaft genommen, vielleicht doch einmal zu heiraten. Ihm war es bestimmt, der Nachfolger seines Vaters zu sein, die Familientradition fortzuführen und dafür zu sorgen, daß das große Erbe erhalten und vermehrt wurde.

      »Glauben Sie, daß ich gesund werde, Pamela?« fragte er so plötzlich, daß sie erschrak.

      »Das hoffe ich sehr«, erwiderte sie. »Sie wollen doch gesund werden?«

      »Wollen


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